"Ford liive"-Center: Datengetriebene Serviceprozesse

AH: Herr Pilger, Sie sind mit dem Kölner "Ford Liive"-Center im Januar in Deutschland gestartet, um die 233 Ford-Transit-Center in Deutschland im Aftersales-Geschäft zu unterstützen. Was macht das 30-köpfige Team konkret? J. Pilger: Basierend auf unserem Versprechen, die Kunden bei der Produktivitätssteigerung ihres Unternehmens zu unterstützen, vernetzen unsere Spezialisten im Ford Liive-Center das Ford Know-how und die Daten der Kundenfahrzeuge mit unseren Ford-Partnern - so können die erforderlichen Teile beziehungsweise Reparaturanweisungen sowie die technische Unterstützung proaktiv dem Ford-Händler angeboten werden, um die Kundenfahrzeuge schnellstmöglich wieder zurück auf die Straße zu bringen. Damit heben wir unsere Servicequalität auf eine neue Ebene. Jeder der Ford Liive-Center-Spezialisten betreut im Schnitt rund zehn Ford-Händlerbetriebe mit durchschnittlich 15 bis 30 Fällen. Die Ford Liive-Center-Spezialisten stützen sich dabei auf unterschiedliche Daten - so zum Beispiel auf Fahrzeug-Zustandsdaten, die per bordeigenem Fahrzeug-Modem in Echtzeit an die Händlerbetriebe und an Ford übertragen werden, und auf Reparatur-Statusdaten, die die Ford-Händlerbetriebe übermitteln, sowie auf Daten aus dem Pannenhilfe-Netzwerk von Ford. AH: Warum wurde das Programm jetzt installiert? J. Pilger: Weil wir mit Ford Pro einen neuen Rahmen geschaffen haben, der auch die Vernetzung der Fahrzeuge einschließt. Erst das ermöglicht es uns, praktisch in Echtzeit und auf Basis dieser Fahrzeugdaten proaktiv tätig zu werden. Dank der Einbindung unserer Händler in diese Datenbasis können wir jetzt vollumfänglich und sehr zeitnah den Reparaturprozess sowie die Teile-Bereitstellung unterstützen. AH: Werk und Handel sind jetzt quasi stärker zusammengerückt. Was waren die Voraussetzungen dafür? J. Pilger: Die Installation von Schnittstellen in die Systeme unserer Händler sowie die Aktivierung der Fahrzeugmodems in Verbindung mit der Nutzung von Ford Telematics-Lösungen auf Kundenseite. Fahrzeugdaten AH: Ihre Spezialisten stützen sich in erster Linie auf Fahrzeugdaten. In welcher Form greift Ford auf die Daten zu? J. Pilger: Die Zustandsdaten des Kundenfahrzeugs werden per fahrzeugeigenem Ford Pass Connect-Modem in Echtzeit übermittelt und sind durch den Ford-Händlerbetrieb im Servicefall abrufbar. Diese Zustandsdaten werden allerdings nur dann übertragen, wenn der Kunde das bordeigene Modem aktiviert oder wenn das Modem auf Kundenwunsch aktiviert wird. Der Zugriff auf die Fahrzeug-Zustandsdaten durch die Händler-Betriebe erfolgt alleine zu dem Zweck, anstehende Wartungen und Reparaturen zu planen und Ersatzteile zu beschaffen, bevor das Kundenfahrzeug in der Werkstatt eintrifft. AH: Wie viele Kunden nutzen das "Ford Pass Connect"-Modem bereits? J. Pilger: Über 50.000. AH: Wie wollen Sie eine möglichst große Akzeptanz erreichen? J. Pilger: Durch die praktische Erfahrung unserer Kunden und auch Händler, dass das Ford Pro-Eco-System als komplette Infrastruktur einen enormen Mehrwert darstellt. AH: Inwieweit können Sie mit Ihren Spezialisten auch präventiv tätig sein, etwa um Motorschäden zu vermeiden? J. Pilger: Das geht tatsächlich auf Basis verschiedener