Personalarbeit: Mehr Veränderung wagen

Der Automobilhandel befindet sich im digitalen Umbruch: IT als Motor des Geschäfts und digitale Kundenleads als Schlüssel zum Erfolg. Dies gilt für viele Experten als große Herausforderung. Aber wer setzt die Digitalisierung in den Betrieben um? Die Mitarbeiter natürlich! Also sind sie folglich der Schlüssel zum Erfolg. Die Zielsetzung der Studie "Professionelle Personalarbeit in Automobilhandelsbetrieben" war es, eine Statusquo-Analyse der aktuellen Personalarbeit in Autohäusern durchzuführen. Studiendesign Die jeweils 20 größten Automobilhandelsbetriebe wurden dafür mittels eines 40 Punkte umfassenden Online-Fragebogens zum Stand ihrer Personalarbeit (Juli 2017) befragt. Insgesamt waren dies 511 Autohäuser mit einer Rücklaufquote von fast zehn Prozent (51 Autohäuser). Bei den Betrieben handelt es sich zu 17,6 Prozent um Einmarkenbetriebe und zu 82,4 Prozent um Mehrmarkenbetriebe. 41,2 Prozent sind Einzelunternehmen, 58,8 Prozent Gruppen. 29,4 Prozent haben weniger als 50 Mitarbeiter, 33,3 Prozent mehr als 150 Mitarbeiter. Bei dem Anteil weiblicher Mitarbeiter gaben 43,1 Prozent einen Anteil von elf bis 20 Prozent an und 37,3 Prozent einen Anteil von 21 bis 30 Prozent. Unternehmenskultur Eine funktionierende Unternehmenskultur ist die Grundlage für erfolgreiches Wirtschaften. Ein Leitbild dient dazu, dass sich die Mitarbeiter besser orientieren und auch mit dem Autohaus identifizieren können. Bei den befragten Unternehmen gaben 80,4 Prozent an, dass sie ein Leitbild hätten, 19,6 Prozent haben kein Leitbild. Ist das Leitbild den Mitarbeitern bekannt? 37,3 Prozent der befragten Geschäftsführer beantworteten mit einem "Ja", der Rest (58,8 Prozent) mit einem "Nein". Was nutzt ein Leitbild, wenn keiner der Mitarbeiter es kennt? Auf die Frage "Werden Mitarbeiter über Unternehmensziele informiert?" antworteten 41,2 Prozent der Befragten mit "Ja", während 58,8 Prozent mit "Nein" antworteten. Das ist ungefähr so, als wenn ich einem Läufer sage: "Lauf schon mal los - in welche Richtung, das sage ich Dir später". Lassen sich die Vorgesetzten regelmäßig von ihren Mitarbeitern bewerten? In 92,2 Prozent der befragten Betriebe geschieht dies nicht, in 7,8 Prozent werden Vorgesetzte von ihren Mitarbeitern bewertet. Hier stellt sich die Frage, wie wollen sich Vorgesetzte in ihrem Verhalten verbessern, wenn sie kein Feedback erhalten? "Werden Mitarbeiter regelmäßig zu Verbesserungsvorschlägen angehalten?" Diese Frage beantworteten 90,2 Prozent der Befragten mit "Ja", 9,8 Prozent mit einem "Nein". Allerdings geschieht dies nur bei 25,5 Prozent mit einem systematisierten Vorschlagswesen bzw. Ideenmanagement. Hier lassen viele Betriebe das Know-how ihrer Mitarbeiter ungenutzt. Gefragt nach dem Wirkungsgrad der Unternehmenskultur zeigt sich bei den befragten Geschäftsführern keine einheitliche und gefestigte Meinung. Immerhin gab kein Autohaus an, dass eine Unternehmenskultur "völlig wirkungslos" sei. Strategisches Personalmanagement Zum strategischen Personalmanagement gehört neben der Personalplanung auch die Bedarfsermittlung für Personal. Um der demographischen Entwicklung entgegenzusteuern, ist eine Altersstrukturanalyse unerlässlich. Auch die Nachfolgeplanung sollte nicht vernachlässigt werden. 72,5 Prozent der befragten Betriebe überprüfen ihre Personalstruktur jährlich, 27,5 Prozent der Betriebe nicht. In 21,6 Prozent der befragten Betriebe wird regelmäßig eine Altersstrukturanalyse durchgeführt, in 78,4 Prozent der Betriebe nicht. Bei der durchschnittlichen Altersverteilung in den Betrieben gibt es im Moment wenig zu beanstanden. Der Anteil der Altersgruppe von 16 bis 25 Jahre beträgt 27,73 Prozent, von 26 bis 45 Jahre 41,36 Prozent und von 46 bis 65 Jahre 30,91 Prozent. Bei der Nachfolgeplanung geben 58,8 Prozent der Betriebe an, dass ihr Planungszeitraum weniger als ein Jahr beträgt. Dies ist eindeutig zu kurz. Für die zukünftige Personalplanung schätzen 39,2 Prozent den Bedarf gleichbleibend ein, während 17,6 Prozent der Betriebe sogar einen zunehmenden Personalbedarf sehen. Die Tendenz ist eindeutig: gleichbleibend bis zunehmend. Gibt es Maßnahmen zur Bindung von Leistungsträgern? In 78,4 Prozent der Betriebe gibt es besondere Maßnahmen zur Bindung von Leistungsträgern, in 21,6 Prozent gibt es keine. 