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Kfz-Gewerbe Hessen: "Wir blicken verhalten optimistisch in die Zukunft"

23.02.2024 11:33 Uhr | Lesezeit: 4 min
Jahrespressekonferenz Kfz-Gewerbe Hessen
Präsentierten die Bilanz des Kfz-Gewerbes Hessen 2023: Joachim Kuhn, Geschäftsführer, Michael Kraft, Präsident, Thorsten Krämer, Vizepräsident und  Roger Seidl, Pressesprecher (v. l.)
© Foto: Kfz-Gewerbe Hessen

Das Kfz-Gewerbe Hessen bilanziert für 2023 einen ungewöhnlich starken Automarkt, schaut aber angesichts der konjunkturell schwierigen Rahmenbedingungen vorsichtig optimistisch in die Zukunft. Ein klares Bekenntnis gab es gegen Rassismus und Rechtsextremismus.

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Das Kfz-Gewerbe Hessen hat auf seiner Jahrespressekonferenz am Donnerstag starke Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr präsentiert. "Angesichts der konjunkturellen Entwicklung blicken wir verhalten optimistisch in die Zukunft", erklärte Michael Kraft, Präsident Kfz-Gewerbe Hessen.

Zu den Zahlen: Der hessische Automarkt ist im Jahr im Verhältnis zum Vorjahreszeitraum überraschend deutlich um 18,4 Prozent gestiegen. So wuchs der Gesamtumsatz - einschließlich dem Verkauf neuer und gebrauchter Pkw und Lkw sowie dem Service - auf 29,3 Milliarden Euro (2023: 24,7 Milliarden). 

Die höheren Umsätze und Erträge in 2023 führt Kraft auf gestiegene Neuwagen-Preise und dem Abbau von Lieferverzug zurück. Erfreulich sei eine stabile Umsatzrendite vor Steuern von drei Prozent, sagte er. Der Gesamtumsatz gliedert sich in 15,2 (Vorjahr: 12,1) Milliarden Euro für den Neuwagenmarkt und 8,8 (Vorjahr: 8,3) Milliarden Euro für das Geschäft mit gebrauchten Pkw. Mit neuen Lkw wurde ein Umsatz von 2,1 (Vorjahr: 1,6) Milliarden Euro erreicht , mit gebrauchten Lkw 836,6 (Vorjahr: 780,3) Millionen Euro. Die Serviceerlöse lagen bei 2,4 (Vorjahr: 2,0) Milliarden Euro.

Zuwächse bei neuen Benzin- und Dieselautos

Die Nachfrage nach Benzin- und Dieselfahrzeugen stieg in Hessen im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich. Der Benziner legte um 28,4 Prozent zu (knapp 124.000 Neuzulassungen), somit wuchs sein Marktanteil auf 36,3 Prozent (2022: 34,5 Prozent). Die Anzahl neuer Diesel-Pkw erhöhte sich um 17,5 Prozent auf 59.783 Einheiten und erreichte einen Marktanteil von 17,7 Prozent. Zusammen kamen die klassischen Verbrenner auf einen Marktanteil von 54,3 Prozent, im Vorjahreszeitraum waren es noch 52,7 Prozent.

Bei den rein elektrischen Fahrzeugen legten die Neuzulassungen auf 56.615 Einheiten zu, einen Zuwachs um 45,7 Prozent gab es bei den alternativen Antrieben, davon 17,6 (Vorjahr: 17,1) Prozent vollelektrische Pkw. Bei den Plug-in-Hybriden ging der Markt gegenüber 2022 zurück. Die Statistik zeigt 23.249 Neuzulassungen (Vorjahr: 40.283). Der Elektromarktanteil liegt demnach bei 24,5 Prozent - das heißt rund jedes vierte Fahrzeug fährt elektrisch. 

Das überdurchschnittliche Plus im Neuwagenmarkt resultierte laut Kraft aus Sondereffekten durch zwei wesentliche Faktoren: Zum einen wurden etliche Aufträge aus 2022 im vergangenen Jahr abgearbeitet. Zum anderen stieg der durchschnittliche Neuwagenpreis erneut, wodurch sich die Umsatzschraube kräftig nach oben gedreht hat. "Das wird allerdings nicht so weiter gehen", versicherte der Landesverbandspräsident.

