HB ohne Filter vom 13. Dezember 2013
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13.12.2013Heute: Emil Frey-Group – neuer Mitsubishi-Importeur, Chevy im Schatten der GM-Überwelt, Chinesische Autoimporte und Auffälligkeiten 2013.
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9. Dezember – Montag<br><br>Emil Frey-Group – neuer Mitsubishi-Importeur
Die Besonderheit der Neuigkeit liegt im Umkehrtrend. Über Jahre sind sämtliche Privat-Importeure in Deutschland durch herstellereigene Gesellschaften abgelöst worden. Offensichtlich erkennen diverse Hersteller-Importeurgesellschaften, dass der eigene Status nur noch ab einer bestimmten Mindestmenge wirtschaftlich tragbar ist. Mitsubishi hat einmal pro Jahr in Deutschland 100.000 Fahrzeuge vermarktet. 2013 werden das noch gute 20.000 Fahrzeuge sein. Grundsätzlich zeichnet sich mehr und mehr ab, dass sich "Volumenmarken" unterhalb von drei Prozent Marktanteil auf dem deutschen Markt sehr schwer tun. 50 Prozent des Erfolges einer Marke machen die Produkte aus, die anderen 50 Prozent eine gute Händlerschaft! Nicht Internet!
Nun weiß man, dass die Frey Gruppe als Importeur eine hohe Reputation genießt. Das Credo von Firmenchef Walter Frey: "Nur wenn die Händler Geld verdienen, verdienen wir es als Importeur auch." Augenhöhe, Partnerschaft ist hier Bestandteil der Unternehmenskultur. Aber, um an alte Mitsubishi-Zeiten eines Markenimages mit den Modellträgern Pajero oder Colt anzuschließen, braucht man verdammt viel Kapital. Fürs Marketing wie fürs richtige Personal. Und da hat ja Frey aus der Hyundai-Ära noch einiges personelles Potenzial im Köcher, das nicht um jeden Preis den Umzug von Neckarsulm nach Offenbach mit innerer Leidenschaft vollzog. Oder anders, da ist nicht jeder "Walter" "frei" gegangen. Auch koreanische Kultureigenheiten sind mit Schweizer Freiheitsdenken nicht vergleichbar. Man wird also sehen, wie die Weichenstellung für Mitsubishi kurzfristig getroffen wird. Frey bringt außerdem Mitsubishi-Importerfahrung aus der Schweiz, Frankreich und Ungarn mit. Im Klartext: Man steht mit Überzeugung hinter der Marke!
Unlängst traf ich mich mit dem Gründer des Mitsubishi-Imports für Deutschland, Hanns Trapp-Dries (88). Er lebt heute unweit von Wiener Neustadt und ist nach wie vor ein intellektueller Gentleman. Ein Manager, der damals schon seiner Zeit voraus war, als er 1977 mit Mitsubishi startete. Er war auch der Erste, der als Importeur eine eigene Bank gründete. Diese Bank erreicht heute noch im BankenMonitor von AUTOHAUS Jahr für Jahr die beste Platzierung. Sicher werden im neuen Verbund zur Frey-Gruppe die MMC-Bank und die FFS-Bank nicht als feindliche Brüder agieren. Hinter der Mitsubishi-Bank stehen allerdings andere Gesellschafter als bei der bisherigen MMC-Importgesellschaft. Von daher sind hier relativ unabhängige Grenzen gezogen.
Zu gut erinnere ich mich an den "Drei Diamanten-Club", den Hanns Trapp-Dries steuerte. Wie er monatlich die jeweils besten Händler einer Region um seinen runden Tisch im Büro empfing und auf offene Kommunikation setzte. Gerne erinnere ich mich an den langjährigen Mitsubishi-Händlerverbandspräsidenten Willy Buschmann. Ja, die Zeiten wurden andere, als der unselige Daimler-Chef Jürgen Schrempp den automobilen Weltkonzern einleitete, sich an MMC beteiligte – und das Daimler-Management der MBVD Berlin in Trebur einfiel. Auch diese Zeit war für Mitsubishi wenig segensreich.
Man mag den Emil Frey-Geist und den Trapp-Dries-Geist im guten Sinne paaren und einen guten Start hinlegen. Im Händler-Lager von Daihatsu oder jetzt Chevrolet gibt es ordentliches Potenzial. Ran!
10. Dezember – Dienstag<br><br>Chevy im Schatten der GM-Überwelt
Der 5. Dezember 2013 wird in der GM-Historie eine Zäsur setzen. General Motors zieht zum 1. Januar 2016 seine Tochter Chevrolet aus Europa ab. Mary Barra (51) löst als Vorstandsvorsitzende Dan Akerson ab und wird vor Ursula Piëch die mächtigste Frau der Automobilwirtschaft, obwohl sich Stephan Girsky, Opel-Aufsichtsratschef und GM-Vize, große Hoffnungen auf den Chefsessel machte und daher zügig seinen Hut nahm. Dennoch: Toyota und Volkswagen werden um Platz eins in der Weltproduktionsmenge die großen Rivalen "der Neuen" sein. Nicht genug, GM war im Juni 2009 pleite und legte eine kontrollierte Insolvenz hin. US Präsident Obama blies zur 50-Milliarden-Dollar-Rettungsaktion. Zehn Milliarden davon trugen die Steuerzahler. Der Rest ist aktuell zurückgeflossen. Der US-Staat ist damit bei GM als Aktionär ausgestiegen. 1,2 Million Jobs wurden so gerettet. Heute schreibt GM wieder schwarze Zahlen und verkauft 2013 über neun Millionen Fahrzeuge. Wer hätte das 2009 für möglich gehalten? Drum herum hatten allerdings viele Aktionäre wie Mitarbeiter einschlägige Opfer zu bringen. Der kleine Mann!
