Gehen wir nun ins Agentursystem oder nicht? Und können wir mit den uns zur Verfügung stehenden Produkten unsere Betriebe erfolgreich erhalten? Diese Fragen bewegten die Ford-Organisation in den letzten Jahren. Die Antwort ist vielschichtig und nicht eindeutig. Einige Unternehmer haben sich von der Marke verabschiedet. Der neue Vertriebsvertrag, der zum 1. April 2025 eingeführt wird, ist noch nicht ganz ausverhandelt. Den Entwurf dafür versandte Ford Deutschland-Chef Christian Weingärtner am vergangenen Freitag auf der Generalversammlung des Ford-Partner Verbandes (FPV) in Dresden zwar mit einem Druck auf sein Handy auf offener Bühne. Ob der Zeitplan für den Versand der Endfassungen sowie die anschließenden Unterschriften des Handels bis Anfang Juli allerdings eingehalten werden kann, wurde angesichts der noch offenen Punkte doch von einigen als "sehr ambitioniert" bezeichnet.
Partnerverband hat diverse Verbesserungen erreicht
Zuvor hatte der Partnerverband ausführlich über die Vertragsverhandlungen informiert. "Wir konnten uns ins vielen Positionen durchsetzen und in zahlreichen Punkten eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Ansinnen von Ford erreichen", sagte FPV-Präsident Johann Gesthuysen. "Das heißt nicht, dass wir mit allen Punkten vollumfänglich zufrieden sind." So sei unter anderem erreicht worden, dass die Marge wie gehabt Vertragsbestandteil bleibt, und auch die über viele Jahre bewährte und etablierte Mitbestimmung konnte erfolgreich überführt werden. Hierdurch werde sichergestellt, dass der engere Vorstand des FPV in die Gestaltung der vertraglichen Zusammenarbeit zwischen Partnern und Hersteller stets eng eingebunden bleibt. Allerdings wurde die Marge des Ford-Handels im Gegenzug stark gekürzt.
Vertrag mit mehreren 100 Seiten
Dass alles so genau und detailliert formuliert wird, verschafft den Händlern viel Lesestoff. FPV-Justiziar Joachim Pfeffer kündigte "mehrere 100 Seiten" an. Allein der Händlervertrag habe 31 Anlagen, der Servicevertrag 13. Dennoch: Es lohne sich für die Händler den Entwurf schon mal zu lesen, denn "der Vertrag ist weitgehend abgestimmt", so der Anwalt. Es fehlten allerdings noch ein paar wichtige Anlagen zum Thema Vorführwagen, Dealer Management System und Liefer- und Zahlungsbedingungen sowie zur Mitbestimmung im Service. Auch beim neuen Garantiehandbuch, das nach dem Willen von Ford Bestandteil des neuen Vertrages werden soll, sei noch vieles offen.
Knackpunkt Standards
Den Entwurf für den neuen Servicevertrag kommentierte Klaus Sorg, der Arbeitskreissprecher für diesen Bereich: "Der Teufel liegt in den Standards." Als Beispiel nannte er das vorgeschriebene Verhältnis von produktiven und administrativen Arbeitskräften, die Öffnungszeiten, die Anzahl und Spezifikation der Hebebühnen sowie das Werkzeug-Leihprogramm. Er warnte davor, dass die Änderung der Modellpolitik zukünftig noch stärkere Auswirkungen auf den Service haben werde. Schon jetzt sei zu erkennen, dass weniger Fahrzeuge, die jünger sind als vier Jahre, in die Werkstätten kommen. Dies werde aktuell zwar noch durch die Zunahme bei den Fahrzeugen, die älter als vier Jahre sind, ausgeglichen. Das sei aber endlich und der Rückgang im Servicegeschäft werde mit dem Verkauf von mehr Elektrofahrzeugen perspektivisch noch verstärkt.
