Robotic Process Automation: Ein Fall für den Bot

Das japanische Wort Muda bedeutet in seiner ursprünglichen Form so viel wie Verschwendung oder sinnlose Tätigkeit. Ziel des agilen Arbeitens ist es, solche Zeitfresser oder wenig effizienten Maßnahmen zu eliminieren, um produktiv und motiviert zu arbeiten. Diese sogenannte Muda-Vermeidung ist ein wichtiger Bestandteil unter anderem des Toyota-Produktionssystems und gilt als ein Kernelement innerhalb der Lean-Unternehmensphilosophie. Einen wichtigen Beitrag dazu leistet inzwischen Robotic Process Automation (RPA). Die innovative Technologie setzt sich zunehmend in vielen Branchen durch, darunter auch im Automobilsektor. Im Autohaus eröffnet RPA neue Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, Prozessoptimierung und Kundenzufriedenheit. Ein unsichtbarer Mitarbeiter Bei der RPA kommt ein Software-Roboter, auch Bot genannt, zum Einsatz, der Programme wie ein menschlicher Mitarbeiter bedienen kann. Auch wenn man ihn nicht sehen kann, kann man ihn dennoch bei der Arbeit beobachten. Selbständig öffnet der Bot Anwendungen, füllt Felder in Formularen aus oder kopiert Daten von einem Dokument in ein anderes. Und das kann er rund um die Uhr mit hoher Präzision. Diese Vorteile hat auch Andreas Weeber, Geschäftsführer von Autohaus Weeber (VW Pkw- und Nutzfahrzeuge, Audi, Seat, Skoda, Cupra) mit Sitz in Weil der Stadt nahe Stuttgart, früh erkannt. "Der Bot kommt dort zum Einsatz, wo keine Schnittstelle (API) zwischen zwei Systemen vorhanden ist, oder wenn es eine besonders monotone und zeitraubende Tätigkeit ist", erklärt Andreas Weeber. Einen Menschen für solche Tätigkeiten einzusetzen, wäre schlichtweg zu teuer, da sich die geleistete Arbeitszeit im Endeffekt nicht rechnen würde. Ein Beispiel dafür im Hause Weeber ist die Vorrecherche für individuelle Kundenangebote, die pro Auftrag zwar relativ wenig Umsatz generieren, sich aber in der Masse rentieren. Würde ein menschlicher Mitarbeiter diese Recherche übernehmen, wären die Kosten deutlich höher als der durch die Angebote generierte Umsatz. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist eine gute Datenqualität. Der Bot kann nur dann effizient arbeiten, wenn alle Daten vollständig sind und für die Verarbeitung zur Verfügung stehen. Das ist laut Andreas Weeber auch die Grundlage für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Zukunft. Auch wenn KI aktuell noch eine kleine Rolle im Autohaus-Alltag spielt, kann die RPA für sie gewissermaßen den Weg in späteren Einsatzgebieten ebnen. Digital mit Strategie Schon lange vor dem Einsatz von RPA setzt man im Zuge der Digitalstrategie bei Weeber nicht allein auf die neueste Software, sondern hatte von Anfang an den Menschen im Fokus. Die Mitarbeiter sollen in erster Linie effektiv eingesetzt werden und nicht-wertschöpfende Tätigkeiten vermieden werden. Und diese gibt es in jedem Unternehmen noch immer in großer Zahl, beispielsweise die Ablage von Dokumenten. "Diese Tätigkeit bringt weder dem Mitarbeiter noch dem Kunden einen Mehrwert, auch wenn sie notwendig ist", weiß Friedrich Hiller, Leiter der Weeber-Digitalabteilung. "Also haben wir die entsprechenden Prozesse optimiert und digitalisiert. Der Mitarbeiter soll stolz auf seine Arbeitsleistung sein. Das wird man mit Aktenablage kaum erreichen", so Hiller weiter. Auch erwarten die Kunden inzwischen immer mehr Geschwindigkeit und sind weniger bereit, für den