Ausgabe 14-15/2014: "Aufsteiger" organisieren!

Auf der AMI in Leipzig hat Volkswagen den Golf GTE als Plug-In Hybrid präsentiert. Ein Gespräch mit Thomas Zahn, Leiter Vertrieb und Marketing Deutschland Volkswagen Pkw, über Plug-In Hybride und Elektromobilität. Und über die Bedeutung von Gebrauchtwagen-Kunden für das Konzernwachstum. AH: Herr Zahn, wie beurteilen Sie die Lage auf dem deutschen Automobilmarkt? T. Zahn: Die Neuzulassungen liegen aktuell circa drei Prozent über Vorjahr. Wir erwarten, dass der Trend bis zum Jahresende anhält und der deutsche Markt wieder über die 3-Millionen-Marke steigt. Die Stimmung hat sich deutlich verbessert, die gesamtwirtschaftlichen Indizes steigen. Privatkunden haben in Deutschland insgesamt betrachtet noch nie so viel konsumiert wie in 2013, was sich jedoch nicht beim privaten Autokauf niederschlägt. Kurz: Die Bäume wachsen sicher nicht in den Himmel. Aber wir sehen aufgrund des Wachstumsschubs optimistisch in die nähere Zukunft. AH: Warum ist der Automarkt so schwach, obwohl sich die Wirtschaft blendend entwickelt? T. Zahn: Einen Weg zurück zu einem Neuwagenvolumen von rund 3,3 Millionen Autos wie in der ersten Dekade des Jahrtausends sehen wir aktuell nicht. Wir sehen mittelfristig 3,0 bis 3,1 Millionen Neuzulassungen in Deutschland. Das hat mehrere Gründe. Einerseits werden die Fahrzeuge länger gefahren, das zieht sich durch alle Marken. Ein Grund dafür ist die verbesserte Qualität der Fahrzeuge. Es ist außerdem wichtig, dass wir nicht nur auf den Neuwagenmarkt schauen. Im Gebrauchtwagenmarkt entstehen neue Kundensegmente unterhalb des Neuwagenmarktes, die sehr interessant sind. Der Markt der jungen Gebrauchten - also der Jahreswagen und Fahrzeuge bis zu einem Alter von zwei Jahren - ist in der letzten Zeit spürbar gewachsen. Wir als Volkswagen wollen sowohl im Neu- als auch im Gebrauchtwagenmarkt zulegen. AH: Wenn man schon ganz oben ist, wird es immer schwieriger. T. Zahn: Das ist richtig. Wir sehen im Neu- sowie im Gebrauchtwagenmarkt für uns noch nicht das Ende der Fahnenstange. Wichtig ist aber vor allem, dass wir qualitativ wachsen. Neben einer starken Marke und starken Produkten wollen wir die Qualität unserer Verkaufs- und Serviceprozesse weiter steigern. Harte Arbeit AH: Wie wollen Sie das erreichen? T. Zahn: Hinter diesem Ziel stecken ausgefeilte Programme und harte Arbeit. Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg ist ganz klar der Gebrauchtwagenmarkt. Wir haben das Gebrauchtwagengeschäft in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren deutlich entwickelt und sind auf einem guten Weg. Ein weiterer Fokus ist das sehr wettbewerbsintensive Servicegeschäft - wir dürfen unsere Bestandskunden nichtverlieren. AH: Das heißt letztlich, dass der Gebrauchtwagenmarkt ein Neuwagenabsatzkanal ist? T. Zahn: Das ist nur teilweise so. Man muss da anders denken: Wenn wir "upselling" wörtlich nehmen, ist der Gebrauchtwagenkunde eines ein oder zwei Jahre alten Fahrzeugs von heute in ein paar Jahren ein Neuwagenkunde oder kauft sich einen weiteren jungen Gebrauchten. Wir müssen das als Marke und als Handelsorganisation intensiv voranbringen und "Aufsteiger" organisieren. Die Kraft, zu wachsen AH: Volkswagen hatte von Januar bis April einen Marktanteil von 21,2 Prozent. Sie wollen wachsen. Was ist Ihre Zielsetzung? T. Zahn: 2012 und 2013 haben wir uns sehr gut entwickelt. Dieses Niveau wollen wir auch Ende dieses Jahres erreichen. Weitere Details kann ich Ihnen keine nennen, aber wir wollen in den kommenden Jahren wachsen. Die Marke hat ganz klar die Kraft dazu. AH: Lassen Sie uns über Ihre Modelle sprechen. Der neue Golf Sportsvan ist seit kurzem beim Handel. Was versprechen Sie sich davon? T. Zahn: Der neue Golf Sportsvan wird neue Kundensegmente erschließen. Er wird auch jüngere Käuferschichten erreichen und Familien sowie sportliche Menschen begeistern. Davon sind wir absolut überzeugt. Wirklich gut im Markt eingeschlagen ist der Golf Variant - wir erwarten das Gleiche vom Golf Sportsvan. Außerdem steht der neue Passat in den Startlöchern. Wir erwarten