Ausgabe 21/2012: Doppelt hält nicht besser

Doppelt hält nicht besserOnlinehandel – Fahrzeugbeschreibungen in Onlinebörsen oder auf Auktionsplattformen sind bindend und können nachträglich im Kaufvertrag nur schwer eingegrenzt werden. Autohaus-Juristen Rechtsanwälte G. haug & PartnerFahrzeugbeschreibungen auf einer Internet-Plattform spielen eine wichtige Rolle, wenn es um den Vertragsinhalt und dessen Auslegung geht. So hat der BGH bereits vor mehr als fünf Jahren klargestellt, dass derartige Verlautbarungen als Beschaffenheitsvereinbarung angesehen werden können. Dies gilt jedenfalls bei sogenannten Internetauktionen nach Maßgabe der Versteigerungsbedingungen. Hierbei handelt es sich allerdings um keine Versteigerung im Rechtssinne bzw. des § 156 BGB, weil der Vertrag ohne Zuschlag durch das Höchstgebot des Bieters am Ende der Bietzeit zustande kommt.Von daher liegt es auf der Hand, dass die dortigen Fahrzeuginformationen zum Vertragsinhalt gehören. Nicht selten kommt es allerdings vor, dass im Anschluss zusätzlich ein schriftlicher Kaufvertrag mit abgeänderten Fahrzeugbeschreibungen unterzeichnet wird. Mit einem solchen Fall hat sich das OLG Schleswig in seinem Urteil vom 15. 3. 2012, abgedruckt in DAR 2012, S. 581 ff., beschäftigt.GarantiezusageAuf der Internet-Plattform Ebay ersteigerte der Kläger einen Jahreswagen mit den Angaben „unfallfrei“ und „Garantie“. Bei der Fahrzeugübergabe stellte sich heraus, dass es sich um ein Importfahrzeug handelte. Gleichwohl unterzeichneten die Parteien ein Vertragsformular für den privaten Verkauf von Gebrauchtwagen unter Ausschluss der Sachmängelhaftung, bei dem zur Unfallfreiheit „nicht bekannt“ angekreuzt war. Nachdem bereits bei der Heimfahrt erste Probleme mit dem Fahrzeug auftraten, stellten sich bei der vom Kläger daraufhin veranlassten Ge-brauchtwagen-Untersuchung Unfallschäden heraus und zudem bestand keine Herstellergarantie. Der Kläger erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag und machte seinen Anspruch auf Rückabwicklung klageweise geltend.In erster Instanz hatte er damit keinen Erfolg, weil die in Frage stehenden Gewährleistungsansprüche nach Auffassung des Landgerichts wirksam ausgeschlossen wurden und dem Beklagten ein arglistiges Verschweigen der Unfallschäden nicht nachgewiesen werden konnte. Dieser habe auch keine Beschaffenheitsgarantie abgegeben und zudem mangelte es insoweit an einer für den Rücktritt erforderlichen Nachfristsetzung.BeschaffenheitsvereinbarungDas OLG Schleswig ist dem nicht gefolgt und hat der Rückabwicklungsklage vollumfänglich stattgegeben. Insbesondere sei das Fahrzeug mangelhaft i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil es an einer Herstellergarantie und damit an der vereinbarten Beschaffenheit fehlt. Der Begriff der Beschaffenheit erfasst – soweit zusicherungsfähig – jede Eigenschaft und jeden einer Sache anhaftenden tatsächlichen, wirtschaftlichen oder rechtlichen Umstand. Nachdem er nicht auf physische Merkmale beschränkt ist, gehört auch das Bestehen einer Herstellergarantie zur Beschaffenheit, wenn sich diese aus einer verbindlichen Beschreibung der Sache ergibt und damit vom Vertragsinhalt erfasst wird. Vorliegend sei dies mit Blick auf die Internetofferte der Fall, weil der Kaufgegenstand dort umfänglich beschrieben und damit zur Grundlage der beiderseitigen auf einen Vertragsschluss über Ebay gerichteten Erklärungen geworden ist. Die Formulierung „Garantie“ kann sich beim Kauf eines Jahreswagens mit ca. 25.000 km Laufleistung von privat mangels anderweitiger Zusätze nur auf eine noch laufende Herstellergarantie beziehen. Gebrauchtwagengarantien wie beim gewerblichen Kfz-Handel liegen dem gegenüber beim Privatkauf außerhalb des Erwartungshorizonts der beteiligten Verkehrskreise.Dass in dem nachfolgend geschlossenen schriftlichen Kaufvertrag keine