Von Norbert Irsfeld
Ist das die Ruhe vor dem Sturm? Das fragt der Autohausgeschäftsführer seinen Berater. Noch sind keine Coronafälle im Autohaus bekannt, noch kommen die Kunden scheinbar unbekümmert ins Autohaus, noch ist der Werkstattvorlauf gut. Dazwischen blenden im Smartphone immer neuen Hiobsbotschaften über die Entwicklung des Covid-19 Virus auf. Hin- und hergerissen zwischen beängstigenden Vorstellungen und dem Bewusstsein, als Unternehmenslenker Vorbild zu sein, ist der Autohausmanager verunsichert. Was gilt es jetzt zu tun? Folgende sechs Punkte dienen als Hilfestellung für den Fall, dass die Krise das Autohaus erreicht.
1. Zweimal Happy Birthday singen
Das Erste, dass Sie im Unternehmen einführen müssen, ist eine Arbeitsanweisung "Verhaltensweisen in der Corona-Krise". Damit sollen auch Gefahren für das Unternehmen wie die Anordnung einer Betriebschließungen abgewendet werden. Es gilt um ganz praktische Hilfestellungen wie diese: Mitarbeiter reinigen mehrfach am Tag ihre Hände, singen dabei zweimal Happy Birthday um sicher zu stellen, dass der Reinigungsvorgang mindestens 20 Sekunden dauert.
2. Die Krise organisieren
Organisieren Sie einen engen Krisenstab, der aus der Geschäftsführung, der Vertriebs- und der Aftersalesleitung, der kaufmännischen und der Personalleitung besteht. Vertriebs- und Aftersalesleitung sind für die Kundenkommunikation zuständig. Der kaufmännische Leiter kümmert sich um Kostensenkungen, Bankenkommunikation und Auszahlungsmanagement. Der Personalleiter treibt den Antrag auf Kurzarbeitergeld voran und verantwortet die interne Kommunikation. Betriebsleiter gehören dem erweiterten Krisenstab an. In einer weiteren Anweisung bestimmen Sie die Urlaubsplanung, überarbeiten den Prozess der Krankschreibungen, unterweisen in die neue Arbeitsplatzorganisation, verbieten Dienstreisen und Veranstaltungen und schränken Besprechungen ein. Organisieren Sie Ihr Unternehmen dezentral. Das bedeutet, dass Sie die Filialführung stärken durch die Delegation operativer Verantwortung.
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3. Fixkosten runter
Die Fixkosten bedeuten einen wesentlichen, umsatzunabhängigen Cash-Out für das Autohaus. Rund 15 bis 20 Prozent der monatlichen Auszahlungen sind fixe Sach- und Personalkosten. Laufende Fixkosten müssen unter anderem durch die Beantragung von Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit erreicht werden (https://www.arbeitsagentur.de/news/coronavirus-informationen-fuer-unternehmenzum-kurzarbeitergeld). Kommt es zu behördlich veranlassten Betriebsschließungen gem. § 56 Infektionsschutzgesetz werden sämtliche Personalkosten der betroffenen Arbeitnehmer erstattet. Marketingkampagnen werden verschoben. Mietreduktionen eigener Betriebsimmobilien werden in Abstimmung mit den finanzierenden Banken erreicht.
4. Kassensturz und Zahlungsfähigkeit sichern
In der Krise ist die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit die dringlichste Verpflichtung der Geschäftsführung. Ziel ist es, eine Insolvenzreife, die das Management zwingt, innerhalb von drei Wochen den Insolvenzantrag zu stellen, abzuwenden. Der Kassensturz verschafft einen Über blick über Geldreserven, freie Kreditlinien und freie Sicherheiten. Der kaufmännische Leiter erarbeitet einen Finanzplan nach kaufmännischer Vorsicht, der die Entscheidungsgrundlage für die helfende Hausbank sein wird. Es gilt, den nicht gedeckten Finanzierungsbedarf aufzuzeigen, der im schlimmsten Fall eintreten kann. Der Krisenzeitraum sollte mindestens drei Monate betragen. Die Finanzplanung selbst bedarf eines neun- bis zwölf-monatigen Planungshorizonts. Seit 13. März bietet die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) "KfW-Corona-Hilfen" an. Die Förderbank springt der Hausbank mit 80-prozentigen Ausfallbürgschaften zur Seite, sofern die bestehenden Betriebsmittelkredite des Autohauses ausgeweitet werden muss (https:// www.kfw.de/KfW-Konzern/Newsroom/ Aktuelles/KfW-Corona-Hilfe-Unternehmen.html). Die Hausbank stellt den entsprechenden Antrag bei der KfW. Im Zweifel müssen die Gesellschafter freies Privatvermögen als Gesellschafterdarlehen einbringen. Man vereinbart mit den Bankpartnern die Aussetzung von Tilgungsleistungen für die kommenden neun bis zwölf Monate für mittel- und langfristige Darlehen.
Die Autohausgeschäftsführung strebt durch aktive Gespräche mit Captives und Non-Captives eine Tilgungsaussetzung auf Fahrzeugkredite an. Investitionen werden in Abstimmung mit dem Automobilhersteller für mindestens zwölf Monate zurückgestellt. Das Autohaus nimmt die Angebote der Betriebsfinanzämter (zumindest in Sachsen, Thüringen, Hessen, Baden-Württemberg, Hamburg) wahr. Mit Hilfe des Steuerberaters wird die Herabsetzung von laufenden Vorauszahlungen zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer, Stundung fälliger Steuerzahlungen, Erlass von Säumniszuschlägen und den vorübergehenden Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen beantragt. Sämtliche Werkstattaufträge werden wegfakturiert. Das Forderungsmanagement wird intensiviert.
5. Kommunizieren Sie aktiv – aber möglichst nicht persönlich!
In der Krise ist die richtige Kommunikationspolitik kriegsentscheidend. Eine professionelle Kommunikationspolitik erfordert vom Management eine aktive, vorausschauende und konsistente Rolle, um Verunsicherungen zu vermeiden. Die Kommunikation sollte möglichst nicht persönlich stattfinden, sondern durch EMails, interne Chatrooms und mit Hilfe von Videokonferenzsystemen erfolgen. Kunden müssen darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Autohaus besonders hohe Standards der Hygiene erfüllt (siehe auch Kundenkommunikation).
6. Die Krise als Chance!
In jeder Krise steckt der Anfang von etwas Neuem. Der digitale Verkauf sollte endlich in Angriff genommen werden. Online-Kampagnen bewerben in den sozialen Medien die komplette digitale Kaufabwicklung. Probefahren und Fahrzeugauslieferungen erfolgen – so gewünscht – beim Kunden zu Hause. Klar ist, dass die Autohäuser mit ihrer IT-Struktur und Digitalstrategie unterschiedlich aufgestellt sind. Das bedeutet für viele Autohäuser eine zusätzliche Kraftanstrengung!
Zum Autor: Norbert Irsfeld ist geschäftsführender Gesellschafter der Prudentes Management GmbH. Das Prudentes-Team unterstützt Autohäuser bei der Entwicklung und Umsetzung von Autohausstrategien, berät Autohäuser, die ihr Unternehmen verkaufen oder extern wachsen wollen, setzt interimistisch Autohausgeschäftsführer, Vertriebs- oder Aftersalesleiter ein und unterstützt Automobilunternehmen in Schieflagen. Irsfeld ist zudem Lehrbeauftragter für Autohausstrategien an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen.Weitere Informationen unter: http://www.prudentes.de
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