Audi China: "New Normal"

AH: Herr Renz, der chinesische Markt hat 2015 nicht mehr die erwartete Performance gezeigt. Wie hat sich Audi entwickelt? Im vergangenen Jahr verkaufte man hier 575.077 Fahrzeuge und damit ist China der weltgrößte Automarkt für Audi. M. Renz: Wir haben das Niveau des Vorjahres erreicht. Im Jahr 2016 werden 60 Prozent unseres Absatzvolumens durch Modellpflegemaßnahmen und neue Fahrzeuge ersetzt. Es kommen die neuen Audi A1, Q3, A4L, A4 Allroad, TTS, A6L, RS6, RS7, Q7 und R8, die Produktanpassungen von A3 Limousine und Sportback. Den A6 gibt es dann auch als ein in China entwickeltes Plug-in-Hybrid-Fahrzeug. Dies ist besonders vor dem Hintergrund Emissionsreduzierungen in den Mega-Städten von großer Bedeutung. 90 Prozent der verkauften Fahrzeuge werden vor Ort in China produziert. Wir sind sehr zuversichtlich für 2016. AH: Wie hat sich das chinesische Händlernetz entwickelt? M. Renz: Aktuell verfügen wir über 417 Händler. Es handelt sich zu 100 Prozent um Audi Exklusiv-Betriebe. Wir werden das Netz auch in Zukunft weiter ausbauen. Dabei passen wir den Ausbau grundsätzlich dem Marktwachstum an. Die kleineren Betriebe verkaufen hier rund 800 Neuwagen, die größeren 2.500 und mehr Fahrzeuge pro Jahr. AH: Wie bereitet man die neuen Händler, die ja oft aus anderen Branchen kommen, auf das Premiumgeschäft vor? R. Anselment: Wir kümmern uns bereits im Vorfeld intensiv um die Händler. Der Handel stellt sein Team zusammen und wir bilden es bereits sechs Monate vor der Eröffnung aus. In den ersten Monaten begleiten wir die Mitarbeiter und setzen das Training fort. Mit diesem Konzept sind wir sehr erfolgreich. In unseren internationalen Audi-Wettbewerben sind unsere Leute immer vorne dabei. AH: Wie hat sich die Renditesituation entwickelt? M. Renz: Aus dem Hoch früherer Jahre hat sich die Rendite in den vergangenen Jahren nach unten bewegt. Der Verkäufermarkt wurde zum Käufermarkt. Die Überkapazitäten zeigen auch hier ihre Wirkung. Weiterhin fördert die Regierung eine Liberalisierung des Marktes im Vertrieb und im Aftersales. Diese neue Wettbewerbssituation ist für den Handel eine große Herausforderung. Trotz all dieser Veränderungen verdienen unsere Händler nach wie vor Geld. In dem stark wachsenden chinesischen Markt gibt es allerdings immer viele junge Händler. Die zeitliche Erreichbarkeit des Breakeven-points beträgt inzwischen zwei bis drei Jahre. Deswegen gibt es besondere Förderprogramme und finanzielle Unterstützung seitens AUDI. AH: Der Wettbewerb hat sich deutlich verschärft. Dass dies so schnell geht, hat man nicht erwartet? M. Renz: Die Dynamik hat sich leider noch nicht geändert. Früher war dieser Markt besonders für den Handel eine Goldgrube. So wurden beispielsweise Überpreise vom Kunden verlangt. Diese Zeiten sind vorbei. Man spricht in China jetzt vom "New Normal". Darauf muss sich eine Vertriebsorganisation einstellen. Wir haben es dabei immer mit Menschen zu tun, die sich in den Arbeitsgewohnheiten gleichermaßen intensiv ändern müssen. Die Produkt- und Service-Leistungen müssen nun noch aktiver verkauft werden, so wie wir es in allen wettbewerbsintensiven Märkten dieser Welt schon gewohnt sind. AH: Nun überwiegen derzeit im Westen die Hiobsbotschaften aus China hinsichtlich Wachstum und Automarkt. Wie schätzen Sie die Situation ein? M. Renz: Unsere Erwartungen für die Zukunft sind weiterhin positiv. Wir glauben an einen chinesischen Markt, der weiter wächst. Hinsichtlich des Bruttosozialprodukts wird sich in China ein Plus zwischen 6,5 und 7 Prozent einpendeln. Das ist immer noch das Vierfache von Europa. Damit ist klar, dass es hier noch ein großes Wachstumspotenzial gibt. Dazu kommen Regierungsentscheidungen, die den Mittelstand in China fördern. Der Anteil der Mittelstandsfamilien wird dann in den kommenden Jahren von 6 auf 26 Prozent wachsen. AH: Was tut sich im gewerblichen Geschäft? M. Renz: Dieser Markt ist, gemessen an den etablierten großen Märkten, noch nicht adäquat entwickelt. Wir gehen deshalb davon aus, dass sich das gewerbliche Segment positiv ausdehnen wird. AH: Herr Renz, Herr Anselment, herzlichen Dank für das Gespräch! Interview: Ralph M. Meunzel Kurzfassung Es ist noch nicht lange her, da konnten die Audi-Händler in China Überpreise verlangen. Nun muss sich die Vertriebsorganisation in China auf neue Verhaltensstrategien einstellen, wie sie derzeit in allen wettbewerbsintensiven Märkten dieser Welt als normal gelten.

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