94,1 Prozent der Betriebe bevorzugen materielle Anreize. Work-Life-Balance und Gesundheit Die Work-Life-Balance fördern 84,3 Prozent der Autohändler mit Teilzeitarbeit, 52,9 Prozent bieten Gleitzeitarbeit und 49 Prozent Arbeitszeitkonten an. Erstaunlich ist, dass kein Umfrageteilnehmer die Möglichkeit betrieblicher Kinderbetreuung oder die Möglichkeit von Hortplätzen angab. In 58,8 Prozent der Firmen gibt es kein aktives Gesundheitsmanagement, 23,5 Prozent planen die Einführung. Immerhin 29,9 Prozent arbeiten mit Krankenkassen zusammen. Entlohnung und Beteiligung Moderne, motivierende Vergütungs- und Mitarbeiterbeteiligungsregelungen sind für die ertragsorientierte Führung eines Autohauses unerlässlich. 60 Prozent der befragten Autohäuser bieten ihren Mitarbeitern keine Erfolgs- oder Kapitalbeteiligung an. Immerhin 39,2 Prozent gewähren ihren Mitarbeitern eine Erfolgsbeteiligung. 90,2 Prozent der Händler halten die Entlohnung für branchenübergreifend für gerecht, 9,8 Prozent für nicht gerecht. 43,1 Prozent zahlen ihren Mitarbeitern weder Weihnachtsgeld noch Urlaubsgeld. Die Möglichkeit einer betrieblichen Altersvorsorge gibt es in allen befragten Firmen. Die Möglichkeit einer individualisierten Entgeltgestaltung mit Wahlmöglichkeiten (Cafeteria-Modell) bieten 9,8 Prozent der Arbeitgeber. Employer Branding Das "Employer Branding" - die Stärkung der eigenen Marke als Arbeitgeber - hat ein Ziel: Mitarbeiter und potenzielle Bewerber für das Autohaus zu begeistern, um sie als Arbeitskräfte zu gewinnen und langfristig zu binden. 68,6 Prozent der befragten Betriebe geben an, aktiv an ihrer "Employer Brand" zu arbeiten, bei 31,4 Prozent läuft es langsamer. Bei den eingesetzten Maßnahmen verhält man sich eher konservativ. 98 Prozent der Betriebe bieten Schülerpraktika an, 66,7 Prozent setzen auf Weiterbildungsmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter und 62,7 Prozent entscheiden sich für die Durchführung eines "Girls Day". Nur 7,8 Prozent der Händlergruppen führen regelmäßige Mitarbeiterbefragungen durch. Dabei ist eine hohe Mitarbeiterzufriedenheit doch der Grundstein für alle Employer-Branding-Maßnahmen. Ebenso passt ins Bild, dass nur 5,9 Prozent aller Betriebe ein aktives Management von Bewertungsportalen betreiben. Junge Bewerber orientieren sich immer mehr in Bewertungsportalen und hier treffen sie auf die Einschätzung von Mitarbeitern, die mehr oder weniger zufrieden sind mit ihrem Autohaus als Arbeitgeber. Gewinnung, Entwicklung, Controlling Die Personalgewinnung stellt für Autohäuser eine der größten Herausforderungen dar. Auch hier zeigt sich eine recht konservative Herangehensweise zur Lösung der Aufgabe. Jeweils 92,2 Prozent der Autohäuser nutzen die Kanäle Zeitungsinsertionen, eigene Firmenhomepage und die Bundesagentur für Arbeit. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn Internetportale (47,1 Prozent) und soziale Netzwerke (37,3 Prozent) nicht außer Acht gelassen werden. Bei der Personalauswahl sind mit 100 Prozent das Vorstellungsgespräch und mit 98 Prozent die Analyse von Bewerbungsunterlagen die beliebtesten Methoden. Online-Tests (9,8 Prozent) und psychologische Testverfahren (5,8 Prozent) sind noch weit unterrepräsentiert. Dabei hat ein "Job Match"-Verfahren mit 75 Prozent eine wesentlich höhere Treffsicherheit als ein strukturiertes Interview (14 Prozent). In 13,7 Prozent der Betriebe gibt es keine Personalbeurteilungsgespräche und in 68,6 Prozent liegt kein fester Rhythmus vor. In 94,1 Prozent der Betriebe wird aktiv Weiterbildung betrieben und ausgebildet. Systematische Führungskräfteentwicklung wird nur in 33,3 Prozent der Firmen geleistet; über ein organisiertes Talentmanagement verfügen nur 13,7 Prozent. Mit Personalkennzahlen setzen sich 39,2 Prozent der Händler häufig auseinander und 25,4 Prozent sogar regelmäßig. Bei der Frage nach der Wichtigkeit von Personalkennzahlen lag die Fluktuationsrate