HB ohne Filter vom 18. Juni 2010
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18.06.2010Heute mit dem Thema: 9. AUTOHAUS-Strategiekongress – die Hauptthesen
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Dienstag – 15. Juni 2010
9. AUTOHAUS-Strategiekongress. AUTOHAUS hatte für seine 9. Strategie-Jahresveranstaltung in Hannover ein inhaltsstarkes Programm aufgeboten: Vertrieb der Zukunft, GVO 2010, Elektroauto, Kundenbindungsprogramme, Kundenkarten, das neue Servicegeschäft – präventive Achsvermessung, Top-Betriebe bei Financial Services, Google Automotive als neue Chancenquelle, Neuwagenverkauf über Internet (Pro-Neuwagen, Mehrmarken Neuwagenvertrieb B2B-Vertriebskanal), Serviceansprache im Internet, Energiekostensenkung. Jedes Thema zeigt seine eigene Komplexität auf. Nachstehend die Hauptaussagen des Tages in Thesenform:
Automobilvertrieb der Zukunft (Dr. Alexander Graf, Capgemini Consulting)
- Innerhalb der EU herrscht weltweit der größte automobile Wettbewerb.
- Es wird künftig noch mehr Formen an Distributionskanälen geben. Dabei ist auf die Vorteiligkeit des jeweiligen Systems abzustellen, um zu einer ganzheitlichen Betrachtung zu kommen. Die zentrale Forderung an den Hersteller/Importeur: Wie entwickle ich ganzheitlich das Vertriebssystem für die eigene Organisation?
- Basis neuer Modelle kann der Faktor Leistung, Kommunikation, Kompetenzen, Organisation, Wachstum, Kooperation oder Koordination sein.
- Bei neuen Geschäftsmodellen (Distributionsorganen) sollte nicht immer der Händlervertrag im Vordergrund der Überlegungen stehen.
- Das klassische Autohaus hat eine hohe Marktbedeutung, wird aber an Bedeutungskraft verlieren.
- Durch die Verkaufswirkung des Internets muss im Autohaus die Organisation geändert werden. Dabei gilt es, die Möglichkeiten der neuen Technologien zu nutzen. Die Anpassungsnotwendigkeiten sind als dynamischer Prozess zu sehen.
- Das Geschäftsmodell "Mobility" (Privatkunden) hat in Zukunft einen besonderen Stellenwert.
GVO 2010 (Uwe Brossette, Rechtsanwalt, Osborne Clarke)
RA Uwe Brossette stellte seinen GVO-Ausführungen einige generelle Ausführungen vorneweg:
- Die GVO stellt grundsätzlich eine Rahmenvereinbarung dar. Entscheidend ist, was der Hersteller, aber auch die Händler im Händlervertrag vereinbaren.
- Ein Festhalten an alten "Dingen" ist nicht zukunftsfähig.
- Das Ziel der GVO ist es, wettbewerbsbehindernde Maßnahmen abzuwenden (= keine Kartellbildung).
- Selektiver Vertrieb meint, dass der Hersteller nur an die Händler verkaufen darf, die er ausgewählt hat.
- Bis 1. Juni 2013 ändert sich für den Neuwagenvertrieb nichts. Danach gilt die Vertikal-GVO Nr. 330/2010. Daher gilt es, alle offenen Möglichkeiten im Vertrieb bis dorthin zu nutzen. Fusionieren, Betriebe kaufen oder verkaufen usw.
- Für den Hersteller und Händler gilt ab 1. Juni 2013 eine Marktanteilsgrenze im Neuwagenvertrieb unterhalb von 30 Prozent. Die Berechnung des Marktanteils inklusive der Segmentierung bedarf noch der praktischen Klärung. Sprich: Wer liefert das erforderliche Zahlenmaterial? Für die Berechnung des Marktanteils des Händlers ist sein Bezugsmarkt entscheidend. Liegt der Marktanteil über der 30-Prozent-Schwelle, ist für das Vertriebssystem die GVO nicht anwendbar. Dann ist die Einzelfreistellung gefordert.
