Materialengpässe und Lieferschwierigkeiten haben die deutsche Autobranche im ersten Halbjahr 2022 stark zugesetzt. Zwischen Januar und Ende Juni wurden knapp 1,238 Millionen Neufahrzeuge zugelassen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Dienstag in Flensburg mitteilte. Das entsprach einem Rückgang um elf Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im Einzelmonat Juni waren es mit 224.558 Einheiten sogar 18,1 Prozent weniger.
Auch der jahrelang kräftig gestiegene Absatz von Elektroautos gerät inzwischen immer wieder ins Stocken. Zwar kamen laut KBA in den ersten sechs Monaten 12,5 Prozent mehr Batterieautos (BEV) neu auf die Straße als im Vorjahreszeitraum. Doch mit Blick auf den Juni verzeichnete die Behörde einen Rückgang. Etwas mehr als 32.200 reine E-Autos wurden im vergangenen Monat neu zugelassen und damit 3,5 Prozent weniger als Juni des Vorjahres.
Es ist bereits der zweite Rückgang im Monatsvergleich in diesem Jahr. Auch im April waren die E-Neuzulassungen rückläufig. Schwächer als zuletzt entwickeln auch die hybriden Antriebe, die im Juni bei 65.363 fabrikneuen Pkw verbaut waren (minus 14,6 Prozent). 26.203 dieser Fahrzeuge waren extern aufladbar (minus 16,3 Prozent).
Auftragsbestand macht Hoffnung
"Die Marktentwicklung im ersten Halbjahr 2022 hat die Pkw-Hersteller schwer getroffen. Ihre Hoffnung auf eine Erholung nach dem schwachen Vorjahr wurde enttäuscht", sagte Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) in Bad Homburg. Vorsichtig optimistisch stimmt Zirpel der Auftragsbestand auf Rekordniveau. "Sobald sich die Verfügbarkeit der Neufahrzeuge verbessert, könnten die Neuzulassungen wieder deutlich zulegen."
ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn kommentierte: "Wir sind an einem historischen Tiefstand angekommen – und auch der weitere Jahresverlauf wird nicht für eine Besserung sorgen, sodass wir mit viel Glück am Ende des Jahres bei rund 2,5 Millionen Neuzulassungen landen werden." Der Autohändler verwies auf die Zahlen aus dem letzten Normaljahr 2019, als noch rund 1,85 Millionen Pkw in der KBA-Zwischenbilanz standen. Damit beträgt der Verlust zu diesem Jahr etwa 600.000 Neuzulassungen.
Peckruhn betonte, dass es mittlerweile auch auf Nachfrageseite Veränderungen gebe. Zum einen schreckten die langen Lieferzeiten Kunden ab. Immer öfter nähmen sie daher einfach, was da sei. Außerdem seien viele verunsichert, ob sie bestellte Autos noch rechtzeitig bekämen, um Förderung zu erhalten, beziehungsweise wie die Förderung in Zukunft aussehen werde. Hier konterkariere die Bundesregierung ihre eigenen Bemühungen auf dem Weg zur Elektromobilität, kritisierte er. Insgesamt sei die Situation für den Handel "katastrophal", derzeit sei keine Entspannung in Sicht.
Gewinner und Verlierer
Unter den deutschen Herstellern hatte besonders Branchenprimus VW mit der aktuellen Krisensituation zu kämpfen. Die Wolfsburger büßten in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 18,9 Prozent ein. Kaum besser lief es für Opel (minus 16,3 Prozent). Auf Marktniveau bewegten sich BMW und Ford mit Rückgängen von 12,5 bzw. 10,1 Prozent. Dagegen konnten Audi (minus fünf Prozent) und Mercedes-Benz (minus 4,4 Prozent) ihre Verluste in Grenzen halten.
Die Gewinner des ersten Halbjahres 2022 sind demnach ausnahmslos in der Importeurswertung zu finden. Allen voran: Polestar mit 143,5 Prozent mehr Neuzulassungen als im Vorjahreszeitraum. Es folgen Dacia (plus 45 Prozent) und Tesla (32,6 Prozent). Stark performenten auch Kia (plus 18,7 Prozent), Mitsubishi (12,4 Prozent) und Toyota (plus 9,3 Prozent).
Die prozentual stärksten Rückgänge mussten indes Suzuki (minus 44,7 Prozent), Jaguar (39,4 Prozent) sowie die französischen Anbieter Peugeot und Renault (je minus 27,9 Prozent) verkraften. Den größten Marktanteil unter den ausländischen Fabrikaten erreichte wieder Skoda mit 5,6 Prozent, die Neuzulassungen der VW-Tochter schrumpften aber um 18,1 Prozent.
Jetzt Übersicht downloaden: So schnitten die Autohersteller im ersten Halbjahr 2022 ab!
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- Pkw-Neuzulassungen im Juni 2022 (129.7 KB, PDF)