vom neuen Passat einen großen Sprung nach vorne, sowohl im Flotten- als auch im Privatkundengeschäft. Ende des Jahres wollen wir das Niveau unserer Verkäufe daher steigern. AH: Neuwagen werden heutzutage schon nach kurzer Zeit mit zehn Prozent Rabatt angeboten. Das ist keine gute Entwicklung. T. Zahn: Das wäre ganz sicher keine gute Entwicklung. Die unverbindliche Preisempfehlung legt erst einmal fest, wo ein Hersteller sein Fahrzeug positioniert. Die finalen Verkaufspreise werden im Markt und unter hohem Wettbewerbsdruck entschieden - das ist die Realität. Für uns heißt das, dass wir durch Leistung, unsere Produkte, die Qualität und unseren Service überzeugen, weniger durch Rabatte. AH: Diese Rabatte gibt es aber nicht nur bei den Mitbewerbern. Die Händler beklagen sich auch bei Volkswagen über die Verkaufsaktionen, die permanent neu kreiert werden. T. Zahn: Mit unseren Sondermodellen, die es für fast alle Fahrzeuge gibt, sind wir seit Jahren sehr erfolgreich. Die diesjährigen CUP Sondermodelle laufen sehr gut und tragen erheblich zu unseren Absatzzielen bei. Wir verkaufen Kundenwerte, das ist die Zielrichtung. Im Wesentlichen liegen wir mit unseren Verkaufsförderungsmaßnahmen lange nicht da, wo sich der Markt bewegt. AH: Der e-up! ist schon auf dem Markt, mit dem e-Golf kommt jetzt ein zweites Elektrofahrzeug dazu. Wird sich E-Mobilität in Deutschland durchsetzen oder eher die Plug-In Hybride? T. Zahn: Der Gesamtmarkt ist heute noch überschaubar - 2013 waren es in Deutschland unter 10.000 Fahrzeuge - aber er wird sich langsam entwickeln. Wir glauben, dass wir im deutschen Markt mittelfristig größere Stückzahlen erwarten können. Das Hauptthema bei reinen Batteriefahrzeugen ist für viele Kunden heute die Reichweite - obwohl sie diese objektiv sehr selten ausschöpfen. Daher ist für uns der Plug-In Hybrid wie beim Golf GTE, den wir auf der AMI in Leipzig vorgestellt haben, sicher eine sehr interessante Alternative zum reinen Elektroantrieb. Denn damit kann 50 km rein elektrisch gefahren werden und dank des Verbrennungsmotors sind über 900 km Reichweite möglich. Im "boost-Betrieb" - also mit Antrieb von beiden Motoren - kommt sogar echtes GTI-Feeling auf. Im Marketing-Deutsch sagen wir "Das neue Schnell"! Ich meine, dass der Plug-In zu den Fahrgewohnheiten unserer Kunden in Deutschland perfekt passt. In Ländern, in denen es staatliche Förderungen für Elektroautos gibt, werden diese Antriebe natürlich deutlich schneller verkauft als hier. In Deutschland wird das Thema E-Mobilität stärker in Fahrt kommen, wenn die Zusatzkosten für den Elektro-/Hybridantrieb gegenüber dem herkömmlichen Verbrennungsmotor spürbar gesenkt werden. Wir glauben, dass das langfristig passieren wird, und bereiten uns bereits heute darauf vor. Wir bieten e- bzw. Hybridversionen für unsere Bestseller an, um unsere Händler und unsere Kunden zu begeistern und an die neuen Technologien zu gewöhnen. AH: Das Käuferverhalten hat sich durch die Digitalisierung verändert. Kunden informieren sich online und Studien zeigen, dass viele Kunde zukünftig sogar dazu bereit sein werden, Autos online zu bezahlen. Wie stellen Sie sich beim Internetvertrieb auf? T. Zahn: Die Kunden informieren sich heute schon zu fast einhundert Prozent online. Aber wenn es zum Kauf kommt, hat der Handel die mit Abstand wichtigste Funktion. Das liegt daran, dass das Full-Service-Paket der Händler in Summe mit Inzahlungnahme und Service im Internet so nicht abgebildet werden kann. Bei diesem Alleinstellungsmerkmal wollen wir den Handel unterstützen. Wir sind mit unserem Handelsnetz gut aufgestellt und mit unseren Betrieben dort, wo unsere Kunden uns erwarten - und das sowohl in Städten als auch in ländlichen Regionen. AH: Wird Volkswagen 2014 die Händlerrendite von zwei Prozent erreichen? T. Zahn: Unser Handel hat im vergangenen Jahr eine Rendite auf dem Niveau des Vorjahres erwirtschaftet. Das war sehr ordentlich. Diese Größenordnung werden wir ganz sicher auch in diesem Jahr erreichen. AH: Herr Zahn, danke für das Gespräch!

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