Koch Auto.Gruppe: Ein Autohaus wird klimaneutral

Die Koch Auto.Gruppe (KAG) gehört mit einem Umsatz von 153 Millionen Euro zu den 100 größten Autohandelsgruppen Deutschlands. Vom Hauptsitz Schwäbisch Hall aus führt die Familie Härterich an 16 Standorten Autohäuser mit den Marken des Volkswagen-Konzerns. Zwischen Möckmühl und Westhausen in Baden-Württemberg sind 460 Mitarbeiter im Unternehmen tätig. Geschäftsführer sind Thomas Härterich mit seiner Frau Waltraud und den Söhnen Lutz und Stefan. Umweltbewusstsein Seit Jahren arbeitet das Unternehmen an der Verringerung seines CO2-Fußabdrucks. Bereits 2012 und 2014 wurden an drei Standorten Photovoltaikanlagen installiert. Weitere sind in Öhringen und Ellwangen noch für dieses Jahr geplant - mit Pufferspeicher und Anschluss an die auf dem Gelände installierten Ladesäulen für Elektroautos. Neubauten entstanden nach dem KfW55-Standard, Energiekosten wurden durch den Wechsel von Halogen zu LED-Leuchten und den Einbau einer automatischen Lichtsteuerung um 20 bis 30 Prozent reduziert. In neuen oder modernisierten Werkstätten gibt es Fußbodenheizung statt Deckenlüftung. Alle neueren Standorte werden mit Fernwärme und Wärmepumpen betrieben und sukzessive die Öl- und Gasanlagen ersetzt. Mittlerweile werden auch kaum noch Unterlagen ausgedruckt, sondern fast alle digital verschickt. Die Archivierung aller Betriebe ist digitalisiert. 120 Mitarbeiter nutzen das Jobrad-Angebot. Kein Zweifel: Das Unternehmen ist umweltbewusst. Kundenreaktion Es sollte aber noch besser werden: Ein Mitarbeiter schlug 2021 vor, sich ganz klimaneutral aufzustellen. Sein Argument: In der Industrie gibt es schon zahlreiche Unternehmen, die selbst klimaneutral werden wollen und deshalb auch nur noch Zulieferern Aufträge erteilen, die ebenfalls diese Voraussetzung erfüllen. Auch Banken berücksichtigen dieses Kriterium mittlerweile im Rating. Und: "Die Kunden der übernächsten Generation werden darauf schauen", ist Thomas Härterich überzeugt. Die aktuellen Kunden nähmen es leider lediglich wohlwollend zur Kenntnis, räumt er etwas enttäuscht ein. Trotzdem steht in jedem Autohaus ein Aufsteller mit der Botschaft, auf der Homepage wird das ausführlich beworben und erklärt. Die Größe ermitteln Doch wie wird man klimaneutral? Zunächst muss der CO2-Fußabdruck ermittelt werden. Keine einfache Aufgabe, denn es muss nicht nur gemessen werden, was die Betriebe der KAG an Treibhausgas direkt oder indirekt ausstoßen, sondern auch das Umfeld, zum Beispiel die Fahrstrecke der Mitarbeiter wird berücksichtigt. Nach einiger Recherche fand das Autohaus mit Fokus Zukunft einen Partner, bei dem es Unterstützung für diese Aufgabe gab. Das Starnberger Unternehmen hat sich auf Beratung in Sachen Klimaschutz spezialisiert. 2021 begannen die Fokus Zukunft Mitarbeiter mit der Aufnahme der für sie wichtigen Daten. "Unser kaufmännischer Leiter war stark beschäftigt damit, alles Notwendige zur Verfügung zu stellen", berichtet Härterich. Die Berechnungsmethodik basiert auf dem Greenhouse Gas (GHG) Protokoll, einem international anerkannten Methodenstandard für die Treibhausgasbilanzierung. Denn Treibhausgas ist nicht nur Kohlendioxid (CO2): Methan, Distickstoffmonoxid, Fluorkohlenwasserstoffe, Perfluorcarbone, Stickstofftrifluorid und Schwefelhexafluorid zählen ebenfalls dazu. Nicht jedes der sieben Haupttreibhausgase ist gleichermaßen wirksam. Methan ist zum Beispiel 21-mal so klimaschädlich wie CO2. Um die Emissionen miteinander zu vergleichen, werden daher alle Treibhausgase auf CO2 umgerechnet. Kompensation Nachdem alle Einflussgrößen, sowohl