Ein neuer Golf von VW ist ein Ereignis. Das sieht man schon an der Salamitaktik, mit der die Öffentlichkeit den künftigen Millionenseller serviert bekommt. Jetzt hat sich das große Brimborium aus diversen Festivitäten zu ersten Probefahrten verdichtet und Ergebnisse und Erkenntnisse daraus zeigen Gewohntes und Erhofftes; ganz wichtig ist dabei: Golf bleibt Golf, das ist keine Überraschung, und dennoch gibt sich die Generation Golf VII schicker, cooler, technikorientiert und gleichzeitig so nah an den Menschen im Alltag wie seine Vorgänger. Eine Revolution war nicht zu erwarten, auch der VW Golf folgt der Gleichung des Machbaren und vor allem des Bezahlbaren.
Dabei ist der Golf VII kein wirklich billiges Auto. Aber er ist auch nicht zu teuer. Er folgt dem mittleren Pfad des Leistbaren und schon die Basisversion kostet mit zwei Türen knapp 17.000 Euro. Der billigste Diesel beginnt bei 20.725 Euro, Ausstattung Trendline, mit der man leben kann, aber sich nicht im Luxus wälzt. Dass VW den Preis des Benziner-Einsteigers mit besserer Ausstattung halten konnte, ist nicht selbstverständlich.
Denn es gibt Mehrwert in allen Dimensionen: Der erste Eindruck bei der Näherung an das Herz von Volkswagen zeigt, dass Wachstum dominiert. Sechs Zentimeter mehr Radstand, das konnte nicht mit rudimentären Modifikationen erledigt werden, das forderte eine teilweise neue Bodengruppe und bei einer Außenlänge von 4,26 Meter und einer Breite von 1,80 Meter verspricht man sich einen größeren Innenraum. Ein Versprechen, das eingehalten wird. Man sitzt vorne freier als in jedem Golf der ersten sechs Generationen: und auf Anhieb die gute Sitzverstellung gefunden, prima Polsterung und alles in Reichweite, Kontakt zur Beifahrerin nur wenn gewünscht, um 30 Liter auf 380 Liter gewachsener Kofferraum.
Gewohnte Proportionen
Architektur und Möblierung auf jenem Niveau, das man mittlerweile nicht nur mit Audi, sondern auch mit VW verbindet. Das Design setzt auf die Harmonie der gewohnten Proportionen, die aber neu sind. Denn der neue Golf ist etwas niedriger, der größere Abstand zwischen den Achsen streckt den Körper, nimmt ihm das gedrungene Wesen, und macht ihn eleganter. Die seitliche Kante, eine Fingerbreite unter den Türgriffen fast nur in den Türen verlaufend, wirkt unmotiviert, ein Jedermann-Detail. Zu bedauern ist auch der Abschied von den ausgeprägten Schultern, dennoch hat der Neue ein breites Kreuz.
Zum Marktstar gibt es zwei Benzin- und zwei Dieselmotoren, alles Vierzylinder mit Abgasturbolader, so entsteht hohe Durchzugskraft schon bei niedrigen Drehzahlen. Der zur Zeit stärkste Benziner hat 103 kW / 140 PS, kommt mit Comfortline-Ausstattung und sechs Gängen auf etwas ernüchternde 22.525 Euro. Er hält jene Eigenschaften bereit, die beim Bummeln und beim Brausen überzeugen können: Die Maschine startet spontan, sofort wird eine niedrige Leerlaufdrehzahl geliefert, das Zusammenspiel zwischen der Schaltung des serienmäßig mit sechs Vorwärtsgängen operierenden Getriebes und der sanft greifenden Kupplung klappt auf Anhieb, der Motor summt irgendwo vorne, und ist erst bei schärferem Beschleunigen jenseits von 3.000 U/min wirklich zu hören.
Die Gänge reichen sich die Hände, man kann, aber man muss den Golf nicht höher drehen, um aus ruhigen 50 km/h heraus zu beschleunigen, kann man im dritten oder vierten Gang bleiben, der Motor geht mit hoher Laufkultur ans Werk. Vibrationen sind nicht zu registrieren, die Tätigkeit der erstmals im Golf eingesetzten Zylinderabschaltung ist nicht zu bemerken, sie soll sich günstig auf den Verbrauch auswirken.
Neu konfiguriertes Fahrwerk
Das neu konfigurierte Fahrwerk ist selbst auf den Landstraßen dritter Ordnung auf Sardinien nicht aus der Ruhe zu bringen. Es gibt keine Antriebseinflüsse in der Lenkung und exakte Kurvenradien zu fahren, ist ein Vergnügen. Dieses wird nur leicht von der spürbaren Seitenneigung und einer gewissen Weichheit im Fahrwerk getrübt, die aber für einen angenehmen Federungskomfort sorgt. Immerhin hat VW bei der Abstimmung des Fahrwerks nicht den Fehler begangen, sich über die Maßen auf besonders sportlich orientierte Fahrer einzustellen.
Für das formidable DSG-Doppelkupplungsgetriebe sind rund 1.800 Euro Aufpreis gegenüber der manuell zu schaltenden Ausführung mit sechs Gängen einzuplanen. Und der teuerste Diesel-Golf kommt in der Highline-Version mit DSG auf 28.825 Euro.
Thommy K