administrativen Aufwand zu zahlen. Auch hier sparen automatisierte Prozesse Zeit und Geld. Um bei den Mitarbeitern das richtige Mindset für neue digitale Prozesse und Softwaresysteme zu erzeugen, startete Andreas Weeber seine Digitalstrategie mit dem elektronischen Urlaubsplaner. Die Mitarbeiter kümmerten sich selbständig um ihre Urlaubsvertretung, alles wurde digital erfasst und der Vorgesetzte wusste, dass im Moment der Urlaubseinreichung jeder notwendige Prozessschritt abgeschlossen war. Somit lernten die Mitarbeiter das Prinzip des digitalen Workflows kennen und waren für zukünftige Projekte auch gleich motiviert. Die Einführung des Weeber Learning Systems, über das Informationen, Unternehmensstandards und Schulungen angeboten werden, war ebenfalls weiterer wichtiger Schritt Richtung Digitalisierung bei Weeber. Ein Fall für den Bot Bei Weeber kommt die RPA vor allem im Finanzierungs- und Leasingbereich zum Einsatz. Über die Digitale Vorgangsakte (DiVA) werden die Fahrzeugfinanzierungen bei Volkswagen Financial Service (VWFS) digital eingereicht. Dazu müssen sämtliche Papierdokumente gescannt und hochgeladen werden. Je nach Serverauslastung konnte allein die Ladezeit bis zu zehn Minuten pro Dokument dauern. Andreas Weeber schätzt die Arbeitszeit, die seine Mitarbeiter in einem Jahr mit der reinen Wartezeit beim Upload der Dokumente verbringen, auf 60 Arbeitstage. Der Roboter hingegen kann diese zeitraubende Tätigkeit nicht nur ohne Pause, sondern auch nachts erledigen, wenn die VWFS-Server kaum ausgelastet sind. Ein menschlicher Mitarbeiter übernimmt nach dem Upload nur noch eine letzte Kontrolle, ob alles korrekt hochgeladen wurde. Auch bei der Buchung der Leasingrechnungen und bei der Auftragsvorbereitung im Service unterstützt ein Software-Roboter. Er füllt dabei verschiedene Arbeitspositionen auf dem jeweiligen Auftrag im Vorfeld bereits aus. Der Service-berater kann sich so mehr auf die Direktannahme und den Umgang mit dem Endkunden konzentrieren. Zudem trägt der Bot zur Datenqualität bei. Gerade bei Medienbrüchen kommt es durch den Menschen oft zu Fehlern beim Übertragen der Daten. Davon profitiert der Kunde sogar direkt: Fehlerhafte Rechnungen wegen unvollständiger Daten gehören so der Vergangenheit an. Der Mensch im Mittelpunkt Der Einsatz von RPA soll keine Mitarbeiter einsparen. Im Gegenteil: Er soll ihnen wieder mehr Luft für die eigentlich wichtigen Aufgaben verschaffen. "Digitalisierung hat auch viel mit Change-Management zu tun", mein Andreas Weeber. Wenn die Mitarbeiter einbezogen werden und die Mehrwerte der neuen Technik erkennen, steigert das ihre Motivation. Eine Win-win-Situation für uns." Natürlich spielen auch Zahlen bei der Digitalisierung eine Rolle. Ein neues System wie die RPA muss sich am Ende auch wirtschaftlich für ein Unternehmen lohnen. Jedoch stehen Agilität und Geschwindigkeit bei der Prozessoptimierung bei Weeber im Vordergrund, und darum sollen die Mitarbeiter auch wertschöpfende Aufgaben erledigen, was wiederum ihre Motivation steigert. Ein gewinnbringender Kreislauf. Bei Weeber hat man die Potenziale der Automatisierung erkannt. Schließlich werfen KI-basierte Anwendungen ebenfalls ihre Schatten bereits voraus. Die RPA ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft. Denn wer heute seine Potenziale nicht ausschöpft, für den ist es möglicherweise morgen schon zu spät.

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