Ebay-Auktionen: Auktion und Manipulation

Nach den ebay-Auktionsbedingungen dürfen Mitglieder den Verlauf einer Auktion nicht durch die Abgabe von (Schein-)Geboten unter Verwendung eines weiteren Mitgliedskontos oder durch die gezielte Einschaltung eines Dritten manipulieren. Hiervon unbeeindruckt, hatte der Beklagte seinen Startpreis von 1 Euro für einen gebrauchten VW Golf bei einer Auktionsdauer von zehn Tagen auf der dortigen Internetplattform mit Eigengeboten hochgetrieben. Bei Auktionsende belief sich das vom Kläger eingestellte Höchstgebot auf 17.000 Euro. Dieser hatte zu Beginn der Auktion 1,50 Euro geboten und in der Folgezeit mehrfach die vom Anbieter hochgetriebenen Preise überboten. Nachdem dessen Höchstgebot ebenso wie die zuvor abgegebenen Gebote durch die manipulierten Eigengebote des Anbieters veranlasst wurden, verlangte er die Übereignung des Fahrzeugs zu seinem Einstandspreis von 1,50 Euro, was vom Anbieter mit dem Hinweis, er habe den VW Golf bereits anderweitig verkauft, abgelehnt wurde. Schadenersatzklage Das in erster Instanz damit befasste Landgericht Tübingen hat der Klage in Anlehnung an den Fahrzeugwert von 16.500 Euro in dieser Höhe stattgegeben, weil die lediglich zum Schein abgegebenen Gebote des Anbieters nicht darauf gerichtet waren, das Fahrzeug tatsächlich zu erwerben. Nach Ausklammerung der nach §§ 116, 117 BGB nichtigen Eigengebote des Anbieters war der Kläger mit seinen 1,50 Euro Meistbietender geworden und mangels wirksamer weiterer Gebote auch geblieben. In der Berufungsinstanz wurde dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zwischen den Parteien war gemäß § 433 BGB i.V.m. § 158 Abs. 1, § 162 Abs. 1 BGB ein Kaufvertrag zustande gekommen. Nicht gefolgt werden kann allerdings der klägerischen Sichtweise, wonach er nur ein wirksames Gebot über 1,50 Euro abgegeben hätte. Dem steht bereits entgegen, dass der Kläger bei Abgabe seiner Höchstgebote nicht wusste und wissen konnte, dass die anderweitigen Gebote auf einer Preismanipulation beruhten. Auch der Beklagte durfte die Erklärung des Klägers entsprechend dem Nennwert des Gebotes verstehen und hat sie auch so verstanden, denn er hat durch Abgabe weiterer Gebote auf den eigenen Artikel gerade das Zustandekommen eines Kaufvertrages zu einem von ihm als zu niedrig erachteten Kaufpreis verhindert. Dass der Beklagte mit seinen Scheingeboten keine wirksame Willenserklärung abgegeben hat, führt auch nicht dazu, dass sie völlig unbeachtlich wären. Andernfalls wäre der Verlauf einer ebay-Auktion nicht mehr beherrschbar und der Kaufpreis nur vorläufig, weil zur Ermittlung des Höchstgebotes und damit des Inhalts der Willenserklärungen der Bieter stets noch festgestellt werden müsste, ob alle Zwischenangebote wirksam abgegeben worden sind. Dies ist praktisch nicht durchführbar, weil jeden Tag unzählige Gebote von Bietern gesetzt werden, deren Identität auch nur bekannt wird, wenn sie das Höchstgebot abgegeben haben. Der mit der Klage geltend gemachte Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung kommt allerdings deshalb nicht zum Tragen, weil das Fahrzeug einen Marktwert von 16.500 Euro hatte und der vereinbarte Kaufpreis von 17.000 Euro somit darüberlag. Von daher steht dem Kläger in Ermangelung einer feststellbaren Vermögenseinbuße auch kein Schadenersatz wegen einer Pflichtverletzung des Beklagten zu, der die Gebote des Klägers treuwidrig überboten hat. Revision Der Bundesgerichtshof ist dem nicht gefolgt und hat die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts wiederhergestellt. Zur Begründung hat es auf § 145 BGB bzw. das dort geregelte Angebot abgestellt, dass bereits