vorne. Erfüllungsgrad der Mitarbeiter In der letzten Frage des Fragebogens wurden die Geschäftsführer der Autohandelsunternehmen gefragt, wie viel Prozent der jeweiligen Mitarbeiter ihren Anforderungen gerecht werden. Dies war keine Pflichtangabe. Die Auszubildenden überzeugen zu 74,06 Prozent (Minimalwert: 0 Prozent), die gewerblichen Mitarbeiter zu 81,41 Prozent (Minimalwert: 65 Prozent), die kaufmännischen Mitarbeiter zu 83,75 Prozent (Minimalwert: 65 Prozent) und die Führungskräfte zu 82,50 Prozent (Minimalwert: 50 Prozent). Werte von rund 80 Prozent suggerieren allerdings noch ein Entwicklungspotenzial von 20 Prozent. Fazit: Branche sehr konservativ Bei der Automobilhandelsbranche handelt es sich um eine, was die Personalarbeit angeht, im Vergleich zu anderen Branchen sehr konservative Branche. Die Diskrepanz zwischen dem, was theoretisch machbar ist, und dem, was in der Praxis umgesetzt wird, ist sehr ausgeprägt. Man bewegt sich lieber in der "Komfortzone" und meidet überwiegend Veränderungen. Für diejenigen, die ihre Zukunftschancen verbessern wollen, wäre eine etwas "progressivere" Personalarbeit ratsam. Kurzfassung Die Diskrepanz zwischen dem, was theoretisch machbar ist, und dem, was in der Praxis umgesetzt wird, ist bei der Personalarbeit im Autohandel sehr ausgeprägt. Vor allem bei der Unternehmenskultur und dem eigenen Leitbild gibt es Nachholbedarf. Viele Betriebe lassen zudem das Know-how ihrer Mitarbeiter ungenutzt. Unternehmen, die ihre Zukunftschancen verbessern wollen, benötigen eine etwas "progressivere" Personalarbeit. Handlungsempfehlungen für Autohändler Formulieren Sie in Zusammenarbeit mit Ihren Führungskräften ein Unternehmensleitbild und teilen Sie dieses Ihren Mitarbeitern mit.- Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über die wichtigsten Unternehmensziele. Teilen Sie diese in Abteilungsbesprechungen mit.- Lassen Sie Ihre Vorgesetzten von Ihren Mitarbeitern einmal im Jahr bewerten, damit sich diese weiterentwickeln und verbessern können.- Schaffen Sie Kinderbetreuungsmöglichkeiten für weibliche Mitarbeiterinnen, um ihr Potenzial am Arbeitsmarkt voll ausschöpfen zu können.- Führen Sie ein betriebliches Vorschlagswesen ein und schaffen Sie Anreize für Ihre Mitarbeiter, sich aktiv zu beteiligen.- Prüfen Sie regelmäßig Ihre Personalstruktur, um vakant werdende Stellen rechtzeitig zu erkennen.- Verfügen Sie stets über eine aktuelle Altersstrukturanalyse. Diese erleichtert die Nachfolgeplanung für zu besetzende Stellen in der Zukunft.- Führen Sie ein Gesundheitsmanagement ein. Aufgrund des demographischen Wandels wird das Durchschnittsalter Ihrer Mitarbeiter immer höher.- Lassen Sie Ihre Mitarbeiter am Unternehmenserfolg teilhaben. Dadurch binden Sie leistungsstarke Mitarbeiter und motivieren diese.- Bieten Sie Ihren Mitarbeitern eine individualisierte Entgeltgestaltung mit Wahlmöglichkeiten an. So setzen Sie Ihren Mitarbeitern motivierende Ziele.- Arbeiten Sie an Ihrer Arbeitgebermarke. Führen Sie jährlich eine Mitarbeiterbefragung durch. So überprüfen Sie die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Zufriedene Mitarbeiter sind die Grundlage für eine attraktive Employer Brand. (www.autohaus-mitarbeiterbefragung.de)- Nutzen Sie für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter zusätzlich die Möglichkeiten der Social Media, um auch jüngere Zielgruppen zu erreichen.- Nutzen Sie wissenschaftlich abgesicherte Profiling-Instrumente zur Potenzialermittlung (Auswahl interner/externer Kandidaten). Ein strukturiertes Vorstellungsgespräch hat nur eine Erfolgsquote von 14 Prozent. (www.autohaus-profiling-center.de)- Führen Sie jährliche Personalbeurteilungsgespräche als Grundlage von Personalentwicklungsmaßnahmen durch.- Führen Sie Abgangsinterviews mit Ihren Mitarbeitern, die Ihren Betrieb verlassen, durch. Durch Abgangsinterviews erfahren Sie Kündigungsgründe.- Führen Sie ein Talentmanagement ein und fördern Sie Ihre talentierten Mitarbeiter. (www.autohaus-profiling-center.de) Setzen Sie sich regelmäßig mit den wichtigsten Personalkennzahlen auseinander.

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