Marktprognose 2020: Düstere Aussichten

Das Corona-Virus hat das öffentliche Leben und die Wirtschaft großflächig zum Stillstand gebracht. Der stationäre Autohandel ist in der Zeit des Shutdowns sogar vollständig zum Erliegen gekommen. Auch die Zulassungsstellen waren geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet. Das hat nicht nur den aktuellen Verkauf von Fahrzeugen getroffen, sondern auch die Auslieferung von bereits bestellten Fahrzeugen beeinträchtigt. Das spiegelt sich in den Zulassungszahlen überdeutlich wider: Infolge des Shutdowns sind die Neuzulassungen bei Pkw im März drastisch eingebrochen. Lediglich 215.119 Pkw wurden zugelassen - das sind 37,7 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Im April sieht es mit voraussichtlich 145.000 Neuzulassungen sogar noch schlechter aus (Stand: 20. April, Anm. d. Red.). Damit ist das Frühjahrsgeschäft der Händler zunichte. Als Resultat steigen die Lagerbestände deutlich an. Gleichzeitig sind die Bestellungen zurückgegangen, was auf eine schwächere Neuzulassungsentwicklung in den kommenden Monaten schließen lässt. Mit der Lockerung des Shutdowns und der Wiederherstellung des öffentlichen Lebens werden die Neuzulassungszahlen natürlich wieder steigen. Größere Aufholeffekte wird es aber vorerst nicht geben. Zu groß ist derzeit die Verunsicherung bei Unternehmen und Verbrauchern bezüglich ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung, wie ein Blick auf den Ifo Geschäftsklimaindex und den GFK Konsumklimaindex verrät. Diese Verunsicherung wird nur langsam abklingen. Rezession in Deutschland Das ist verständlich. Denn trotz der vielen geld- und fiskalpolitischen Hilfsmaßnahmen wird die Wirtschaftsleistung 2020 deutlich zurückgehen und folglich auch den Automobilmarkt stark negativ beeinflussen. Insgesamt sinkt das Brutto-Inlandsprodukt um voraussichtlich 4,2 Prozent. Das ist das erste negative Wachstum seit der Finanzkrise 2009. Die exportorientierte deutsche Wirtschaft wird durch die Unterbrechung internationaler Lieferketten sowie die Konsumzurückhaltung auf wichtigen Exportmärkten schwer getroffen. Auch der private Verbrauch im Inland, der in den vergangenen Jahren bisher immer eine Stütze der Konjunktur gewesen ist, bricht 2020 ein. Obwohl sich die Bundesregierung über Kurzarbeit und die Flexibilisierung der Arbeit mit aller Kraft bemüht, Entlassungen zu verhindern, wird es in diesem Jahr unweigerlich zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und zu einem Rückgang der Zahl der Erwerbstätigen kommen. Die Unternehmen werden angesichts der Unsicherheit und schwacher Gewinne im laufenden Jahr deutlich weniger neue Maschinen, Geräte und Fahrzeuge anschaffen und sich auf die notwendigsten Ersatzinvestitionen beschränken. Die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte werden im laufenden Jahr erstmals seit der Rezession 2009 sinken, insgesamt um minus 0,9 Prozent. Dabei werden sowohl die Lohn- und Gehaltssummen als auch die Einkommen aus selbständiger Arbeit sowie die Vermögen zurückgehen. Als Stütze für die Kaufkraft der privaten Haushalte erweist sich im laufenden Jahr die niedrige Inflation, die vor allem aus dem starken Verfall der Rohölpreise resultiert. Die Folgen für den Automarkt Die daraus resultierenden niedrigen Kraftstoffpreise sind auch für den Automobilmarkt positiv. Durch die eingangs geschilderten hohen Rückgänge bei den Neuzulassungen und die negativen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die auch in den kommenden Monaten ein niedriges