Förderstopp bremst E-Auto-Wachstum aus

Den Rückgang an zugelassenen Elektroautos begründete Kraft mit den Ende 2023 gestrichenen Zuschuss für E-Mobile. Was bleibe, sei eine Verunsicherung seitens der Autofahrer. "Wir fordern keine neuen Subventionen, sondern Verlässlichkeit für das Handeln von Politik und Verwaltung", sagte er.

Luft nach oben gibt es weiterhin bei der Häufigkeit öffentlich zugänglicher Ladepunkte in Hessen. Während der bundesweite Durchschnitt pro Ladepunkt bei rund 20 E-Pkw liegt, melde Hessen 27,7 Pkw pro Ladepunkt. Nach Daten der Bundesnetzagentur gebe es in Hessen 7.987 (Vorjahr: 5.626) öffentlich zugängliche Ladepunkte, davon 1.442 (Vorjahr: 796) Schnellladepunkte. Diese teilen sich 221.378 E-Pkw im Bestand. Größte Hemmschuhe für den Kauf eines Elektroautos sind laut Kraft Preis, Reichweite und eine lückenhafte Ladeinfrastruktur.

Gestiegene Neuwagenpreise

Der gestiegene durchschnittliche Preis von 44.850 (Vorjahr: 43.110) Euro für einen neuen Pkw resultiere nicht nur aus dem gestiegenen Anteil der E-Fahrzeuge, sondern auch aus Verschiebungen in den Marktsegmenten und höheren Preisen nicht nur für Fahrzeuge, sondern auch für Sonderausstattungen. Die durchschnittliche Kreditsumme beim privaten Neuwagenkauf sei laut DAT-Report um 400 Euro auf 14.900 Euro gestiegen. Der Erlös aus dem Vorwagenkauf habe 11.400 (Vorjahr: 10.700) Euro betragen.

Privatmarkt rückläufig

Der hessische Gebrauchtwagenmarkt habe im vergangenen Jahr zugelegt. Gewonnen habe der Fachhandel, der Privatmarkt verlor entsprechend. Von den 474.033 (Vorjahr: 439.471) Besitzumschreibungen seien 336.384 Verkäufe im Fachhandel erfolgt (71 Prozent) und 137.649 im Privatmarkt. Letzterer habe 13,0 Prozent eingebüßt und halte noch 29 (Vorjahr: 36) Prozent Marktanteil.

Bei den Besitzumschreibungen konnte der Markenhandel trotz eines Verlustes von einem Prozentpunkt im Marktanteil (37 Prozent) um 5,1 Prozent auf 175.393 (Vorjahr: 166.957) Umschreibungen zulegen. Der reine Gebrauchtwagenhandel habe 160.991 (Vorjahr: 114.344) Halterwechsel bilanziert und im Marktanteil acht Prozentpunkte auf 34 Prozent gewonnen.

Sinkende Gebrauchtwagenpreise

Im Gebrauchtwagenmarkt sank der durchschnittliche Preis für einen gebrauchten Pkw auf 18.880 (Vorjahr: 19.130) Euro. Grund sei ein steigendes Angebot. Im Privatmarkt gingen die Durchschnittspreise um fast zehn Prozent auf 12.550 (Vorjahr: 13.990) Euro zurück, im Markenhandel stieg der durchschnittliche Preis um zehn Prozent auf 26.170 (Vorjahr: 23.640) Euro und der freie vermeldete 15.680 (Vorjahr: 18.370) Euro. Dies entspricht einem Preisrückgang um 14,6 Prozent. Gebrauchte E-Pkw spielen am GW-Markt bisher keine große Rolle, sagte Kraft.

Starke Bilanz im Service

Mit einem Umsatzwachstum auf 2,4 (Vorjahr: 2,0) Milliarden Euro wurde die Vorjahresmarke um 17,2 Prozent übertroffen, sagte Thorsten Krämer, Landesinnungsmeister und Vizepräsident des Kfz-Landesverbandes, und bezeichnete den Service als das "Rückgrat des Kraftfahrzeuggewerbes". Das Wachstum resultiere vor allem aus Wartungsarbeiten, denn trotz eines erneut gestiegenen Pkw-Alters auf 10,1 Jahre im Durchschnitt habe es Verluste bei den Verschleißreparaturen gegeben. Dies könne an der kleineren Jahreskilometerleistung von 12.440 Kilometern liegen. Es gebe, so Krämer, mehrere Entwicklungen, die Umsatz und Preise nach oben getrieben hätten. Neben dem Fahrzeugalter sei es der Fahrzeugbestand, der in Hessen weiter angewachsen sei. Bis zum 1. Oktober 2023 auf rund 3,9 (Vorjahr: 3,8) Millionen Pkw. Rechne man Krafträder, Busse, Lkw und Zugmaschinen hinzu, seien es 4,7 Millionen Kraftfahrzeuge.

