Liqui Moly: "Mit den Partnern durch dick und dünn"

AH: Herr Hiermaier, was macht die Marke Liqui Moly aus? G. Hiermaier: Eine einfache Frage. Die Antwort ist etwas komplexer, weil vielfältiger. Da ist zunächst die Marke als solche, die sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einer rund um den Globus bekannten Marke entwickelt hat. Die hohe Wiedererkennung unseres Logos fußt auf kontinuierlichen Werbe-, PR- und Sponsoringmaßnahmen. Kommunikation in all ihren Facetten ist unabdingbar und im Zeitalter der sozialen Medien unglaublich breit gefächert und von hoher Freuquenz. Dann ist da die Verfügbarkeit. Was nutzt die beste Markenbekanntheit und Wiedererkennung, wenn die Produkte nicht verfügbar sind? Aus gutem Grunde fußt unsere Distribution auf unterschiedlichen Säulen. Von da ist es nur ein kleiner Schritt zur Qualität. In der Regel implizieren Marken eine hohe, wenn nicht gar herausragende Produktqualität. Unser Leistungsversprechen: Wer Liqui Moly kauft, kauft zweimal - und ein drittes Mal und ein viertes und immer wieder, weil er Top-Qualität bekommt. Denn wir verfügen über die namentlichen Freigaben aller großen Fahrzeughersteller. Vielfalt ist ein anderer Aspekt der Marke Liqui Moly. Mit mehr als 4.000 Artikeln betrachten wir uns als Vollsortimenter. "Alles aus einer Hand" ist eine gern verwandte, wenn nicht gar stark strapazierte Formulierung, aber für Liqui Moly ist sie treffend. Punkt. Und, ganz wichtig, das Beste kommt zum Schluss. Die Marke Liqui Moly wäre nicht das, was sie heute ist, ohne die mehr als 1.000 Menschen, die sich tagtäglich für sie ins Zeug legen. Nicht umsonst sprechen wir vom "Liqui Moly Spirit" und von der "Liqui Moly Familie". AH: Wie ist die Zusammenarbeit mit dem markengebundenen Autohaus? G. Hiermaier: Das Wort Diversifikation hat bei Liqui Moly großes Gewicht, auch bei der Ausrichtung unseres Vertriebs. Hier haben wir uns in den 90er Jahren des vergangenen Jahrtausends bewusst für eine möglichst große Zahl unterschiedlicher Kanäle entschieden, dazu gehört auch die Zusammenarbeit mit dem markengebundenen Autohaus. Für diese haben wir Produkte entwickelt, die ein Alleinstellungsmerkmal haben. Dazu gehört unsere Pro-Engine-Motoröl-Line. Dieses Sortiment wurde speziell für das Autohaus entwickelt und deckt alle gängigen Fahrzeuge ab. Ebenso haben wir für die markengebundenen Autohäuser eine eigene Außendienstmannschaft, die den Markt bestens kennt. Denn die Bedürfnisse dort sind andere als beispielsweise im Fachhandel. Viele Geschäftsbeziehungen zu Autohäusern bestehen seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten. In diesem Kontext klingt Geschäftsbeziehung sehr förmlich. Partnerschaft trifft es besser. Mit einem Partner geht man durch dick und dünn. Genau das ist es, was wir tun. Darauf können die Autohäuser bauen. AH: Wie steht es um Marketing und Vertrieb? G. Hiermaier: Als international agierendes Unternehmen richten wir auch Marketing und Vertrieb international aus. Weil der im Export generierte Anteil des Umsatzes am Gesamtumsatz seit Jahren wächst, inzwischen liegt er bei mehr als 60 Prozent, ist es nur logisch und geboten, auch das Marketingvolumen diesen Gegebenheiten anzupassen. Dieses Jahr haben wir eine Ölwechselkampagne gestartet, die für das In- und das Ausland gleichermaßen konzipiert ist. Ergänzende Maßnahmen vor Ort sind immer willkommen. Schließlich sind Märkte so unterschiedlich wie Kulturen und Menschen. Eines ist ihnen jedoch gemein: der direkte, persönliche Kontakt von Mensch zu Mensch. Er ist der Schlüssel zum Erfolg, ob in der freien oder in der markengebundenen Werkstatt. Natürlich sind manche Gegebenheiten im markengebundenen Autohaus besondere: Beim Vertragshändler steht der Hersteller mit vielen Themen an erster Stelle, inkl. IT-Systemen, technischem Support und Anbindung an die Teileversorgung. Trotz dieser Top-Versorgung verfügen die Autohäuser über mehr