Warnsignale. Überschrittene Wartungsintervalle, nachlassende Ölqualität, sinkender Ölstand sind beispielsweise Daten, mit denen die Spezialisten jetzt arbeiten können, falls das Fahrzeug vernetzt ist. Dies alles wird über das Ford Telematics-System auch unseren Flottenkunden ermöglicht. AH: In Ihrer Kommandozentrale fällt vor allem die neun mal zwei Meter große Power Wall auf. Welchen Zweck hat diese eindrucksvolle LED-Präsentationsfläche? J. Pilger: Sie ist die Kommandozentrale des Ford Liive-Centers, denn dort kommen alle Informationen zusammen, die für die Sicherstellung einer möglichst hohen Einsatzbereitschaft der Kundenfahrzeuge relevant sind. Die Spezialisten des Ford Liive-Centers können anhand der von den Ford Transit-Centern übermittelten Statusdaten zum Beispiel den Reparatur-Fortschritt jedes einzelnen Fahrzeugs verfolgen und wissen auch, ob dieses Fahrzeug wiederholt in der Werkstatt ist. Darüber hinaus bieten die Spezialisten des Ford Liive-Centers den Ford-Händlern kompetente Unterstützung im Sinne der Betriebszeitoptimierung der Kundenfahrzeuge. Für die Kunden bedeutet dies deutlich verkürzte Werkstatt-Standzeiten ihrer Fahrzeuge und damit eine höhere Produktivität, da das betreffende Fahrzeug schnellstmöglich wieder einsatzbereit ist. AH: Wie wird die Unterstützung von "Ford Liive" vom Handel angenommen? J. Pilger: Zunehmend positiv. Denn das hilft ganz klar auch unserem Handel in Zusammenarbeit mit ihren Flottenkunden. AH: Ist das mit Kosten verbunden? J. Pilger: Nein. AH: Gibt es bereits Benchmarks, zum Beispiel, um wie viel schneller durch den Liive-Center Kundenfahrzeuge wieder auf die Straßen kommen? J. Pilger: Fakt ist: Nur einsatzbereite Nutzfahrzeuge sind produktiv. So konnten, bezogen auf die Nutzfahrzeuge der Ford-Kunden, dank Ford Liive allein im vergangenen Jahr europaweit 301.000 Tage an service- und wartungsbedingter Stand- und damit Ausfallzeit vermieden werden. Dies entspricht einem Gegenwert von 138 Millionen Euro. Das ist insofern von besonderer Relevanz, als die service- oder reparaturbedingten Ausfallzeiten nach den Kraftstoff- und den Abschreibungskosten der drittgrößte Kostenfaktor für Flottenbetreiber sind. "Ford Pro" Eco-System AH: "Ford Liive" ist Bestandteil von "Ford Pro". Was gehört zu diesem Programm? J. Pilger: Ford Pro - das Pro steht übrigens für Produktivität - ist der Name einer 2021 unter dem Dach der Ford Motor Company gegründeten Fahrzeugdienstleistungs- und Vertriebseinheit, die weltweit agiert. Ford Pro ist zugleich auch der Sammelbegriff - das "Eco-System" - für ein modernes, ganzheitliches Vertriebs- und Servicekonzept aus einer Hand, das sich an Gewerbekunden aller Branchen und Größen richtet und bereits mit der Auslieferung des Ford-Nutzfahrzeuges an den Kunden beginnt. Zu diesem Eco-System gehören fünf miteinander verzahnte Kernbereiche: Ford Pro Vehicles, Ford Pro Service - hier ist auch das FordLiive-Center angesiedelt, Ford Pro Charging, Ford Pro Software und Ford Pro Financing. AH: Kann man sich vorstellen, dass man künftig verstärkt Ford-Kundenfahrzeuge mit diesem System "überwacht"? J. Pilger: Nein. Ford Pro ist kein Überwachungssystem und wird auch keins. Vorrangiges Ziel von Ford Pro ist es, die Gewerbekunden