Werkstattauslastung gestiegen

Die Quote der durchschnittlichen Werkstattauslastung habe 2023 im Jahresdurchschnitt bei 87 Prozent gelegen - und damit um zwei Prozent-Punkte über dem Niveau des Vergleichsjahres 2022. Der Wert des Vorkrisenjahres 2019 sei um vier Prozent-Punkte übertroffen worden. Diese boomende Phase habe sich auch an den Vorlaufzeiten für Service-Termine ablesen lassen: rund 11 Tage, teilte Krämer mit.

Krämer kritisierte die geplante Änderung der Überwachung der HU, wie sie für die Novelle der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung (StVZO) vorgesehen ist. Momentan können Fahrzeughalter festgestellte Mängel im Rahmen der Hauptuntersuchung in der Kfz-Werkstatt beheben lassen, in der die Untersuchung stattgefunden hat. Der neue Entwurf sehe vor, dass ein Prüfstützpunkt nicht mehr, wie bisher, in die Handwerksrolle eingetragen werden muss. "Das würde Tür und Tor für nicht kompetente Betriebe öffnen", so der Landesinnungsmeister. Sollte diese Änderung erfolgen, müsste der Kunde einen Mängel am Fahrzeug in einer anderen Werkstatt beheben lassen und dieses im Nachgang wieder zur Nachprüfung am Prüfstützpunkt vorstellen. "Aus unserer Sicht ein nicht nachvollziehbarer Ansatz", erklärte Krämer. Einerseits erhöhe sich der Aufwand des Kunden, andererseits verringere sich die Sicherheit dahingehend, dass eine Reparatur auch durch nicht qualifizierte Meisterbetriebe vorgenommen werden dürfte. Damit sei eine sachgerechte, hochqualitative Reparatur nicht gewährleistet. "Wir werden alle Hebel in Bewegung setzen, damit diese Novelle nicht umgesetzt wird", versprach Krämer. Ein Schritt in die Falsche Richtung dürfe es nicht geben.

Gestiegene Ausbildungszahlen

2.433 neue Ausbildungsverträge verzeichnete das Kfz-Gewerbe Hessen 2023 für die fünf gewerblichen und kaufmännischen Ausbildungsberufe - eine Steigerung um 19,3 Prozent gegenüber 2022, bilanzierte Krämer. Für den Kfz-Mechatroniker seien 1.758 neue Verträge erreicht worden (plus 20,3 Prozent), für den Automobilkaufmann listet die Ausbildungsbilanz 426 neue Verträge auf - das entspreche einer Steigerung um 10,1 Prozent. Dies sei der höchste Wert seit 2017, erklärte der Landesinnungsmeister.

Statement gegen Rassismus und Extremismus

Angesichts der gesellschaftlichen Entwicklung positionierte Michael Kraft klar und deutlich gegen politischen Extremismus, Rassismus und jede Art von Diskriminierung. Denn ohne werde die Automobilwirtschaft auch in der Zukunft ohne Fachkräfte und Mitarbeiter aus dem Ausland nicht auskommen.

Ausblick auf Geschäftsjahr 2024

Für das Autojahr 2024 rechnet Kraft mit leicht steigenden Pkw-Neuzulassungen, einem ordentlichen Nutzfahrzeuggeschäft, einem lebhaften Gebrauchtwagenmarkt sowie einem weiterhin dynamischen Service. Damit sollte der hessische Automarkt trotz der konjunkturell nicht einfachen Rahmenbedingungen die Positionen des mittelständischen Kraftfahrzeuggewerbes festigen. Die qualifizierte Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle, das Besetzen von Nischen und der Ausbau von Mobilitätsdienstleistungen seien Konzepte für die Zukunft, die verstärkt genutzt werden.


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