Ausgabe 14-15/2008: Autohaus 14-15/2008

Autohaus 14-15/2008Theopraktiker / Wolfgang Hermann hat in seinem neuen Betrieb die Serviceberater und Monteure zu einer Position verschmolzen und damit die Verrechnungssätze reduziert.Einer für allesvon Ralph M. MeunzelDie Arbeitsteilung hat die Menschen bekanntlich dazu gebracht, die Effektivität deutlich zu steigern, das Leben spürbar zu verbessern und letztlich die moderne Gesellschaft zu gestalten. Daran ist nicht zu zweifeln.Unternehmer Wolfgang Hermann ist allerdings der Meinung, dass die Idee der Arbeitsteilung auch auf die Spitze getrieben werden kann und dann im Endeffekt eher unproduktiv wird. Der FDP-Politiker und ehemalige Abgeordnete im niedersächsischen Landtag hat das System der Serviceberater deshalb kritisch hinterfragt und zum Jahreswechsel in seinem neuen Betrieb in Göttingen einen Paradigmenwechsel vollzogen (vgl. AUTOHAUS 18/2006). Künftig werden die Servicekunden nicht mehr von spezialisierten Kundenberatern empfangen, sondern von den "Theopraktikern". Der Kunde erhält damit alles aus einer Hand. Der Mann in seiner Werkstattbox ist für die Annahme, die Kundenberatung, die Reparatur und die Übergabe mit Rechnungsstellung verantwortlich. Die Trennung nach Serviceberater, der, je länger er diese Position ausführt, laut Hermann'scher Philosophie zum Theoretiker wird, und nach Monteur bzw. Mechatroniker, der als Praktiker den Bezug zum Kunden verloren hat, wurde aufgehoben.Günstige VerrechnungssätzeIm Autohaus Hermann arbeiten jetzt Theopraktiker, die laut Namensschild tatsächlich so genannt werden. "Dieses berufliche Ganzheitskonzept mit einer identischen Person für Theorie und Praxis hat die Möglichkeit geschaffen, unsere Verrechnungssätze um bis zu 10 Prozent zu senken", erklärt der Unternehmer und weiter: "Wir haben dies auch so unseren Kunden kommuniziert und sind ausschließlich auf positive Resonanz gestoßen." Die Ersparnis, erklärt der Mittelstandspolitiker, ergibt sich daraus, dass die Fehlerquote sehr gering ist und dass bei zehn Theopraktikern nur 1,5 nicht produktive Kräfte eingeplant werden müssen. WerkstattboxenMit dem neuen Autohaus für die Marken Ford, Renault/Dacia und Nissan hat die Gruppe allerdings erst die baulichen Voraussetzungen für das Terrain der Theopraktiker geschaffen. Das heißt für den jeweiligen Werkstatt-Trakt der separierten Marke helle Werkstatträume und ein Boxensystem mit einzelnen Einfahrtoren inklusive PC-Arbeitsplätzen. "Da wir auf der grünen Wiese gestartet sind, konnten wir uns auch neue Mitarbeiter suchen, die sofort auf diese Position hin eingestellt wurden", so der Technische Leiter Klaus Lehberger. Bei der Mitarbeiterauswahl wurde deshalb besonders auf die Kriterien praktische Fähigkeiten, Kundenumgang und EDV-Kenntnisse geachtet. KundenreaktionenDie Kundenreaktionen würden belegen, dass man keine schlechte Wahl getroffen hat, erzählt der Unternehmer. In den Gesprächen zeigten sich allerdings auch die Mitarbeiter sehr zufrieden, aufgeschlossen und äußerst selbstbewusst. Dass Hermann dieses ganzheitliche Annahme- und Reparaturkonzept erreicht hat, ist vor allem auf seine Beharrlichkeit zurückzuführen. In seinem Stammbetrieb in Northeim wurde das Konzept bereits vor drei Jahren in die Tat umgesetzt. Die baulichen Gegebenheiten verhinderten allerdings den Durchbruch und es kam zu Zwischenlösungen. Die Autohaus-Gruppe vertritt inzwischen fünf Marken. Peugeot ist in Göttingen nicht vertreten. Die zehn Autohäuser in sieben Städten mit ihren 178 Mitarbeitern sollen in diesem Jahr 4.000 Neu- und Gebrauchtwagen im Eigenverkauf vermarkten.Mit dem Neubau (Investment 3,7 Millionen Euro) hat Wolfgang Hermann jetzt belegt, dass es auch andere Möglichkeiten einer kundenorientierten Annahme gibt, die anscheinend kostengünstiger sind, allerdings den gleichen Benefit für Kunden und Autohaus erbringen. Es lohnt sich also, das Autohaus Hermann in Göttingen genauer unter die Lupe zu nehmen.

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