Von Armin Wutzer/AUTOHAUS
Noch vor wenigen Jahren kamen Berichte über das Verhältnis zwischen FCA und seinen Händlern kaum ohne Begriffe wie "Konfrontation", "fehlende Ehrlichkeit" oder "zerrüttet" aus. Die Beziehung schien gründlich und unwiederbringlich an die Wand gefahren. Dass das Verhältnis trotz der zahlreichen Konflikte aber nicht irreparabel beschädigt war und sich langsam wieder gebessert hat, zeigte sich auf der diesjährigen Tagung des Alfa Romeo und Jeep Händlerverbands, die am Dienstag in Kassel stattfand.
Zu dieser reiste neben 78 Händlern auch eine 25-köpfige Delegation von FCA an, um über die anstehenden Themen zu sprechen. Neben Finanzvorstand Norbert Tschrepp, der die nach einem schweren Unfall noch nicht genesene FCA-Chefin Maria Grazia Davino vertrat (wir berichteten), waren sämtliche Direktoren und Bereichsleiter sowie der gesamte Vorstand der FCA Bank anwesend. Zusätzlich erhielt jeder der anwesenden Händler einen persönlichen Brief von Davino. Die Stimmung unter anwesenden Händlern war auch angesichts dieser Gesten dem Vernehmen nach ausgesprochen gut. Hinzu kam, dass beide Seiten im Anschluss Fragen, Einwände und Probleme offenbar auf Augenhöhe diskutieren konnten. "Wir haben nach Jahren endlich wieder ein gutes Miteinander", sagt Peter Jakob, der Vorsitzende des Händlerverbands. "Man wird als Händler bei FCA wieder ernst genommen", lobte auch Uschi Bernegger-Schneider, Geschäftsführerin im Autohaus Bernegger. Sascha Wolfinger, Director Communications and Institutional Relations bei FCA Germany berichtete umgekehrt ebenfalls von einer "durchweg sehr freundlichen und guten Stimmung".
Start in die E-Mobilität wirft Fragen auf
Wichtigstes Gesprächsthema: Der bevorstehende Start in die Elektromobilität. Dazu informierten Importeur und Händlerverband die Alfa Romeo und Jeep Partner über die Modellpläne sowie die genauen technischen Spezifikationen der kommenden Fahrzeuge. So ist geplant, über die drei FCA Marken hinweg alle drei Monate ein neues E-Modell auf den Markt zu bringen. Bei Jeep werden dies Plug-In-Hybride (PHEV) von Renegade, Compass und Wrangler sowie bei Alfa Romeo eine PHEV Variante des Tonale (Marktstart 2022) und ein ab 2022 produziertes, noch nicht näher benanntes vollelektrisches B-Segment SUV sein.
Ausführlich diskutiert wurden auch die Vorgaben zur Ladeinfrastruktur. Vorgeschrieben sind demnach ein Ladepunkt in der Werkstatt, eine Dummy-Wallbox im Showroom sowie je eine Ladestation im Bereich für Vorführwagen und auf dem Kundenparkplatz. "Diese Anforderungen sind grundsätzlich nicht übertrieben und bilden eine solide Verhandlungsgrundlage mit dem Hersteller", sagte Bernegger-Schneider. Gesprächsbedarf gebe es aktuell nur bei der Frage, ob ein Dummy im Showroom wirklich sinnvoll sei und ob die Ladestation auf dem Kundenparkplatz öffentlich sein müsse, sagt Jakob. Abgesehen davon sei sehr positiv zu bewerten, dass FCA bei Auswahl von Ladestation und Anschluss keinen Anbieter vorschreibt. Kopfzerbrechen bereitet manchen kleineren Händlern hingegen der Anschluss der Netzinfrastruktur vor Ort. Da diese gerade in ländlichen Regionen oftmals sehr ungünstig ist, kann eine Erweiterung des Netzanschlusses schnell mehrere zehntausend Euro kosten. Anhaltspunkte für mögliche Lösungen hierfür präsentierte Mauro Molinari vom Elektronik- und Automatisierungsspezialisten KSE GmbH in einem Gastvortrag. Dabei skizzierte er unter anderem, wie sich teure Netzanschlusserweiterungen mittels Photovoltaikanlagen vermeiden lassen.
Händlerverband nimmt Dodge und Ram auf
Das zweite wichtige Thema der Veranstaltung betraf den Verband selbst: Da die FCA Marken Dodge und Ram derzeit einen kleinen Boom erleben, einigten sich die anwesenden Händler darauf, auch diese künftig im Händlerverband zu vertreten und den Verband dementsprechend in Jeep, Alfa Romeo, RAM & Dodge Händlerverband umzubenennen.
Wirtschaftlich läuft es bei den Alfa Romeo und Jeep derzeit je nach Partner sehr unterschiedlich, sodass Peter Jakob keine generelle Aussage zur Lage bei den Alfa Romeo und Jeep Partnern treffen wollte. Vor allem in Süddeutschland läuft es dem Vernehmen nach bei den meisten Händlern aber vergleichsweise solide. Probleme bereitet manchem Händler allerdings, dass – angeheizt durch Graumarkt-Importe – bei Jeep stellenweise ein Intrabrandwettbewerb aufkeimt. Dieses Problem sieht auch FCA Germany. Allerdings habe man gegen die Grau-Importe de facto leider kaum eine Handhabe, so Wolfinger.
Abgesehen davon wünschen sich viele Händler, vor allem bei Alfa Romeo, eine breitere Modellpalette. Die für 2022 angekündigten Modelle seien angesichts des Wegfalls der Giulietta Ende 2020 etwas zu wenig. Bei Jeep zeigten sich die Händler hier dagegen weitgehend zufrieden.
Verbandsfusion nach wie vor offen
Eher ein Randthema war die immer wieder diskutierte Fusion mit dem Fiat Händlerverband. Nach Angaben von Peter Jakob befinden sich beide Seiten in regelmäßigen Austausch, um sich über aktuelle Themen auf dem Laufenden zu halten und das gegenseitige Verhältnis weiter zu verbessern. "Wir wollen das Thema Fusion aber angehen", bekräftigte Jakob.
Ob es am Ende tatsächlich dazu kommt ist aber offen. Dagegen spricht aus Sicht mancher Händler, dass sich trotz vieler identischer Themen aus der Vielfalt der FCA-Marken und deren unterschiedlichen Kulturen je nach Marke auch sehr unterschiedliche Anforderungen an einen Verband ergeben können. Uschi Bernegger-Schneider indes sieht das pragmatisch: "Ich persönlich halte irgendeine Form von Trennung zwischen den einzelnen Marken durchaus für sinnvoll", sagt sie. Wichtig sei nur: Falls es am Ende bei zwei Verbänden bleibt, müssten diese unbedingt den Schulterschluss suchen und sich nicht als Konkurrenten betrachten.
Walter Kreuchi