in ihren jeweiligen Geschäftsfeldern zu unterstützen und die Produktivität ihrer Geschäftstätigkeiten zu steigern. Mobiler Service AH: Ford Pro hat inzwischen auch einen mobilen Service mit 88 Fahrzeugen (Stand März 2023) installiert. An wen richtet sich das Angebot? AH: Wie ist dieser Service organisiert? J. Pilger: Der Flottenkunde, der seinen größeren Fuhrpark bundesweit einsetzt, muss wegen eines Servicetermins nicht mehr in den unterschiedlichen Einsatzgebieten seiner Fahrzeuge unterschiedliche Service-Werkstätten kontaktieren. Er wendet sich einfach an den "Single Point of Contact", also zentral an das Ford Liive Fleet Care-Kundenzentrum in Köln, das über die Telefonnummer 0221-9039789 oder die E-Mail-Adresse fcare@ford.com erreichbar ist. Dieses Kundenzentrum kümmert sich in Abstimmung mit dem Kunden um die Terminplanung und vermittelt auch die entsprechende Ford Service-Werkstatt beziehungsweise den Einsatz der Servicefahrzeuge. Die Vorteile für die Ford-Gewerbekunden: kurzfristige Werkstatt-Termine, wann und wo auch immer sie benötigt werden, so dass die Ausfallzeiten der Fahrzeuge minimiert werden. Repariert und gewartet wird dann beim Kunden vor Ort, also zum Beispiel auf seinem Betriebshof. AH: Welche Kosten hat der Handel? J. Pilger: Der Handel muss sich Ford Transit-Service-Fahrzeuge beschaffen und entsprechend den Ford-Vorgaben ausrüsten. AH: Wie viel Prozent der Leistungen einer Ford-Werkstatt können mit den "Serviceambulanzen" abgedeckt werden? J. Pilger: Die Werkstatt-Crews können mit ihren Service-Fahrzeugen vor Ort beim Kunden bis zu 70 Prozent der Leistungen einer stationären Ford Service-Werkstatt erledigen: von Software-Updates, über Inspektions- und Wartungsarbeiten bis hin zu Verschleißreparaturen. Ergänzend sind bundesweit rund 500 "Ford Liive Fleet Care"-Servicestützpunkte in Betrieb, die gezielt großen Flottenkunden Service, Wartung und Reparaturen für ihre Nutzfahrzeuge anbieten. AH: Welche Services werden derzeit am stärksten abgerufen? J. Pilger: Das sind Wartungen sowie Verschleißreparaturen. AH: Vielen Dank für das Gespräch! PROBLEME IM HANDEL: Ford schickt auf Wunsch mobile Werkstatttrupps zu Fuhrparkbetreibern, um ihnen unter anderem Zeit und Aufwand zu ersparen. Bis März soll der Handel 88 mobile Serviceteams im Einsatz haben. Das ist in Deutschland sicher eine Innovation. In AUTOHAUS 6/2020 haben wir mit RepairSmith ein ähnliches Konzept für private Kunden in Kalifornien vorgestellt, dass von Mercedes-Benz betrieben wird. Ford hat den mobilen Service bei Pilothändlern ausgetestet. Die Erfahrungen sind allerdings nicht nur positiv. So berichtete ein Händler, dass während der Pilotphase kein Geld verdient wurde. Es konnten auch die geforderten Arbeiten teilweise nicht durchgeführt werden. Das betrifft beispielsweise die Bremsen. Aus unterschiedlichen Gründen konnten bei bestimmten Kunden auch keine Wartungen und Reparaturen durchgeführt werden. Die Vermittlung von neuen Kunden hätte auch nicht so funktioniert, wie angekündigt, berichtete der Händler. AUTOHAUS bleibt am Thema dran. Wie der Mobile Service von Ford beim Pilot-Händler Auto Eder in Kolbermoor funktioniert, lesen Sie bei AUTOHAUS.de!

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