Das eigene Auto anderen zur Verfügung stellen oder eine Strecke mit weiteren Fahrgästen gemeinsam zurücklegen - laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom stoßen solche Konzepte angesichts des wachsenden Verkehrs in den Städten bei Bürgern auf großes Interesse. Demnach sehen 90 Prozent der Menschen in Deutschland Vorteile in Konzepten wie Car-Sharing oder Ride-Sharing.
Damit sich solche Angebote breiter etablieren, müssten aber auch rechtlich die Weichen gestellt werden, forderte der Verband. In Berlin diskutierte der Bitkom mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft am Dienstag über die nötigen Schritte.
"Wenn wir die Grenzwerte in den Städten unterschreiten wollen, brauchen wir ein neues und digitales Mobilitätsmanagement", sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). "Wir brauchen nicht weniger, sondern besser organisierte Mobilität", die effizienter und sauberer sei. Aktuell gebe es für den Schritt vom analogen ins digitale Zeitalter die "einmalige Situation der vollen Kassen". In den Ausbau der Infrastruktur und in die Entwicklung neuer Konzepte will Scheuer in diesem Jahr 17 Milliarden Euro investieren.
Neue Mobilitätskonzepte hätten das Potenzial, unsere Gesellschaft komplett zu verändern und massiv zu verbessern, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg. Mobilität müsse individuell sein, doch es gehe auch darum, wie man bruchlos zwischen den verschiedenen Angeboten wechseln könne.
Gesetzeslage muss angepasst werden
Neuen Ideen stünden aber oft jahrzehntealte, innovationsfeindliche Regelungen entgegen, kritisierte Berg. Es bedürfe einer dringenden Modernisierung etwa des Personenbeförderungsgesetzes. Zum Beispiel durch die Abschaffung der Rückkehrpflicht für Mietwagen mit Chauffeur könnten unökologische Leerfahrten vermieden werden. Die aktuellen Regelungen sehen vor, dass solche Fahrzeuge erst zu ihrem Standort zurückfahren müssen, bevor sie einen neuen Auftrag annehmen dürfen.
Diese Regelung soll vor allem verhindern, dass neue Anbieter mit der traditionellen Taxi-Branche direkt konkurrieren. Eine völlige Liberalisierung werde allerdings auch nicht die erhofften Folgen haben, sagte Stefan Gelbhaar von der Grünen-Bundestagsfraktion. Car- und Ride-Sharing-Angebote müssten dafür den Verkehr sinnvoll ergänzen. Und die Angebote - im öffentlichen Nahverkehr wie bei den ergänzenden Konzepten - müssten vor allem einfach zu nutzen sein.
In den USA habe das Wachstum von Sharing-Angeboten in manchen Städten sogar zu zusätzlichen Staus geführt, weil mehr Autos auf der Straße gekommen seien, sagte Michael Barrilère-Scholz von der Firma Ioki. Das Start-up bietet in Hamburg in Kooperation mit dem öffentlichen Nahverkehr einen Shuttle-Service in Randgebieten der Stadt an. Wichtig sei es, dass entsprechende Dienste eng mit existierenden öffentlichen Angeboten verzahnt werden.
Dass neue Mobilitätsangebote allein nicht automatisch die Straßen entlasten, darüber waren sich die Vertreter einig. Dafür brauche es etwa auch eine Qualitätsoffensive des öffentlichen Nahverkehrs, sagte Marion Jungblut vom Verbraucherzentrale Bundesverband VZBV. Die Angebote müssten Hand in Hand gehen mit der städtischen Verkehrslenkung, sagte auch Michael Fischer von der Volkswagen-Firma Moia, die etwa in Hannover ein Ride-Sharing-Angebot betreibt. Dies fehle aber bislang weitgehend. (dpa)