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Kfz-Gewerbe zieht Bilanz: "Gespaltener" Automarkt im Südwesten

28.02.2018 12:00 Uhr
Harry Brambach
Harry Brambach: "Fast 5,2 Milliarden haben die Hersteller direkt kassiert."
© Foto: Kraftfahrzeuggewerbe in Baden-Württemberg

Diesel-Debatte, Verdrängungswettbewerb, Branchenkonzentration – das Autojahr war für die baden-württembergischen Kfz-Betriebe herausfordernd. Sie konnten sich aber gut behaupten.

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Trotz der Diskussionen um Diesel-Fahrverbote und blaue Plaketten hat sich das Kfz-Geschäft im Südwesten 2017 stabil entwickelt. Wie im Vorjahr lag der Umsatzanteil der baden-württembergischen Autohäuser und Werkstatten am Gesamtmarkt bei rund 23,9 Milliarden Euro, wie Landesverbandspräsident Harry Brambach am Mittwoch in Stuttgart sagte. Man sei "mit einem blauen Auge davongekommen". Das liege auch daran, "dass das Auto schlicht unverzichtbar ist".

Brambach sprach von einem "gespaltenen" Automarkt im Ländle. "Der Diesel verliert zwar in der Käufergunst, aber die anderen Antriebsarten gewinnen – und in Summe gleicht sich das aus." Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass die Dieseldebatte nicht nur negativ gewesen sei. Der Branchenvertreter verwies in diesem Zusammenhang auf die Umstiegsprämien der Autohersteller, die den Verkauf von neuen Pkw beflügelt hätten.

In der Flottenerneuerung sieht Brambach eine besonders große Chance im Kampf für saubere Luft. Der Austausch von schadstoffreicheren gegen schadstoffärmere Autos sei ein Baustein, "den das Kraftfahrzeuggewerbe von Anfang an als gutes Mittel zur Vermeidung von Fahrverboten befürwortet hat", sagte er. Zudem müsse die neue Regierung rasch die Weichen für eine Hardware-Nachrüstung von Euro 5-Dieseln stellen.

Mit Blick auf das Leipziger Fahrverbots-Urteil unterstrich der Landespräsident, dass die Politik jetzt auch dafür sorgen müsse, dass bei lokalen Verkehrsbeschränkungen durch Luftreinhaltepläne die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibe. So müsse bei künftigen Fahrverboten klar geregelt werden, welche Ausnahmeregelungen gelten, beispielsweise für betroffene Kfz-Betriebe und das Handwerk. Brambach: "Vor allem aber ist die Bundesregierung dazu aufgerufen, einen Flickenteppich von unterschiedlichen Fahrverbotsregelungen, die zudem kaum kontrollierbar wären, zu verhindern. Denn das sorgt für noch mehr Verunsicherung bei den Autofahrern."

Gesamtmarkt wächst um 1,7 Prozent

Insgesamt wurden auf dem Automarkt im Südwesten 2017 31,6 Milliarden Euro umgesetzt. Das waren 1,7 Prozent mehr als im Jahr davor. Der Anteil des Kfz-Gewerbes mit seinen 4.275 Betrieben (minus 1,2 Prozent) und 53.500 Beschäftigten (minus 1,3 Prozent) lag bei 75,8 Prozent. Brambach wertete dies als Erfolg im zunehmenden Verdrängungswettbewerb mit der Industrie. Hersteller und Importeure würden verstärkt "per Direktvertrieb den Rahm abzuschöpfen".

Der Kfz-Präsident untermauerte die Aussage mit Zahlen: Im Neuwagenvertrieb stieg der Absatz um rund 13.000 Einheiten auf fast 473.000 Pkw (plus 2,9 Prozent), über die Autohäuser liefen dabei aber nur rund 303.000 Fahrzeuge. Mehr als ein Drittel der Neuwagen setzten die Hersteller also durch Direktverkäufe ab, sie profitierten damit auch stärker vom steigenden Umsatz mit Pkw. Von Erlösen von insgesamt 14,5 Milliarden Euro im Neuwagenverkauf flossen nur 9,3 Milliarden an die meist mittelständischen Kfz-Betriebe. Brambach: "Fast 5,2 Milliarden haben die Hersteller direkt kassiert."

Gebrauchtwagen: mehr verkauft, weniger verdient

Im Gebrauchtwagen-Bereich stehen die Autohäuser in Konkurrenz mit privaten Käufern und Verkäufern. Hier habe im vergangenen Jahr die laufende Dieseldebatte auf die Umsätze durchgeschlagen und für Teile des Gewerbes "durchaus existenzbedrohende Züge" angenommen, so Brambach. Die GW-Erlöse lagen in Baden-Württemberg mit 11,4 Milliarden Euro rund 250 Millionen Euro unter denen von 2016. Der Markenhandel konnte zwar von den Stückzahlen her auf fast 503.000 Einheiten zulegen. Der Umsatz sackte aber von 9,36 auf 8,96 Milliarden Umsatz ab. Noch stärker unter die Räder kam der freie Handel mit 33.000 Besitzumschreibungen weniger (minus 16,3 Prozent). Kleiner war das Minus dagegen im privaten Bereich (minus 5.000 Pkw bzw. 1,6 Prozent).

Im Service beobachtete das Kfz-Gewerbe ein weitere Umsatzsteigerung von 0,6 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro. "Das mag ein marginaler Zuwachs sein. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass dieses Plus auf einem hohen Niveau geschafft wurde", sagte Brambach. Der weiter steigende Fahrzeugbestand trage zu einem stabilen Geschäft bei. Allerdings würden die Autos immer wartungs- und reparaturfreundlicher. "Das ist eine Entwicklung, auf die sich die Betriebe einstellen müssen."

Für das Autojahr 2018 äußerte Brambach einen frommen Wunsch: "Ich will eine derart chaotische und teilweise mit Blick auf Autobesitzer sowie unsere Betriebe und deren Beschäftigte unverantwortliche Diskussion nicht mehr erleben. Die Regierung muss jetzt tun, wozu sie da ist: Festlegen, was mit den Dieselfahrzeugen passieren muss, damit wie versprochen Fahrverbote vermieden werden. Und festlegen, wie Dieselnachrüstungen oder der Austausch alter Diesel finanziert werden können."

Unter diesen Voraussetzungen fällt der Ausblick des baden-württembergischen Kfz-Gewerbes durchaus positiv aus. Insgesamt sollen sich die Geschäfte solide entwickeln – bei einem leichten Wachstum auf rund 480.000 Pkw-Neuzulassungen. Brambach scheute aber eine Prognose für Gebrauchtwagenmarkt. Die Entwicklung sei ohne Kenntnis der Regierungsentscheidungen in Sachen Fahrverbote nicht seriös vorherzusagen, sagte er: "Wir hoffen auf Stabilität, aber die Regierung hat es in der Hand." (rp)

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