Gestaltungsspielraum, als man annehmen möchte. Genau da müssen wir mit Liqui Moly vor Ort sein, um diese "Lücken" zu füllen. AH: Welche Loyalitätsmaßnahmen für Werkstattkunden gibt es künftig? G. Hiermaier: Liqui Moly steht für partnerschaftliche Geschäftsverbindungen. Partnerschaft bedeutet für uns eine langfristige Beziehung eingehen. Kunden, die darauf Wert legen, orientieren sich nicht (vornehmlich) am Preis der Ware. Einer, der billiger anbietet, wird sich immer finden. Wir setzen zuallererst auf Service, dann nochmals auf Service und abermals auf Service. Und weil die Kundenbedürfnisse unterschiedlich sind, suchen wir stets nach passgenauen Lösungen. Und das lässt sich am besten vor Ort im Ladengeschäft, in der Werkstatt oder im Autohaus bewerkstelligen. Das ist auch der Grund, weshalb wir, im Gegensatz zu manchem Wettbewerber, immer noch auf einen Außendienst setzen. Die Arbeit unserer Kollegen im Verkauf und deren Beratung sind nicht zu unterschätzen. Sie sind das Bindeglied, erzeugen, wie es das Wort impliziert, eine Bindung zwischen Kunde und Marke. Der Außendienst bekommt Feedback, wie es neudeutsch heißt oder, bildhafter gesprochen, der Kunde sagt seinem Ansprechpartner vom Liqui Moly Außendienst, wo der Schuh drückt. So kann das eine oder andere Problem gleich gelöst bzw. der Lösungsprozess initiiert werden. Schließlich will der Kunde Rat und Tat. Seit Jahren setzen auch die Vertragsautohäuser auf unsere Konzepte, sei es in der Unterstützung technischer Fragen für Fremdfabrikate sowie Gefahrstoffschulungen und Prüfungen der Ölabscheider. Konzepte für eine wirtschaftliche sowie gesetzeskonforme und damit sichere Öllagerung sind für einen optimalen Servicealltag in der Werkstatt unerlässlich. Dazu bieten wir auch individuelle Lösungen, um beispielsweise besonderen räumlichen Gegebenheiten vor Ort gerecht zu werden. Neue Themen wie unser Gear Tronic für den vollautomatischen Getriebeölwechsel für Fahrzeuge außerhalb der Garantie werden für Autohäuser immer interessanter, um eben auch diese Fahrzeuge in der Werkstatt zu halten und nicht an den freien Markt zu verlieren. AH: Wie läuft die Produktentwicklung? G. Hiermaier: Wir wachsen auch so stark, weil wir innovativ sind. Selbst ein Vollsortimenter findet immer noch eine neue Dienstleistung, ein neues Produkt, das im Markt ankommt. Vor Jahren war Liqui Moly Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit mit speziellen Ölfässern: Unser Ölcontainersystem bietet wiederverwendbare 60- und 120-Liter-Stahlfässer. Es funktioniert nach dem Prinzip der Stahlfässer, die Brauereien verwenden. Wenn sie leer sind, werden sie abgeholt, gespült und wieder befüllt. Das ist Kreislaufwirtschaft in Reinform. Nur eine von vielen Erfolgsgeschichten. Servicekonzepte wie dieses sind natürlich dazu da, dem Kunden einen Mehrwert zu bescheren. Unser jüngstes Erfolgsbeispiel aus dem Additivbereich: Das SCR-Anti-Kristall-Additiv für SCR-Systeme. Es ist quasi ein Selbstläufer. Der Markt hat auf ein solches Produkt gewartet, das das System zur Abgasnachbehandlung vor AdBlue-Ablagerungen schützt. Wir haben es entwickelt und geliefert. Und so schreiben wir eine Erfolgsgeschichte nach der anderen. Im Produktsortiment Schmierstoffe ist auch immer Bewegung drin: Obwohl die Zahl an unterschiedlichen Motorölen und deren Freigaben selbst für Werkstattprofis nur schwer zu überblicken ist, kommen noch weitere dazu. Ein eingegrenztes Feld wäre auch uns als Hersteller lieber, allein der Aufwand für die Etikettengestaltung und -pflege ist immens. Eine Trendumkehr ist nicht in Sichtweite. AH: Wie stellt man sich auf E-Mobilität ein? G. Hiermaier: Mit Ruhe, Gelassenheit und jeweils einer großen Portion Weitsicht und Realismus. Das Verbrenneraus bis 2035 betrifft ausschließlich die EU. Unser Markt ist die Welt. Wir verkaufen unsere Produkte in rund 150 Länder. Auch nach 2035 wird der Großteil der Fahrzeuge von einem Verbrennungsmotor