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50 Jahre Range Rover: Königlicher Kraxler

06.02.2019 06:00 Uhr
Stark wie das V8-Kraftwerk unter der kantigen Haube war auch das Karosseriedesign des Range Rover.
© Foto: Land Rover

Blaublütige Geländewagen gibt es inzwischen viele, King aller Kraxler bleibt aber der klassische Range Rover. Dieser erste Offroader in noblem Ornat fuhr vor 50 Jahren aus der Allrad-Steinzeit direkt in die Herzen von High Society und Königshäusern. Eine Stilikone wie die Queen.

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Von Wolfram Nickel/SP-X

Es war eine Flotte von elegant gezeichneten Velar-Prototypen, mit der die Range-Rover-Geschichte vor einem halben Jahrhundert begann. Heute ist es erneut ein Modell namens Velar, mit dem die Land-Rover-Submarke ihren Nimbus als Designikone festigt und mit dem sie nach dem kompakten Evoque und dem leistungsstarken Range Rover Sport die mittlerweile vierte Bestseller-Baureihe etabliert hat.

Das Erfolgsgeheimnis von Range Rover? Die Kombination von Pkw-Komfort und unverwechselbaren Formen mit modernster Allradtechnik für stilvolle Fahrten durch Staub und Schlamm. Wirklich majestätischen Glanz und Glamour entfaltet aber allein der klassische, große Range Rover, der für das englische Königshaus eine Idealbesetzung ist als Paradefahrzeug bei Truppenabnahmen und Staatsempfängen. Noch immer ist Land Rover als einziger Automobilhersteller im Besitz aller drei "Royal Warrants" - sprich Hoflieferant für die Queen, den Herzog von Edinburgh und den Prinzen von Wales. Aber auch der Papst zeigte sich schon in einem Papamobil von Range Rover. Dagegen lassen sich Scheichs und Präsidenten gerne in maßgeschneiderten Jagdwagen auf die Pirsch fahren; nicht einmal Bentley und Rolls-Royce konnten Range Rover diese staatstragende Rolle streitig machen.

Offroader erfahren eine große gesellschaftliche Akzeptanz

Heute sind SUV und Geländewagen von den Boulevards der großen Metropolen kaum mehr wegzudenken. Offroader erfahren eine gesellschaftliche Akzeptanz, die sich vor 50 Jahren niemand vorstellen konnte. Damals als Geländewagen noch knorrige Karossen und Starrachsen trugen für den Einsatz in Wüsten, Wäldern und Landwirtschaft – so wie der Land Rover, den die Brüder Maurice und Spencer Wilks 1948 erfolgreich für die britische Traditionsmarke Rover lanciert hatten. Allerdings befürchteten die Brüder Wilks, dass der wachsende Wohlstand in den ersten Nachkriegsdekaden irgendwann zu nachlassenden Absatzzahlen bei rustikalen All-Terrain-Fahrzeugen führen würde.

Deshalb brachten sie bereits in den 1950er Jahren mehrere sogenannte Road Rover Kombikonzepte zur Serienreife, mussten den Marktstart aber jedes Mal absagen. Der urige Land Rover blieb wider Erwarten so populär, dass keine Produktionskapazitäten frei wurden für einen „Road Rover“ in der Rolle des SUV-Pioniers. Erst das Vordringen preiswerter japanischer Allradler und fein ausstaffierte US-Offroader wie Ford Bronco und Jeep Wagoneer ließen Land Rover einen weiteren Anlauf nehmen auf dem Weg zu Luxus- und Lifestyle.

Unter Leitung der legendären Rover-Entwickler Spen King und Gordon Bashford entstand deshalb 1967 ein Luxus-Land-Rover, der als sogenannter 100-Zoll-Station Wagon bereits dem eleganten Design-Purismus des drei Jahre später eingeführten Range Rover nahe kam. Unter der Haube arbeitete ein neuer 3,5-Liter-Leichtmetall-V8, den Rover bei Buick eingekauft hatte und der die 1969 auf Erprobung geschickten Range Rover Velar als direkte Vorboten der Serienversion in die 100-Meilen-Liga (160 km/h) katapultierte. Ein Tempo, das heute jeder Kleinstwagen erreicht, damals aber eine prestigeträchtige Insignie der britischen Oberklasse war, wie etwa Vauxhall Cresta und Ford Zodiac zeigten. Dagegen hatten traditionelle Offroader oft Mühe das 70-Meilen-Limit auf englischen Motorways zu erreichen. Vor allem beschleunigten diese Allrad-Urgesteine ähnlich betulich wie überladene Laster. Da kam es einer Revolution gleich als der Range Rover bei Sprintduellen sogar Sportcoupés sein dickes Endrohr zeigte.