positiv als auch negativ, ermittelt wurden, konnte im Schlussbericht testiert werden, dass die KAG 2021 genau 2.556 Tonnen CO2 ausgestoßen hat. "Damit liegt die KAG bereits weit unterhalb des Durchschnitts vergleichbarer Unternehmen der Industrie", so die erfreuliche Bilanz. Im Kfz-Handel gibt es nach Auskunft der Berater noch keine Vergleichswerte. Zur Einordnung: Im Durchschnitt verursacht ein Mensch in Deutschland pro Jahr in etwa 11,6 Tonnen CO2 durch seine Lebensführung. Die von der KAG verursachten 2.556 Tonnen CO2 zu kompensieren, war laut Geschäftsleitung einer der schwierigsten Punkte bei der Entscheidungsfindung. Eigentlich wollte man Waldaufforstungen als Basis nehmen, doch Fachleute von verschiedenen Institutionen rieten ab, da in vielen Fällen eine Kontrolle fast unmöglich sei. Daher entschied sich das Unternehmen für den Kauf von Zertifikaten von Windkraftanlagen und Solaranlagen, die nach dem Standard der Vereinten Nationen (UN CER) zertifiziert sind. Kosten Um für zwei Jahre Klimaneutralität herzustellen, kaufte die KAG für 2022 und 2023 insgesamt 5.112 Klimaschutzzertifikate, um zwei Mal 2.556 Tonnen CO2 auszugleichen, und unterstützt damit Projekte in China. Die Erklärung dafür: Der Klimawandel ist global, es spielt also keine Rolle, wo CO2 ausgestoßen oder eingespart wird, am Ende ist die Summe der Treibhausgase entscheidend. In Deutschland ist die Reduktion beziehungsweise Kompensation sehr teuer, in Schwellen- und Entwicklungsländern hingegen günstiger. Im völkerrechtlich verbindlichen Kyoto-Protokoll wurde daher festgelegt, dass sogenannte Klimaschutzprojekte, die Treibhausgasemissionen vermeiden oder speichern, dort stattfinden sollen, wo sie am wirtschaftlichsten sind. Dementsprechend gibt es viele Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern, da hier das Potenzial der Einsparungen durch neue Technologien noch sehr hoch ist und diese wesentlich kostengünstiger eingesetzt werden können. Zudem sind dort häufig die Bedingungen für Erneuerbare Energieanlagen (Sonne, Wind, Wasser und Biomasse) deutlich vorteilhafter. Im Falle der KAG belief sich die Investition für die Zertifikate auf rund 60.000 Euro. Weitere Maßnahmen Und es soll noch weitergehen, denn die Familie Härterich will mit gutem Beispiel vorangehen. "Vor allem die Industrieländer müssen in Bezug auf Klimaschutz und Erderwärmung eine Vorreiterrolle spielen", sind sie überzeugt. Die nächste Maßnahme ist, dass die KAG keine Rechner mehr braucht, da für die derzeit rund 380 Computer die Rechnerleistung ausgelagert wird. Dann wird an den einzelnen Arbeitsplätzen nur noch ein Zugangsterminal (NUC) benötigt. Somit entfällt in Zukunft auch einiges an Elektronikschrott. Ganz nebenbei sorgt die Maßnahme auch für mehr Cybersicherheit, da die Daten gespiegelt werden und damit versichert sind. Auch im Kerngeschäft will die Gruppe weiterhin überdurchschnittlich aktiv bleiben und hat vorausschauend sehr viel Geld in intelligente Lademöglichkeiten investiert. Beim Verkauf von Elektroautos liegt die KAG schon jetzt weit über dem Bundesdurchschnitt. Und: "Wir verstehen uns als Mobilitätsanbieter." Die Überzeugung: "Wir müssen uns gar nicht so stark einschränken. Es muss Sinn machen." Kurzfassung Bei der KAG steht Nachhaltigkeit im Vordergrund. Dafür arbeitet das Unternehmen am Ausbau der Photovoltaik ebenso wie an Energiesparmaßnahmen. Um Klimaneutralität zu erreichen, musste die Gruppe jetzt erst ihren CO2-Fußabdruck ermitteln und dann mit der Unterstützung von Klimaschutzprojekten ausgleichen.

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