Garantie enthalten ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieser spätere Vertragsschluss den vorhergehenden Ebay-Vertrag vollumfänglich ersetzt oder nicht. Der Verkäufer wäre auch in diesem Fall an seinen fortgeltenden früheren Angaben als für den späteren Vertragsschluss maßgebend festzuhalten, solange er nicht für den Vertragspartner unmissverständlich deutlich macht, dass und von welchen Beschaffenheitsangaben aus der Fahrzeugbeschreibungen er abrücken will. Hierfür genügt der bloße Hinweis auf die Importeigenschaft des Fahrzeugs – jedenfalls gegenüber einem Privatkunden – nicht. Dieser Mangel ist bei einem Jahreswagen mit Blick auf den während der Restlaufzeit gegebenenfalls eintretenden Reparaturbedarf auch erheblich.GewährleistungsausschlussEntgegen dem erstinstanzlichen Urteil bedurfte es vorliegend auch keiner Fristsetzung vor dem Rücktritt, weil die bei dem Fahrzeug nicht vorhandene Herstellergarantie nicht nachträglich herbeigeführt werden konnte. Ebenso schied die Ersatzlieferung eines anderen Fahrzeugs aus, weil jedenfalls beim Privatverkauf nach erfolgter Besichtigung die Leistungspflicht auf das streitgegenständliche Fahrzeug konkretisiert war. Von daher war eine Fristsetzung als bloße Förmlichkeit entbehrlich. Schließlich kann sich der Verkäufer auch nicht auf den wirksam vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Wenn – wie hier – eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache und ein pauschaler Ausschluss der Sachmängelhaftung vereinbart wurden, so ist eine interessengerechte Auslegung dahingehend geboten, dass der Haftungsausschluss nur für Mängel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 u. 2 BGB und nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll. ■ Rechtsanwalt Walter SattlerKanzlei@raehaug-partner.dewww.haug-partner.deKurzfassung1. Bei einer Internetversteigerung werden die in der Offerte enthaltenen Fahrzeugbeschreibungen und Garantieangaben auch dann Vertragsbestandteil, wenn im Anschluss noch zusätzlich ein schriftlicher Kaufvertrag unterzeichnet wird, in dem zu den Garantien keine Aussagen getroffen werden.2. Will der Verkäufer von seinen früheren Internetangaben abweichen, so muss er dies ausdrücklich und unmissverständlich klarstellen.3. Eine vertraglich fixierte (Hersteller-) Garantie wird in der Regel als Beschaffenheitsvereinbarung angesehen und ist deshalb nicht von einem pauschalen Gewährleistungsausschluss mit umfasst.< Dass ein Vertragsschluss im Internet seine Tücken haben kann, ist hinlänglich bekannt. Wer es dort als Anbieter mit der Wahrheit nicht genau nimmt, wird oftmals für seine Falschangaben in Haftung genommen. Die nebenstehend besprochene Entscheidung macht deutlich, dass man bei der Erstellung seiner Onlineofferten sorgfältig vorgehen muss, damit einem diese nicht später vorgehalten werden. Dies gilt nebenbei bemerkt auch bei Verlautbarungen in den gängigen Onlinebörsen, wo der Vertrag im Regelfall nicht per Klick, sondern im herkömmlichen Sinne vor Ort geschlossen wird. Dabei ist insbesondere an § 434 Abs. 1. S. 3 BGB zu denken, wonach zur Beschaffenheit auch Eigenschaften gehören, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder Herstellers in der Werbung erwarten kann. Will der Verkäufer derartige Angaben nicht gegen sich gelten lassen, so muss er sie spätestens bei Vertragsschluss klar und erkennbar widerrufen. Unabhängig davon können falsche Internetangaben einen Schadenersatzanspruch wegen Verschulden bei Vertragsverhandlungen nach § 311 Abs. 2 BGB auslösen. Dies gilt z. B. für vergeblich aufgewendete Reisekosten zum Anbieter, wenn sich dort herausstellt, dass sich der Wagen entgegen der Internetofferte nicht in einem „sehr guten Zustand“ befindet und der Interessent deshalb von einem Kauf Abstand nimmt. >

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