definitionsgemäß darauf angelegt sei, die Schließung eines Vertrages "einem anderen" als dem Anbieter anzutragen. Ein Vertrag setzt deshalb zu seiner wirksamen Entstehung mindestens zwei korrespondierende Willenserklärungen verschiedener Rechtssubjekte voraus. Das nur an einen - personenverschiedenen - Anderen adressierte und deshalb nicht vom Beklagten selbst annehmbare Angebot hat der Kläger mit seinem bei Auktionsende bestehenden Höchstgebot angenommen. Es betrug allerdings entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht 17.000 Euro, sondern lediglich 1,50 Euro. Denn auch wenn er seine zahlreichen Maximalgebote immer wieder und zuletzt auf 17.000 Euro erhöhte, gab er damit noch keine auf das jeweilige Maximalgebot bezifferten und auf den Abschluss eines entsprechenden Kaufvertrages gerichteten Annahmeerklärungen ab. Deren Inhalt erschöpfte sich vielmehr darin, das im Vergleich zu den bereits bestehenden Geboten jeweils nächsthöhere Gebot abzugeben, um diese Gebote und den von ebay jeweils vorgegebenen Bietschritt zu übertreffen und auf diese Weise bis zum Erreichen des von ihm vorgegebenen Maximalbetrages Höchstbieter zu werden oder zu bleiben. Der damit zu einem Kaufpreis von 1,50 Euro über das Fahrzeug zustande gekommene Kaufvertrag ist mit Blick auf den weit über diesen Betrag liegenden Verkehrswert auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig. Insbesondere ist der Bieter bei einer ebay-Auktion nicht gehalten, sein Maximalgebot am mutmaßlichen Marktwert auszurichten, weil es gerade den Reiz einer Internetauktion ausmacht, den Auktionsgegenstand zu einem "Schnäppchenpreis" zu erwerben. Dass der Kläger nach dem Auktionsergebnis die Lieferung eines Fahrzeugs für einen eher symbolischen Kaufpreis von 1,50 Euro beanspruchen konnte, beruht allein auf dem erfolglosen Versuch des Beklagten, den Auktionsverlauf in unlauterer Weise zu seinen Gunsten zu manipulieren. Kurzfassung 1. Der Vertragsschluss bei einer ebay- Auktion bestimmt sich nicht nach den Bestimmungen für die Versteigerung gem. § 156 BGB, sondern nach den allgemeinen Regeln über das Angebot und dessen Annahme gemäß §§ 145 ff. BGB.2. Danach richtet sich das von einem Anbieter im Rahmen einer solchen Auktion erklärte Angebot nur an "einen anderen" mit der Folge, dass Eigengebote von vornherein unwirksam sind.3. Nach Ausklammerung der hiernach unzulässigen Eigengebote bestimmt sich der Kaufpreis nach dem letzten regulären Höchstgebot.4. Soweit der Kaufgegenstand danach zu einem "Schnäppchenpreis" erworben werden kann, führt dies nicht zu einer Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages. Kommentar Das vom OLG Stuttgart sorgfältig begründete Berufungsurteil hätte man auch so stehen lassen und die Klage abweisen können. Der Bundesgerichtshof hat jedoch einigen Aufwand darauf verwendet, den Schnäppchenpreis mit 1,50 Euro als für den Kaufvertrag maßgeblich anzusehen. Billigkeitserwägungen dürften dabei nicht im Vordergrund gestanden haben, zumal der Kläger die ebay-Auktionen als Geschäftsmodell missbraucht und in mehr als 100 Fällen angebliche Schadenersatzansprüche vor Gericht einklagt. Dass ihm der BGH gleichwohl seinen hypothetischen Schaden zugebilligt hat, lässt sich mit Blick auf das vom Beklagten manipulierte Höchstgebot nur dann rechtsfehlerfrei begründen, wenn man sämtliche anderweitigen Gebote ausklammert. Ob sich diese Lösung in der Praxis bewähren wird, darf allerdings wegen der damit verbundenen Missbrauchsgefahr infolge der nachträglichen Streichung von unwirksamen Geboten bezweifelt werden.Walter Sattler Rechtsanwalt

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