- So der Hersteller ab 1. Juni 2013 Markenexklusivität einfordert, müssen die Händlerverträge gekündigt und die Exklusivität vorgeschrieben werden. Die Wiedereinführung der Exklusivität ist nur zulässig, wenn der Händler seine Investitionen in den Mehrmarkenhandel amortisieren konnte (vgl. Leitlinien Randnummer 36).
- Auch wenn die Vertikal-GVO keine Schutzrechte enthält, wird die Kommission einen Hersteller zur Rechenschaft ziehen, der das Wettbewerbsverhalten der Händler durch "Drohungen, Einschüchterungen, Warnungen oder Strafen" zu beeinflussen sucht. Der "Code of Conduct" ist einzuhalten.
- Querbezugsrecht und EU-Vermittlung bleiben erhalten.
- 10. Der Direktvertrieb des Herstellers sowie Internetvertrieb sind möglich.
- Da die Servicenetze der Hersteller und der Werkstätten die Marktanteilsschwelle von 30 Prozent überschreiten, fallen die Werkstattverträge nicht unter die GVO und müssen daher im Einzelfall freigestellt werden.
- Der Zugang der unabhängigen Marktteilnehmer zu den technischen Informationen muss gewährleistet sein.
- Zulieferer und freier Teilehandel dürfen auch weiterhin die Markenwerkstätten mit OES-Ersatzteilen beliefern.
Garantiekonzepte mit Kundenbindung (Axel Berger, Vorstandsvorsitzender Car-Garantie)
- 41 Prozent der Besitzumschreibungen gegen direkt von Privat an Privat. Davon kann ein Potenzial von zehn bis 15 Prozent u.a. über Garantien in den Markenhandel überführt werden.
- Die Branche hat in Sachen Gebrauchtwagen ein Imageproblem. Es geht um das Vertrauen, das über die Achse Qualität und Serviceleistungen herzustellen ist.
- Man muss bei Versicherungen im Schadenfall als Erster am Kunden dran sein, um den Zugriff auf den Schaden zu haben.
- Wer Kundenbindung praktizieren möchte, braucht dazu ein "nahtloses" Kundenkontaktprogramm (Kundenkarte).
- Besonders wirkungsvoll ist es, die jeweilige Garantie mit der Finanzierung zu kombinieren.
Ertragsbringer Finanzierungsverkauf (Hans-Heiner Lüdemann, Vertriebsvorstand Bank Deutsches Kfz-Gewerbe)
- 50 Prozent des Finanzierungsgeschäftes gehen am Automobilhandel vorbei und werden von Sparkassen, Volksbanken u.a. getätigt.
- Ein Drittel der Verkäufer sprechen Kunden im Rahmen vom Fahrzeugverkauf auf Finanzdienstleistungen nicht an.
- Finanzdienstleistungen fördern spürbar den Autoabsatz.
- Top-Betriebe kombinieren die Finanzierung mit Mobilitätspaketen.
- Top-Betriebe kombinieren Fahrzeugofferten im Internet mit Finanzdienstleistungen.
- Top-Betriebe halten auslaufenden Finanzierungs- und Leasingverträge nach.
- Top-Betriebe haben klare Zielvorgaben, klare Prozesse, erfolgsorientierte Bezahlung und setzen damit höhere Penetrationsraten um.
- Künftig wird für die Einkaufsfinanzierung Basel III eine weitere Herausforderung darstellen. Wir kommen darauf in AUTOHAUS 12 zurück.
Mein Diskussionsbeitrag: Der Auftritt des vierten Standbeines der klassischen Autohausleistungen ist völlig unbefriedigend. Noch immer verstecken die Hersteller ihre Bank-Leistung hinter den Verkäufertresen. Oft findet man keinerlei sichtbare Hinweise auf diesen wichtigen Geschäftszweig.
Google Automotive – Chancen für den Handel (Dennis Morgenstern, Google Germany)
- Digitale Trends beeinflussen die Information, die Kommunikation und das wahre Leben selbst.
