Von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat
Peinlich, gelegentlich erreichen einem wichtige Einschnitte erst über verspätete Umwege. So die Nachricht: Josef Eder sen. ist am 22. Januar 2020 verstorben. Das große Requiem für ihn fand am 1. Februar 2020 an einem für ihn prägenden Ort, seiner geliebten Wallfahrtsbasilika zu Tuntenhausen, statt. Tuntenhausen, bei Rosenheim gelegen, ist auch die Wirkzentrale der Eder Familienholding GmbH &Co. KG. Würde ich über meine 37 Jahre Branchenwirken die Top-Ten der automobilen Händlerpersönlichkeiten zusammentragen, Josef Eder würde da einen herausgehobenen Platz einnehmen.
Seine Mitarbeiter haben ihn in ihrer Todesanzeige so treffend charakterisiert: "Aus seiner christlichen Überzeugung heraus hat er die Firma als Visionär mit seinen Werten geprägt und ein wertvolles, tragfähiges Fundament gelegt. Ehrlichkeit, Geradlinigkeit, Mut, Weitsicht, Zuverlässigkeit, Empathie, ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, Klugheit und Demut waren die wesentlichen Eigenschaften seiner prägenden Persönlichkeit." Ein Charismatiker mit ganz besonderen kommunikativen Gaben.
Eder – Profitechnik
Greifen wir zur Wurzel. Das Unternehmen Eder wird urkundlich nachweislich 1487 erwähnt und gilt als das zweitälteste Familienunternehmen Deutschlands. Tradition verpflichtet. Josef Eder wurde am 11. August 1938 in München geboren und verbrachte seine Kindheit und Volksschulzeit in Tuntenhausen. Er lernte den Beruf des Huf- und Wagenschmiedes und legte darin auch seine Gesellen-, später die Meisterprüfung als Landmaschinenmechaniker ab. Mit 18 Jahren (!), 1956, musste er nach dem frühen Tod seines Vaters die Verantwortung im elterlichen Landmaschinenbetrieb übernehmen. Damals mit zwei Angestellten. Und er baute das Standbein Eder Landtechnik nach und nach in ganz neue Dimensionen aus. Er hatte im 7.000-Einwohner-Ort Tuntenhausen bereits den ersten Profi Baumarkt, wo sich niemand trauen würde, einen derartigen Standort zum Maßstab zu machen. Weitere Märkte folgten in Bad Endorf und Wasserburg.
Unglaublich, welches Spektrum sich bis heute unter Eder Profitechnik entwickelt hat: Landtechnik, Melk- und Futtertechnik, Stapler, Baumaschinen, Kommunal- und Golfplatztechnik, Anhänger, Fahrzeugbau, Agrar-direct-Shop, Teile-Shop, Mietflotte, Traktoren, Forsttechnik. Sein Sohn Peter steht heute diesem einmaligen Konglomerat mit großem Erfolg vor. Mir gegenüber gestand Josef Eder sen. einmal, dass sein "Lieblingskind" die Landtechnik sei. Wundert das einen bei dieser "natürlichen" Verwurzelung?
Eder – Autocentren und AHG
1967 weitete Josef Eder sein Spektrum um Automobile. Erster Standort: Tuntenhausen. Marke: Simca! Als Marke ein wahrer Hoffnungsanker. Mut gehörte immer wieder zu den sichtbaren Stärken von Josef Eder. Er dimensionierte den automobilen Sektor so gut, dass 1976 Ford hinzukam und ein weiteres Autohaus in Rosenheim-Kolbermoor gegründet wurde. Josef Eder gehörte in Folge bald zu Deutschlands Ford-Händlern der ersten Reihe. Bei seiner Könnerschaft gehörte der direkte Draht zum jeweiligen Ford-Vorstandsvorsitzenden zum pulsierenden Alltag. Gehörten 1990 350 Mitarbeiter zum Eder-Verbund, so sind in der heutigen Gruppe 2.100 Mitarbeiter in 50 Einzelbetrieben beschäftigt. Heute werden die Marken Ford, Volvo, Land Rover, Jaguar, Mazda, Peugeot, Renault, Dacia, VW, Audi, Mercedes-Benz und Smart vertreten.
Die Auto Eder Gruppe wird unter den Top-100 der deutschen Händler nicht aufgeführt. "Mehr sein als scheinen", sprich Demut – siehe oben – ist bis heute wichtiger Bestandteil der Familienkultur. Josef Eder, passionierter Jogger und ein Mann souveräner Gelassenheit, würde sagen: "Du musst den Ball immer flach halten und mit den Füßen am Boden bleiben." Man hält sich mit Contenance zurück. Die Autosparte leitet sein zweiter Sohn. Er trägt seinen Namen, ist BFC Calw-Absolvent und mit reichlichen Talenten seines Vaters in der Autoszene breit wie erfolgreich aufgestellt.
Die Nachfolge
2002 gab Josef Eder sen. die Geschäfte an seine beiden Söhne Josef – in der Branche unter dem Namen "Beppo" bestens vernetzt – und Peter ab. Vater Josef blieb aber bis zu seinem Tode der Leuchtturm für alle. Für alle meint auch den gesamten gesellschaftlichen Einzugsbereich rund um Tuntenhausen. Bundespräsident Johannes Rau verlieh ihm für seine besonderen Verdienste für die "Allgemeinheit" das Bundesverdienstkreuz am Bande. Verliehen hat es ihm der damalige bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu. Ja, der "Kath. Männerverein Tuntenhausen", 1945 vom späteren CSU-Staatsminister Alois Hundhammer gegründet, spielte in der CSU bis heute schon immer eine besondere Rolle. Josef Eder sen. wusste da in gebotener Form selbst bei Franz Josef Strauß und anderen gläubigen CSU-Größen mittelstandspolitische Akzente zu setzen.
Bei meinen persönlichen Begegnungen mit Josef Eder sen.vor Ort in Tuntenhausen staunte ich immer über seine Lockerheit, über die Freude an seinem Wirken, an seinem Überblick und immer wieder über seine hintergründige Sicht für Realitäten. Er hat für uns alle eine unglaubliche Dimension vorgelegt, was ein Mensch als Mittelständler als "Vita", als Lebenswerk zu leisten vermag. Ich sage ganz herzlichen Dank für die jahrelange Verbundenheit, für all seine Impulse und wünsche ihm von Herzen die wahre Erfüllung des katholischen "Requiescat in pace". Ein automobiles und agrartechnisches Handels- und Handwerksgenie hat uns verlassen! Wahrlich, ein Meister. Welch ein Verlust! Für uns alle.