Toyota kündigt Verträge: "Netz auf die Zukunft ausrichten"

Die letzte Netzanpassung ist zwar erst zwei Jahre her, dennoch hat Toyota und Lexus zum 30. September 2020 alle Vertriebs- und Serviceverträge gekündigt. Dazu ein Gespräch mit dem Vertriebschef der Marke Toyota Udo Brandenburger. AH: Das neue einstufige Netz mit 120 Standorten weniger als vor 2016 ist gerade so richtig im Betrieb. Warum haben Sie sich dennoch für eine fristgerechte Kündigung von zwei Jahren entschieden? U. Brandenburger: Die Schritte, die wir vor zwei Jahren mit der Netzanpassung eingeleitet haben, sind sehr erfolgreich. Wir konnten wachsen und die Umsatzrendite des Handels steigern. Es geht jetzt um die Themen Digitalisierung, Konnektivität und die Veränderung von Kundenwünschen. Das heißt, dass wir die Dinge neu ausrichten müssen. Dazu müssen wir uns aber auch die Prozesse ansehen. Ziel ist es, uns und unser Netz auf die Zukunft auszurichten. Wir haben zwei Jahre Zeit, um uns auf neue Themen vorzubereiten und diese in einem neuen Vertrag zu finalisieren. Klar ist für uns aber auch, dass wir die Marken Toyota und Lexus künftig noch professioneller am Markt aufstellen wollen und die Händler in die Lage versetzen, das Geschäft effizienter zu betreiben. Telematik-Lösungen und Prozesse AH: Wird es auch um die Beteiligung des Handels gehen, wenn beispielsweise Updates vom Kunden direkt aus der Hersteller-Cloud gekauft werden? U. Brandenburger: Die zukünftige Nutzung von Kundendaten ist sicherlich mit eines der wichtigsten Themen, über die wir sprechen und die wir regeln wollen. Hier gilt es, die Verarbeitung, die Weitergabe und die Nutzung der Daten zu regeln und einen professionellen Prozess zu installieren. Sicherlich ein großes Thema, wir sind aber sehr zuversichtlich, dass wir hier gemeinsam eine für alle Seiten vernünftige Lösung finden. AH: Warum nicht gleich, also vor zwei Jahren? Eine Kündigung sorgt ja immer für Unruhe. U. Brandenburger: Ziel ist es, uns und unser Händlernetz auf die Zukunft auszurichten. Nachdem wir seit 2016 mit einem einstufigen Händlernetz arbeiten und somit den direkten Kontakt zu unseren Händlern und die Effizienz sowie die Profitabilität erheblich steigern konnten, müssen wir uns nun den Herausforderungen Digitalisierung und Konnektivität stellen. Keine neue Struktur AH: Wie stellt sich das Netz aktuell dar und wie soll es künftig ausschauen? Kommt eine weitere Anpassung? U. Brandenburger: Wir haben derzeit 250 Inhaber mit 380 Neuwagen-Vertriebsstandorten und zusätzlich rund 250 reine Servicestützpunkte, also insgesamt 630 Standorte. Wir werden jetzt die Vertriebs- und Servicestruktur sicher beleuchten. Unser Netz ist stabil und erfolgreich. Es geht uns also grundsätzlich nicht um eine neue Struktur, sondern wir wollen mit dem bestehenden Netz weitermachen. Das bedeutet auch, dass wir fast allen Händlern mit der Kündigung ein Fortsetzungsangebot unterbreiten werden. Auch im Service wird der überwiegende Teil einen Letter of Intent (LOI) erhalten. Es gibt nur in einzelnen Fällen Gesprächsbedarf. Ein LOI gibt dem Partner Sicherheit und er weiß, dass wir ihm einen neuen Vertrag anbieten werden. Europäische Lösung angestrebt AH: Gibt es dann auch eine europäische Lösung? U. Brandenburger: Nicht nur in Deutschland stellt uns die Digitalisierung vor neue Herausforderungen, aber unsere Aufgabe ist es, zunächst Klarheit für Deutschland zu