- Weltweit sind 1,2 Milliarden PC im Einsatz. Bei Google gehen täglich 3,6 Milliarden Suchanfragen ein.
- Weltweit sind vier Milliarden Handys im Einsatz (Deutschland: 83 Millionen).
- 90 Prozent der Internet-User nutzen das Netz vor dem Pkw-Kauf.
- Google verarbeitet pro Tag in Europa 25 Millionen autorelevante Anfragen.
- Häufigstes Stichwort bei der Sucheingabe: Auto
- Für 63 Prozent der Autointeressenten hat das Internet eine hohe Bedeutung beim Finden eines Händlers.
- Für Neuwagen sind Händler zu 84 Prozent und Internet zu 77 Prozent die wichtigsten Quellen im Informationsprozess.
- Die Online-Werbeausgaben stehen derzeit nicht im Einklang mit ihrer Wirkung.
- Es ist zu empfehlen, im Internet immer ein konkretes Angebot zu machen.
- 50 Prozent suchen im Internet nach lokalen Informationen.
- Im Mai 2010 gab es in Deutschland bei Google 25 Millionen Autokaufanfragen, 13 Millionen für Wartung und Service., 5,9 Millionen für Pkw-Finanzierung und 33 Millionen für Autoteile/Zubehör.
Elektromobilität: Zukunftsmusik oder Realität? (Ralf Schaub, Vertriebsvorstand der Smiles AG, Aub)
Ralf Schaub, Vertriebsvorstand bei Smiles AG in Aub, brachte gleich live ein Elektrofahrzeug in den Kongressraum mit, den "Zero" des italienischen Herstellers Tazzari (Kaufpreis: 24.000 bis 28.000 Euro). Smiles ist dafür deutscher Importeur, wie auch für das indische Elektrofahrzeug "Reva" (14.000 bis 20.000 Euro). Vom dreirädrigen CityEL, der in Eigenproduktion hergestellt wird, wurden bislang 6.000 Einheiten verkauft. Verkaufspreis 10.000 bis 14.000 Euro. Die Fahrzeuge haben eine Reichweite zwischen 50 und 120 Kilometer, sind fünf Jahre steuerbefreit und kosten in der Haftpflichtversicherung zwischen 80 und 130 Euro. Betriebskosten pro 100 Kilometer: zwischen ein und zwei Euro. Diese Fahrzeuge eignen sich für Berufspendler, als Zweitwagenersatz für alle täglichen Besorgungen, als Boten- oder Dienstfahrzeuge in Gemeinden u.a. Unter www.smiles-world.de können Sie erfahren, wo in Deutschland bereits Vertriebsstationen bestehen. Weitere Vertriebsstandorte werden gesucht!
Wohin geht die Zukunft des Elektroautos? (Manfred Schlegel, Chefredakteur "Service-Profi")
- Die Energieversorger spielen in Sachen Elektromobilität eine große Rolle.
- Gegenwärtig befindet sich die Branche in der Marktvorbereitung für das Elektroauto.
- Bis zum Jahre 2020 soll das Gewicht der Elektrobatterie auf zehn Prozent der heutigen Werte reduziert sein – auch hinsichtlich der Anschaffungskosten.
- Die GVO 2010 hat auch für Elektrofahrzeuge Gültigkeit.
- Elektromotoren sind Austauschmotoren und schnell austauschbar.
- Mit dem Elektromotor entfällt im Service das Ölgeschäft. Die reinen Elektroautos fahren ebenso ohne Auspufftopf.
Mehr Umsatz durch ganzheitliche Servicegeschäfte (Jozsef Bugovics, Geschäftsführer API)
- API offeriert als ganzheitliches Geschäftsmodell die Serviceleistung "Präventive Fahrwerksvermessung". Dahinter steckt ein hohes Umsatz- und Ergebnispotential.