angetrieben. Zudem sind in der Politik Diskussionen um diese Entscheidung entbrannt. In einigen Lagern steht das Ende von Verbrennern längst wieder zur Disposition, nach den Ergebnissen der Europawahl mehr denn je. Auch die Automobilindustrie bewertet die Lage neu. So äußerte der CEO der Mercedes-Benz Group, Ola Källenius, unlängst, dass das Unternehmen seine Verbrennungsaggregate weiterentwickeln und parallel das Portfolio elektrifizieren werde. Von einem Aus zu einem bestimmten Zeitpunkt ist hier keine Rede mehr. Unsere Zukunft liegt dort, womit wir in der Gegenwart unser Geld verdienen: Schmierstoffe und Additive. Klingt überraschend, ist es aber nicht. Der Fahrzeugbestand wächst weltweit und die Nachfrage nach Schmierstoffen steigt, der Elektrifizierung von Fahrzeugen zum Trotz. Ein anderer Grund für unsere positiven Zukunftsaussichten: synthetische Kraftstoffe. Deren Weiterentwicklung macht große Fortschritte. Freilich schreitet auch die Entwicklung von Batterie- und Ladetechnik für E-Autos rasant fort. Ein Mix aus den verschiedenen Antriebsarten wird die logische und beste Lösung sein, nicht die Entscheidung für eine Antriebsart. Davon gehen wir aus. Zumal die Ladeinfrastruktur und speziell in Deutschland die Stromproduktion nicht annähernd so weit entwickelt sind, um die von der Politik vorgegebenen Ziele realisieren zu können. Schlimmer noch, es könnte mehr Strom produziert werden, nur reichen die Kapazitäten der vorhandenen Stromtrassen nicht aus, um so viel Energie zu transportieren. Analog zur Automobilzulieferindustrie und den Fahrzeugherstellern gibt es bei uns kein Entweder-Oder. Wir bauen unsere Produktlinie für Elektrofahrzeuge Schritt für Schritt aus, um unserem Anspruch als Vollsortimenter gerecht zu werden. Mit Brennstoffzellenkühlflüssigkeit oder einem Getriebeöl für E-Autos unterstreichen wir unsere Entwicklungskompetenz. AH: Wie kann das Schmierstoffgeschäft belebt werden? G. Hiermaier: Vorgegebene Wechselintervalle bestimmen in aller Regel, wann ein Auto in die Werkstatt gerollt kommt. Darauf haben wir, darauf hat die Werkstatt, nahezu keinen Einfluss. Nun wäre es fatal, sich dem Schicksal zu ergeben und zu denken, man könne gar nichts machen. Da die Ölmengen in Motoren geringer, die Aggregate komplexer und entsprechend empfindlicher werden, ist es wichtig, Kunden von der Bedeutung von Qualitätsschmierstoffen zu überzeugen. Die kosten im Einkauf mehr, aber die Margen sind höher. Dazu kommt der klassische Liter Nachfüllöl, der bei der Inspektion mitverkauft werden kann, geradezu muss. Das ist der eine Ansatzpunkt. Der andere befasst sich mit der Frage, wie bekomme ich als Autohaus bzw. Werkstattbetreiber Kunden in meinen Betrieb und nicht zum Wettbewerber. Hierbei hilft die Digitalisierung, helfen wir mit unserem Onlinemarketingkonzept. Für ganz kleines Geld bietet es unseren Kunden enorm großen Nutzen. Bucht er beispielsweise die Ölwechselaktion, werden über soziale Medien Autofahrer, nicht nur Kunden, in einem von der Werkstatt definierten Umkreis benachrichtigt. In Deutschland und Österreich haben wir schon viele unserer Kunden dafür und damit begeistert. Dieses Onlinemarketing wird auch auf der Automechanika eines von diversen Kernthemen sein. Auf der anderen Seite macht sich der Fachkräftemangel in der Branche in Teilen deutlich bemerkbar. Wir haben Kunden mit bis zu zehn Wochen Vorlauf bei der Vergabe von Terminen. Deshalb machen derzeit nur sehr wenige Werkstätten zusätzliche Werbung. Wir müssen im Autohaus weiter unsere Kompetenz unter Beweis stellen. Dies tun wir im Tagesgeschäft in erster Linie hinsichtlich der Vielfalt der Öle, was auch regelmäßige Fragen zu Motorölen seitens der Kunden betrifft. Die Hersteller geben vor, welcher Schmierstoff in den Motor kommt; die Vielfalt an Ölen und die Hintergründe bekommen die Autohäuser aber durch uns vermittelt. Ein "wissender" Serviceberater spricht auch mit dem