50 Jahre Range Rover

50 Jahre Range Rover Bildergalerie

Stark wie das V8-Kraftwerk unter der kantigen Haube war auch das Karosseriedesign des Range Rover, das den Stil eines zweitürigen Shootingbrakes mit zweigeteilter Heckklappe adaptierte. Im Umfeld klobiger Geländeklötze mit konventionellen Hecktüren wirkte der Range Rover durch und durch dramatisch, weshalb der Louvre in Paris den Briten als eines der besten Beispiele für gewerblich genutzte skulpturale Formen präsentierte. So wie 1959 der Mini die Kleinwagenwelt veränderte, wandelte nun der Range Rover das Genre der Geländekreuzer. Damit dieses avantgardistisch gekleidete Topmodell der Marke Land Rover abseits befestigter Wege nicht ins Hintertreffen geriet, verbargen sich unter der Hülle des Range Rover ein robustes Leiterrahmen-Chassis und permanenter 4x4-Antrieb mit sperrbarem Zentraldifferential.

"Wenn das Beste nicht existiert, muss man es eben erfinden", sagte einst Sir Henry Royce. Eine für Rolls-Royce gültige Maxime, die von den Machern des Range Rover zitiert wurde. Tatsächlich waren die Verkaufszahlen für das Flaggschiff der Marke Land Rover derart überwältigend, dass Enthusiasten noch Jahre nach Markteinführung hohe Aufpreise für kurzfristige fällige Kaufverträge zahlten, um so die endlosen Lieferzeiten zu verkürzen. Nicht einmal die erste Ölkrise oder die Probleme im dahinsiechenden Mutterkonzern British-Leyland konnten den Range Rover einbremsen, auch die mangelnde Modellpflege kümmerte die Kunden kaum.

Range Rover reifte zum Denkmal

Vier Türen gab es deshalb erst ab 1980 und zwar zunächst in Form exklusiver und extrateurer Monteverdi aus der Schweiz, ab 1982 endlich auch in britischer Spezifikation. Der Range Rover reifte in 25 Jahren zum Denkmal, dem weder vermeintliche neue Konkurrenten wie die Mercedes G-Klasse noch Qualitätsdiskussionen etwas anhaben konnten.

Zu spüren bekam das 1994 BMW. Die Bayern hatten die malade Rover Group erworben und umgehend einen völlig neuen Range Rover in rundlicheren Formen vorgestellt. Mit 165 kW / 224 PS starker Spitzenmotorisierung avancierte der 200 km/h flotte Range Rover MK2 zum schnellsten Geländegänger überhaupt und mit 2,5-Liter-Sechszylinder-Selbstzünder zum dynamischen Diesel. Die Fans hielten jedoch dem noch bis 1996 verkauften kantigen Original die Treue und jubelten erst wieder, als 2001 die monumental gestaltete dritte Generation des Range Rover debütierte. Entwickelt von BMW und vertrieben von einem abermals neuen Land-Rover- Eigentümer, nämlich Ford, gab nun dieses Dickschiff den Ton im SUV-Oberhaus an.

Eine Führungsrolle, die der Range Rover auch in vierter, 2012 lancierter Generation nicht abgibt. Gleich ob BMW X5, Mercedes M-Klasse, Bentley Bentayga oder Rolls-Royce Cullinan: Allein der Range Rover ist parallel Statussymbol für die Reichen und Schönen, Staatskarosse für politische Machthaber und mit Spezialaufbauten bürgernahes Rettungs- und Katastropheneinsatzfahrzeug. Eine Mythospflege, für die seit 2008 die Tata-Gruppe als Eigentümer verantwortlich zeichnet. Offenkundig wissen die Inder, was Range-Rover-Kunden verlangen: Das Modellprogramm wurde um die drei kleineren Baureihen Evoque, Velar und Sport erweitert und der exklusive Nimbus des Full-Size Range Rover gepflegt durch elitäre Karosserievarianten wie ein zweitüriges Coupé. Auch Umweltdiskussionen werden geschickt gekontert, etwa durch elektrifizierte Versionen, was die zum 50. Geburtstag des Range Rover erwartete fünfte Generation besonders nachhaltig zeigen soll. Und der drohende Brexit? Noch vor dem Stichtag nahm Britanniens größter Autobauer Jaguar Land Rover sein erstes Werk in Kontinentaleuropa in Betrieb.

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