- Über 80 Prozent der Fahrzeuge, die in eine durchschnittliche Werkstatt kommen, weichen von den Herstellervorgaben ab. Oder anders: Über 80 Prozent der Kunden verlassen die Werkstatt mit einer Fahrwerksfehleinstellung, ohne dass sie dies wissen und ohne dass der Servicebetrieb einen Auftrag zur Einstellung des Fahrwerkes erhalten konnte.
- Präventive Fahrwerksvermessung: Sie wird berührungslos in fünf Minuten im Rahmen der laufenden Dialogannahme für alle Servicekunden durchgeführt.
- Keine Investitionen bei der Anschaffung. Die Abrechnung erfolgt auf Nutzungsbasis.
- Nächster Schritt ist die "Präventive Reifenprofilvermessung".
Weitere Details unter www.api-international.com
Kundenbindungsinstrument Kundenkarte (Frank Motejat, Geschäftsführer von Mothor)
- Durch die Kundenkarte können systematisch Daten gesammelt werden.
- Wer seinen Kunden eine Kundenkarte mit Nutzen offeriert, erhält von seinen Kunden die Unterschrift für E-Mails, Kundenzeitungen, SMS, Telefonanrufe usw. Wer die Datenschutzerklärung hat, ist im Vorteil.
- Die Kundenkarte gibt es im Hause Mothor in Platin, Gold und Silber. Die einzelnen Karten sind mit unterschiedlichen Serviceofferten hinterlegt.
- Die Karte hat Zahlfunktion /Visa. Damit trägt der Kunde sie immer in der Tasche.
- Mit dieser Karte können auch Service-Leistungen finanziert werden.
- Mit der Kundenkarte können Kunden mit älteren Fahrzeugen gewonnen werden.
- Die Karten kosten je nach Abnahmemenge zwischen zwei und vier Euro.
Serviceansprache im Internet und Servicebörsen (Dr. Arne Hensel, Geschäftsführer)
- ATU verweist auf 32 Prozent Umsatzwachstum im E-Commerce seit 2009 und unterhält die meistbesuchte Website im deutschen Kfz-Service.
- Kunden können konkret angesprochen werden mit Festpreisen im Service, Teile- und Zubehörangeboten. 24 Stunden erreichbar mittels Online-Reparaturanfrage.
- Internet-Angebote für den Service müssen angeboten werden bei Google, Ebay, meinewerkstatt.de, Mein Auto.de, Hersteller-Webseite, reaparaturFUXX.de pkw.de, auto.de, autoreparaturen.de, blauarbeit.de, MyHammer.de u.a.
- Provider wie "ServiceLister" offerieren ein Content-Management-System für die gesamte Service/Zubehör-Kommunikation und Preispflege.
20 Prozent Energieausgabensenkung sind drin! (Dipl.Ing. Erich Koller)
- Die Energiekosten im Autohaus liegen zwischen 0,1 und einem Prozent vom Umsatz.
- Im Energieeinkauf sind www.verifox.de und www.goldgas.de gewichtige Internetadressen für Preisvergleiche.
- Chancen für die Stromreduzierung liegen in Spannungsminderung, der Beleuchtung, Druckluft, Serverkühlung sowie bei Standby-Ventilatoren.
- Einscheibenverglasung ist wie "im Freien".
- Trinkwasserverbrauch für Waschanlagen heißt auch Abwassergebühren. Im Schnitt pro Autohaus 1,5 Millionen Liter. Abwasserkosten 1,10 bis 4,8 Euro pro Kubikmeter.
- Ab 1. Juli 2010 ist bei Photovoltaik die Eigennutzung lukrativer als die Einspeisung.
- Flachdachsanierung mit Photovoltaik ist selbstamortisierend. Weitere Details, auch zur Beratungsunterstützung über die KfW siehe www.energieeffizienz-beratung.de.
Ein breites Spektrum mit zahlreichen praktischen Impulsen. Dabei sein lohnte sich!
Spruch der Woche:
"Es gibt freilich genug Menschen, die leben nicht, sie erledigen nur noch." (Ernst Penzoldt)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Hans von Ohain
Rick Marlowe
H.v. Bödefeld
Hans von Ohain