schaffen. Nutzung von Kundendaten AH: Die Händler-Kundendaten sind bei einer externen Agentur gelagert und liegen Toyota nicht vor. Gibt es hier Änderungen? U. Brandenburger: Das ist genau so ein Thema, das wir regeln müssen. Klar ist, dass die Kundendaten dem Kunden gehören und es künftig verschiedene Quellen gibt, die Daten liefern. Die Datenflüsse und die Nutzung müssen im neuen Vertrag geregelt werden. Regelung Online-Vertrieb AH: Wie soll der Online-Vertrieb künftig ausschauen? U. Brandenburger: Es geht uns nicht um den direkten Vertrieb im Internet per se, sondern um die Frage, ob ein Kunde es wünscht, künftig im Netz zu kaufen. Wenn ja, dann müssen wir das regeln. Hierzu gibt es auf europäischer Ebene zwei Pilotprojekte. Sobald die Projektergebnisse vorliegen, werden wir die Strategie definieren und das Konzept mit dem Händlerverband besprechen. Infos im Dezember AH: Legt man dem Handel eine Grundstruktur vor? U. Brandenburger: Wir werden die neuen Vertragsinhalte für den Vertrieb und den Service in den nächsten Monaten erarbeiten. Danach werden wir beginnen, die einzelnen Themen mit dem Toyota Lexus Händlerverband zu besprechen. Ziel ist es, einen unterschriftsreifen Vertrag ab Mitte 2019 zur Verfügung zu stellen. AH: Herr Brandenburger, herzlichen Dank für das Gespräch. Interview: Ralph M. Meunzel Kurzfassung Toyota will sich auf die Themen Digitalisierung, Konnektivität und die Veränderung von Kundenwünschen fokussieren. Die neuen Vertragsinhalte für den Vertrieb und den Service sollen in den nächsten Monaten erarbeitet werden. Danach will der Importeur die einzelnen Themen mit dem Toyota-/Lexus-Händlerverband besprechen.Ziel ist es, einen unterschriftsreifen Vertrag ab Mitte 2019 zur Verfügung zu stellen. Fast allen Händlern soll ein Fortsetzungsangebot unterbreiten werden. Auch im Service wird der überwiegende Teil einen Letter of Intent (LOI) erhalten. Gespräche auf Augenhöhe Für die Händler war die Vertragskündigung "keine riesengroße Überraschung", wie Frank Levy, Präsident des Verbands der Toyota-Händler Deutschlands gegenüber AUTOHAUS sagte. "Es gibt ein paar Themen wie Digitalisierung und Konnektivität, die wir jetzt regeln müssen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es uns gelingt, gemeinsam mit Toyota positive Ergebnisse für die Händler zu erzielen." Man sei bereits seit einiger Zeit im Gespräch und habe den Zeitplan gemeinsam abgestimmt. Levy erwartet "Gespräche auf Augenhöhe": "Wir haben die Zusage von Toyota, dass der Vertrieb auch künftig nur über die Händler abgewickelt wird und dass es keine Einschnitte im Vertriebsnetz geben wird." Zu den Knackpunkten gehört, dass die Marke erstmals einen europäischen Vertrag umsetzen will. Ob das für die deutschen Partner eine gute Sache sei, können man erst sagen, wenn die Inhalte auf dem Tisch lägen, so Levy. Auch die beiden Pilotprojekte zum Online-Vertrieb in Norwegen und England will sich der Händlerverband genau anschauen. Ob das für den deutschen Markt interessant ist, steht noch nicht fest. Man sei jedoch bereits seit einigen Monaten im engen Austausch mit dem Importeur, so Levy. Bei den Kundendaten drückt die Händlerseite indes aufs Gas: "Da wir bereits zum Jahreswechsel einen neuen Verkäuferarbeitsplatz bekommen werden, müssen wir das Thema schon vorab klären", betonte der Verbandspräsident. se

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