Autofahrer und verkauft das Nachfüllöl oder bietet zusätzliche Dienstleistungen wie den Automatikgetriebeölservice an; ein "unwissender" macht das nicht. Wir vermitteln dieses Wissen in Schulungen und täglichen Gesprächen vor Ort. Das schafft zufriedene Endkunden; obendrein erwirtschaftet das Autohaus so zusätzliche Erträge. Dann ist auch unser Kunde, das Autohaus zufrieden. AH: Wie steht es um den Einzelverkauf von Dosen? Werden alle Chancen genutzt? G. Hiermaier: Wir nutzen mannigfaltig viele Möglichkeiten analog wie digital. Beides schließt einander nicht aus, sondern vermag sich zu ergänzen, wenn man alles in die richtige Beziehung zueinander setzt. Beispielsweise schaffen wir über Social Media Anreize bzw. geben Impulse. Je nach Kaufverhalten wird die Dose Öl oder Additiv dann im Fachhandel, online oder im Shop einer Werkstatt bzw. eines Autohauses erworben. Verkaufsaktionen am Point of Sale, Displays im Verkaufsraum oder direkt auf der Kassentheke - das alles gehört bei uns zum guten Ton. Mit Schulungen versuchen wir den Verkauf speziell in Werkstätten und Autohäusern anzukurbeln. Dabei entdeckt so mancher Kunde sein Verkaufstalent, das bis dato geschlummert hat. AH: Welche Bedeutung hat Saarlouis? G. Hiermaier: In Saarlouis produzieren wir all unsere Schmierstoffe. Auf den Punkt: Ohne Saarlouis kein Motoröl. Ohne Motoröl kein Liqui Moly. Ulm ist unser Hauptsitz. Dort entwickeln wir in erster Linie Additive und stellen diese her. Aber ohne Saarlouis wäre Liqui Moly in seiner jetzigen erfolgreichen Form nicht denkbar. Schließlich machen Schmierstoffe den bei weitem größten Anteil am Umsatz aus. Und deshalb werden wir 2024 und 2025 rund 9,1 Millionen Euro in das Mineralölwerk Saarlouis investieren. Die Pläne beinhalten zusätzliche Abfülllinien, die Erweiterung der Digitalisierung und Infrastruktur der Gebäude; zusätzliche Laborgeräte und die Erweiterung des Fuhrparks sowie eine Weiterentwicklung der Mischtechnik. Bildhaft ausgedrückt ist die Hauptverwaltung in Ulm das Gehirn des Unternehmens und in der Fabrik im Saarland schlägt das Herz. AH: Wie platziert man sich für die "Kubanisierung" der Verbrenner? G. Hiermaier: Vermutlich wird das Aus des Verbrenners dazu führen, dass Fahrzeuge mit reinem Diesel- oder Benzinantrieb länger gefahren werden, deutlich länger. Im Dienstwagensegment liegt die durchschnittliche Haltedauer bei sieben Jahren, bei Privat-Pkw sind es zwölf Jahre. Für das Szenario eines immer älter werdenden Fahrzeugbestands sind wir bestens gewappnet. Denn unser Produkt- und Dienstleistungsportfolio bietet nahezu alles aus einer Hand, was dem Werterhalt des Autos dient: Hochwertige Schmierstoffe für eine lange Laufleistung bei geringem Verschleiß; Additive, um Motoren zu reinigen bzw. sauber zu halten, sowie Service- und Pflegeprodukte für die technische und optische Pflege. Diese Pflege hat einen nicht zu verachtenden "Nebeneffekt": Saubere Motoren verbrennen besser. Das reduziert den CO2-Ausstoß. So werden Motor und Umwelt geschont bzw. entlastet. AH: Vielen Dank für das Gespräch! Tour durch das Mineralölwerk Am 3. Juli stand ein Besuch der Schmierstofffabrik Meguin in Saarlouis auf dem Programm. Das Werk produziert für die Marken Liqui Moly und Meguin und verarbeitet rund 450 Tonnen Grundöle und Additive pro Tag. Die Palette der 2.700 Artikel führt dabei das Synthetiköl Long Life III 5W-30 an. Günter Hiermaier und Werkleiter Christian Texter zeigten AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel den Produktionsstandort für die beliebten Schmierstoffprodukte aus Ulm. Der Startschuss der Tour fiel im Tanklager. Hier werden die Grundöle zunächst gebunkert, die per Schiff über die Saar angeliefert werden. Der Transport ins Werk erfolgt per Lkw. Oliver Kuhn, Teamleiter Anwendungstechnik (Bild unten rechts), demonstrierte im Labor die aufwändige Qualitätssicherung.

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