Ford Partner Verband - Generalversammlung 2024
BildergalerieLogistische Probleme
Die Unsicherheit bezüglich des neuen Vertrages ist nicht das einzige Problem, das die Ford-Partner aktuell haben. Viele kämpfen mit den weggefallenen Produktlinien, wie zum Beispiel dem Fiesta. Gut, dass trotz weiterhin schwieriger Rahmenbedingungen die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse der Ford-Organisation bisher immer noch auf einem guten Niveau liegen, wie Gesthuysen mitteilte. Aber: "Der generelle Absatzdruck steigt, und die Nachlass-Spirale fängt wieder an, sich zu drehen." In den Bestellsystemen gibt es Schwierigkeiten. Hinzu kommen logistische Probleme, die mit der Überfüllung des Lagers in Antwerpen zu tun haben und Händlern wie Kunden lange Lieferzeiten bescheren. Der FPV erwartet, dass die allgemeine Transportsituation vorerst angespannt bleiben wird.
Unterstützung gefordert
Es gibt aus Handelssicht aber auch Hoffnung: So soll ein neues Lagerfinanzierungskonzept zum 1. Juli, bei dem die Zinsfreiheit erst ab Anlieferung "Händlerhof" beginnt, die anhaltend hohe Zinslast des Ford-Handels messbar reduzieren. Das sei unter Berücksichtigung der zukünftigen Margenhöhen ab 1. April 2025 von enormer Bedeutung. "Mit einer Händlermarge, die nur etwas höher liegt als die bisherigen Bruttoerträge im Neuwagenverkauf, hat der Handel heute schon bei den Elektrofahrzeugen und zukünftig bei allen Fahrzeugen selbst so gut wie keinen Spielraum mehr", brachte es der FPV-Präsident auf den Punkt. Seine Forderung: "Wenn die Differenz zwischen UPE und dem marktfähigen Transaktionspreis höher ist als die Händlermarge, muss Ford den Handel mit erheblichen variablen Marketinggeldern dazu in die Lage versetzen, den Markt erfolgreich bedienen zu können."
Gute Betriebsergebnisse
Trotz aller Widrigkeiten konnten die Ford-Partner im vergangenen Jahr erneut gute Betriebsergebnisse erzielen. Die durchschnittliche Umsatzrendite lag nach Angaben des FPV-Geschäftsführers Fabio Krause bei 2,23 Prozent. Zum Erfolg beigetragen haben dabei vor allem der Verkauf von Nutzfahrzeugen sowie die gestiegenen Preise der Pkw. Aber auch das Servicegeschäft zeigte sich weiterhin sehr robust und trug maßgeblich zum guten Ergebnis bei. Auch zum laufenden Jahr äußerten sich Krause und Hans-Georg Schröder positiv: "2024 kann ein weiteres erfolgreiches Jahr werden." Die Renditeerwartung liegt nach ihren Angaben bei 1,7 bis zwei Prozent.
Händlerprofitabilität sicherstellen
Ford Deutschland-Chef Weingärtner räumte bei seinem Auftritt die anhaltenden Probleme mit der Logistik ein, wies im Gegenzug aber auch darauf hin, dass der Hersteller seit einigen Jahren von den Händlern einen Nutzfahrzeugverkäufer fordere, was bisher aber noch nicht alle umgesetzt hätten. Unter anderem kündigte er bei den Modellen an, dass zusätzlich zu den 18 bereits vorhandenen, noch in diesem Jahr ein neuer Sport-Crossover aus Köln hinzukäme und darüber hinaus an weiteren Produkten mit verschiedenen Antriebsformen gearbeitet werde. So seien im Nutzfahrzeugbereich ebenfalls neue Produkte in der Pipeline. "Gemeinsam positionieren wir die Marke neu."
Weingärtner betonte nochmals die zukünftige Ausrichtung im Pkw-Bereich auf "Adventurous Spirit". Der Durchschnittsverkaufspreis sei von 35.000 Euro im Jahr 2020 auf 45.000 Euro im Jahr 2023 gestiegen. Besonders stolz war er darauf, dass sich Ford mit 14,5 Prozent Marktanteil bei den Nutzfahrzeugen im ersten Quartal 2024 zum ersten Mal in der Geschichte hinter Mercedes-Benz auf Platz zwei und somit vor Volkswagen platzieren konnte. Sein wichtigstes Versprechen im Hinblick auf den neuen Händlervertrag war aber: "Wir werden die Profitabilität des Handels sicherstellen."
K. Hildebrandt