Neuzulassungsniveau erwarten lassen, sind aber dennoch starke Verkaufsfördermaßnahmen zu erwarten. Die Lagerbestände im Handel sind derzeit im Schnitt hoch. Der Verkauf von Vorführwagen und Lagerfahrzeugen über Tageszulassungen wird deshalb in den kommenden Wochen und Monaten zunehmen. Allerdings ist der Markt für junge Gebrauchte nicht so aufnahmefähig wie in den letzten Jahren. Denn die schwache Nachfrage nach Pkw betrifft natürlich auch den Gebrauchtwagenmarkt. Darüber hinaus gibt es viele junge Gebrauchte, die im letzten Jahr nicht verkauft werden konnten und nun ebenfalls auf den Markt drängen. Insgesamt werden in diesem Jahr aufgrund der Corona-Krise und den damit verbundenen schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Pkw-Neuzulassungen um 19,6 Prozent auf 2,9 Millionen Pkw zurückgehen. Dabei wird der Privatmarkt um 22,8 Prozent einbrechen. Denn die rückläufigen Einkommen und der sich verschlechternde Arbeitsmarkt senken massiv die Kaufbereitschaft der Verbraucher. Auch die Unternehmen werden ihre Investitionen kürzen und nur die notwendigsten Ersatzinvestitionen vornehmen. Die Flottenzulassungen werden deshalb deutlich um 25,4 Prozent zurückgehen. Auch die Fahrzeugvermieter werden ihre Käufe stark einschränken, da die Reisetätigkeit wohl längerfristig eingeschränkt bleiben wird. Hier ist deshalb ein Minus von 26,9 Prozent zu erwarten. Weniger stark rückläufig hingegen werden mit minus 7,3 Prozent die taktischen Zulassungen sein. Der Grund: Der Handel wird wie oben angedeutet über diesen Vertriebskanal versuchen, seine hohen Bestände an Vorführwagen und Lagerfahrzeugen abzusetzen und so den Rückgang im Privatmarkt zu kompensieren. Ausblick auf 2021 Im kommenden Jahr wird es dann nach weitgehend überstandener Corona Pandemie zu einer deutlichen Belebung der Wirtschaft kommen. Bei der zu erwartenden gesamtwirtschaftlichen Expansion ist 2021 mit einer kräftigen Ausweitung der Investitionen der Unternehmen zu rechnen. Die Lage am Arbeitsmarkt wird sich darum wohl wieder entspannen: Die Zahl der Arbeitslosen wird zurückgehen und die Zahl der Erwerbstätigen zunehmen. Auch die Einkommen werden wieder stark wachsen. Neben dem verbesserten wirtschaftlichen Umfeld steigen die Einkommen auch durch die Abschaffung des Solidaritätsbeitrags und die Einführung der Grundrente. Springt die Wirtschaft wieder an, werden aber auch die Kraftstoffpreise wieder merklich anziehen und sich negativ auf die Automobilnachfrage auswirken. Einerseits bedingt durch den Wiederanstieg der Erdölpreise, andererseits durch die mögliche Einführung einer CO2-Steuer. Beides zusammen könnte die Kraftstoffpreise um rund acht Cent für Benzin und um etwa neun Cent für Diesel verteuern. Unter dem Strich werden die verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen dazu führen, dass die in diesem Jahr nicht getätigten Käufe teilweise nachgeholt werden. Insgesamt ist im nächsten Jahr mit einem Anstieg der Pkw-Neuzulassungen auf 3,45 Mio. Pkw zu rechnen. Eine noch ausführlichere Marktprognose von Detlef Borscheid zum Download finden Sie auf next.autohaus.de/studies. Über den Autor Detlef Borscheid ist seit 40 Jahren in der Automobilbranche tätig. Er berät die Automobilindustrie bei Vertriebsplanung, Händlernetz und Aftersales.Die Neuzulassungsprognose beruht auf Zeitreihenverfahren und ökonometrischen Modellen unter Berücksichtigung aller Faktoren, die den Automobilmarkt beeinflussen wie etwa Einkommen, Kraftstoffpreisen oder Umweltprämie.

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