Kurze Wege: Bisher kommen viele Batteriezellen für deutsche E-Autos mit dem Schiff aus China - jetzt liefert der chinesische Batterie-Riese CATL seine Akkus auch aus der Mitte Deutschlands. Im thüringischen Arnstadt hat CATL am Donnerstag seine erste Fabrik in Europa für jährlich bis zu 30 Millionen Batteriezellen in Betrieb genommen. Der chinesische Konzern gilt als einer der größten Zellproduzenten weltweit. Mit der Fabrik preschte er in Deutschland bei der Produktion einer der wichtigsten Komponente für Elektrofahrzeuge vor. Die deutschen Automobilhersteller haben auch Batterie-Großprojekte und planen Milliardeninvestitionen, sie sind aber noch weit von der Inbetriebnahme entfernt.
Giga-Fabrik in Thüringen
"Hier haben wir eine Gigafactory, wie sie in ganz Westeuropa bisher nicht steht", sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Auch Fachleute sprechen von einer Riesenfabrik für Lithium-Ionen-Zellen, die CATL derzeit hochfährt. Bis zu 1,8 Milliarden Euro fließen in das Projekt, sagte CATL-Europapräsident Matthias Zentgraf. "Das wird die erste Großserien-Zellproduktion in Westeuropa." Beliefert werden sollen europäische Autohersteller, beispielsweise BMW ist nach eigenen Angaben Kunde. Aus den Zellen fertigt BMW dann selbst Batterien, zum Beispiel in Dingolfing und München.
Etwa einen halben Kilometer lang ist die mächtige Halle mit Solaranlagen auf dem Dach, in der die erste Fertigungslinie für Zellen steht. Weitere fünf sollen laut Zentgraf in den kommenden Monaten folgen. Allein 400 Fachleute aus China wurden eingeflogen, um das Werk zusammen mit ihren bisher etwa 600 deutschen Kollegen hochzufahren. Im logistisch gut gelegenen Gewerbegebiet Erfurter Kreuz reservierte sich die Contemporary Amperex Technology Ltd. (CATL/Ningde) bereits 2018 rund 70 Hektar. Wegen Corona einige Monate später als geplant fertigte das internationale Team kurz vor Weihnachten 2022 die ersten Zellen unter Serienbedingungen. Mit dem regulären Serienstart rechnet Zentgraf Mitte 2023. Bis Ende des Jahres sollen 1.800 bis 2.000 Jobs entstehen - Personal wird noch reichlich gesucht.
Akkus für Zehntausende E-Autos
Ausgelegt sei das Werk zunächst für eine Kapazität von 14 Gigawattstunden, die voraussichtlich Anfang kommenden Jahres erreicht würden, sagte Zentgraf. So sei eine Jahresproduktion von etwa 30 Millionen Zellen möglich. "Damit lassen sich je nach Größe der Batterien 185.000 bis 350.000 Elektroautos bestücken." Erwartet werde eine Genehmigung für bis zu 24 Gigawattstunden - genutzt werde sie je nach Zellbedarf der Automobilindustrie. Geplant sei ein weiteres Werk in Ungarn.
Und was macht die deutsche Autoindustrie? Volkswagen baut neben Auslandsprojekten seit Sommer 2022 das erste eigene Batteriezellwerk in Deutschland in Salzgitter. Dort entsteht auch ein Zentrum der konzerneigenen Batteriefirma PowerCo. Mercedes-Benz plant gemeinsam mit verschiedenen Partnern weltweit bis 2030 den Bau mehrerer Zellfabriken, die insgesamt eine Produktionskapazität von 200 Gigawattstunden haben sollen. In neun Mercedes-Fabriken, darunter im thüringischen Kölleda, sollen aus den Zellen Batterien zusammengebaut werden. Auch die Opel-Mutter Stellantis ist mit Partnern unterwegs und setzt auf drei Fabriken, darunter in Kaiserslautern, wo der Start für 2025 geplant ist.
VDA verlangt bessere Standortbedingungen
"Das Batteriezellenproduktionswerk in Arnstadt ist ein wichtiger Teil des Elektromobiltätsclusters in Deutschland - die Eröffnung eine sehr begrüßenswerte Entwicklung, die auch mit weiteren Standorten forciert werden muss", sagte ein Sprecher des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) auf Anfrage. Um mehr Werke anzusiedeln, müssten Berlin und Brüssel die Standortbedingungen "wieder auf ein weltweites Spitzenniveau bringen".
Bei der CATL-Werkseröffnung klang auch Sorge an über die künftige China-Strategie von Bund und EU. Das CATL-Projekt sei eine neue Art der Zusammenarbeit, sagte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). "Die Chinesen bringen ihre Technologie nach Europa". Unweit des Werks ziehe Thüringen ein Batterieforschungszentrum hoch - "dort wird gemeinsam geforscht". Er hoffe, dass die Misstöne in der Debatte um eine neue China-Strategie "nur eine temporäre Erscheinung sind", sagte Zentgraf.