Die Diesel-Thematik und ihre Folgen haben auch den diesjährigen Deutschen Autorechtstag beschäftigt. Rechtsanwalt Kurt Reinking, einer der Leiter der renommierten Bildungsveranstaltung, schloss sich dem öffentlichen Abgesang auf den Selbstzünder nicht an. "Insbesondere ist das Elektroauto nicht nur wegen der überraschend schlechten Ökobilanz allenfalls eine Übergangslösung", sagte Reinking Ende vergangener Woche in Königswinter. Der Umstieg auf Wasserstoffautos könne aus seiner Sicht zukunftsträchtiger sein.
Als ein Gastreferent trat in diesem Jahr Philip Schulte, Mitglied der Geschäftsführung des Katalysator-Herstellers HJS, auf. Er präsentierte den 130 Teilnehmern alternative Technologien, um Schadstoffemissionen in den Städten zu reduzieren. Neben den Nachrüstungsmöglichkeiten beim Dieselkat legte Schulte einen "Masterplan" für die Kommunen zur Vermeidung von Fahrverboten vor. "Den sauberen Diesel gibt es schon heute", betonte er.
In diesem Zusammenhang lieferte ADAC-Generalsyndikus Christian Reinicke der versammelten Anwaltschaft eine profunde Analyse der bisherigen Spruchpraxis. Dabei ging er unter anderem auch auf die Frage der generellen Zulässigkeit von Fahrverboten unter Berücksichtigung der jüngst ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig ein.
Die elfte Ausgabe des Deutschen Autorechtstags fand am vergangenen Donnerstag und Freitag statt. Veranstalter waren wieder der ADAC sowie die Branchenverbände BVfK und ZDK. Unter Leitung von Prof. Ansgar Staudinger, Kurt Reinking und Wolfgang Ball, Vorsitzender Richter am BGH a.D., wurden nicht nur rechtswissenschaftlicher Themen vertieft, sondern auch die Schadensregulierung bzw. das Verkehrsstraf- und Versicherungsrecht in der Praxis erörtert. Einen weiteren Schwerpunkt bildete das autonome Fahren. Der 12. Deutsche Autorechtstag ist für den 14. und 15. März 2019 geplant. (AH)
Die Highlights 2018 in der Zusammenfassung:
=> Marcus Gülpen, Fachanwalt für Verkehrsrecht, bot einen rechtlichen Überblick zu erstattungsfähigen Positionen des Geschädigten nach Verkehrsunfällen und versorgte die Teilnehmer mit nützlichen Urteile, die der naturgemäß zurückhaltenden Regulierungspraxis der Haftpflichtversicherer entgegen gehalten werden können.
=> Matthias Quarch, Vorsitzender Richter am LG Aachen, kommentierte Neuregelungen im Verkehrsstrafrecht. Aus aktuellem Anlass legte er das Hauptaugenmerk auf die kürzlich vom Bundesgerichtshof entschiedenen "Raserfälle". Dabei wurde deutlich, dass der BGH in solchen Fällen eine Bewährungsstrafe für unzureichend hält. Mit dem neu eingeführten § 315d StGB seien nunmehr sogar längere Haftstrafen zu erwarten.
=> Prof. Dr. Ansgar Staudinger informierte die anwesenden Unternehmervertreter mit einem bislang unbekannten EuGH-Urteil zur Verjährungsfrist von Gewährleistungsansprüchen. Hiernach genüge es auch bei gebrauchten Sachen, dass ein Mangel innerhalb der regelmäßig auf ein Jahr verkürzten Haftungsfrist auftrete. Eine spätere Anzeige beim Verkäufer sei unschädlich. "Die im Handel verbreiteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssten infolgedessen angepasst werden", sagte Staudinger.
=> Rechtsanwalt Herbert Zahn zeigte auf, dass der Kilometerleasingvertrag den Verbraucherkreditverträgen mit entsprechenden Informationspflichten unterstellt wird, obwohl der Leasinggeber in dieser Variante nicht den typischen Anspruch auf Vollamortisation hat.
=> Informationspflichten waren auch der Aufhänger von Prof. Frank Weiler. Er betonte die Aufklärungspflicht des Verkäufers über wesentliche und kaufentscheidende Merkmale des Fahrzeugs. Neuwagenhändler müssten zudem Angaben zu Verbrauchs- und Emissionswerten machen, um der latent drohenden Abmahngefahr zu begegnen.
=> ZDK-Rechtsexperte Patrick Kaiser gab einen Ausblick auf die Vorschriften der ab dem 25. Mai 2018 anzuwendenden Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Aufgrund der zahlreichen Problemfelder und Haftungsfallen lag der Schwerpunkt seines Vortrags auf der praktischen Umsetzung dieser komplexen Materie.
=> Die Rechtsprechungsänderung der Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf beleuchtete Wolfgang Ball. In diesem Zusammenhang bewertete er die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung des Artikels 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie kritisch und zeigte mögliche Folgen für den Kfz-Handel auf.
=> Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wurden die unterschiedlichen Standpunkte zur genannten Rechtsprechung deutlich. ADAC-Jurist Klaus Heimgärtner begrüßte die Entscheidung: "Beweisschwierigkeiten für den Verbraucher gehören der Vergangenheit an." Dagegen schimpfte Christoph Eggert, Vorsitzender Richter am OLG Düsseldorf: Eine Beweislastumkehr bei gebrauchten Sachen sei "der größte Schwachsinn", der ihm in 50 Jahren Rechtswissenschaft begegnet sei. Folge dieser Verschiebung zugunsten des Verbrauchers sei auch, dass Kfz-Händler wegen der großen Gewährleistungsrisiken keine preiswerten Fahrzeuge mehr für finanzschwächere Gruppen wie Studenten anbieten könnten, sagte Ass. jur. Moritz Groß, BVfK. Zudem müssten Händler wieder verstärkt Agenturgeschäfte in Erwägung ziehen, gab Rechtsanwalt Ulrich Dilchert, ZDK, zu bedenken.
=> Thomas Offenloch, Richter beim VI. Zivilsenat, gab einen Einblick in die dortige Spruchpraxis bei verkehrsrechtlichen Delikten. Anschaulich wurden nicht nur die Grundsätze des Anscheinsbeweises bei Auffahrunfällen erklärt, sondern gemeinsam mit den Teilnehmern auch Fragen zum Mitverschulden oder zu Schockschäden diskutiert.
=> Prof. Michael Jaensch, HTW Berlin, berichtete von einschlägigen Urteilen des VIII. Zivilsenats aus dem vergangenen Jahr. Neben einer Entscheidung zum Spannungsfeld Beschaffenheitsvereinbarung und gleichzeitiger Haftungsausschluss hob er insbesondere ein Urteil zur nunmehr gesetzlich festgelegten Transportkostenvorschusspflicht des Verkäufers nach einer Mängelrüge hervor. Dem Verkäufer könnte eine Verweigerung der Nacherfüllung vorgeworfen werden, wenn er dem Vorschussverlangen des Kunden nicht nachkäme.
=> Prof. Paul Schrader referierte zum Thema Haftungsfragen bei automatisierten Fahrzeugen. Dabei ging es um die Neuerungen im StVG und die diesbezüglichen Auswirkungen auf die Haftung des Herstellers im Zuge der Fahrzeugautomatisierung. Der Experte resümierte, dass es wegen der fehlenden Vorschriften zur Produkt- und Produzentenhaftung in der aktuellen Fassung des StVG künftig zur Vermeidung der Haftung des Herstellers nicht ausreichend sein dürfte, die neu geregelten straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen an Fahrzeuge mit hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen zu erfüllen.