Chevrolet verkauft pro Jahr in 140 Ländern fünf Millionen Fahrzeuge. Opel etwas mehr als eine Million. In Europa hält Opel einen Marktanteil von 6,7 Prozent, Chevrolet von einem Prozent. Ob die neue Chevy-Entscheidung strategisches Werk des neuen Opel-Chefs Karl-Thomas Neumann ist, der deutlich machen konnte, dass in einem weiterhin schwächelnden EU-Markt wenig sinnvoll ist, zwei Marken nebeneinander laufen zu lassen? Je nach Modell muss in diesem Zweierbund sogar von Kannibalisierung gesprochen werden. Und Opel zog oftmals gegen die Billigmarke Chevy den Kürzeren. Die Opel-Händler stellen aber klar, dass der Opel-Kunde kein Chevy-Käufer sei und wagen für die Zukunft die Prognose, dass allenfalls bei ganz großen Kundebindungsanstrengungen maximal 60 Prozent der Chevy-Kunden im eigenen Lager gehalten werden können. Neumann ist es seit seinem Amtsantritt gelungen, die Verluste bei Opel zurück zu fahren. Ebenso kann für 2013 seit Jahren erstmals festgestellt werden, dass die Rüsselsheimer in Europa keine Marktanteile mehr verloren haben. Der Ausstieg von Chevrolet in Europa kostet Geld. Von einer Milliarden Euro ist die Rede. Betroffen davon sind zahlreiche Händler.
Wenn jetzt zum 31. Dezember 2013 die Kündigung zum 31. Dezember 2015 kommt, reden wir von einer Kündigungsfrist von zwei Jahren. Stellt ein Hersteller sämtliche Vertriebs-und Serviceaktivitäten ein, entfällt ein Anspruch nach § 89 b HGB. Daran erkennt man, dass der Sachverhalt keine Spontanentscheidung war. Selbst wenn ein Händler erhebliche Investitionen erbracht und das Gebäude danach anderweitig nutzen kann, geht er leer aus. Man wird sehen, wie es Chevrolet mit den Serviceverträgen machen wird. Die bislang georderten Fahrzeuge sind abzunehmen. Kunden haben auch über bereits bestellte Fahrzeuge keine Rücktrittsmöglichkeit. Man wird auch die genauen Fristen für die Fahrzeugrückgabemöglichkeiten rasch ausmachen können.
Die Frage ist mehr, was soll der einzelne Händler in Sachen Chevy-Verkauf in den anstehenden zwei Jahren noch tun? Welcher Kunde greift da noch zu einer auslaufenden Ware? Da wird ohne massive Verkaufsförderung nichts mehr gehen. Es werden sich für den einzelnen Händler unterschiedliche Optionen stellen. Was ist es Opel wert, wenn ein bisheriger Chevy-Händler sich exklusiv für Opel konzentriert? Vielen anderen Händlern möchte man, so sie nicht ohnehin bereits bei einer Zweitmarke engagiert haben, zügig eine andere Marke wünschen. Nicht zuschauen und abwarten, handeln!
Erst war es der Toyota-Konzern, der Anfang 2013 seine Kleinwagenmarke Daihatsu in Europa vom Markt nahm. Jetzt ist GM dran. Wer wird der nächste sein? Importmarken unter einem Prozent Marktanteil werden sich sehr schwer tun, weil es heute bei der vorhandenen Modellbreite quer durch die Marken keine freien Nischen mehr gibt. Subaru war mal einzig in Sachen Allrad. Mitsubishi der erste in Sachen Geländewagen. Renault setzte einst mit dem Espace im Van-Bereich ein Alleinstellungsmerkmal. Es war einmal!
12. Dezember – Donnerstag<br><br>Chinesische Autoimporte
Der Erststart einer chinesischen Automarke auf deutschem Boden wurde 2005 mit dem Geländewagen "Landwind" gelegt. Er stammte vom chinesischen Autobauer Jiangling. Ein gezielter ADAC-Crashtest rechtzeitig zur damaligen IAA fuhr dessen Erfolg an die Wand. Er kostete 15.000 Euro. Der Sorento von Kia lag damals bei 30.000 Euro. 2007 zog der Hersteller Brilliance mit seinem Modell BS6 auf. Auch hier ging nichts vorwärts.
In Genf machte 2013 Qoros mit dem Qoros 3 Sedan von sich reden, als dieses Fahrzeug beim Euro NCAP-Test fünf von fünf möglichen Sternen bekam. Audi liegt mit Qoros inzwischen wegen des Buchstabens Q juristisch im Qlinch. Hinter Qoros steht der chinesische Autobauer Chery und die Israel Corporation. Das Auto soll künftig zu chinesischen Preisen verkauft werden, wurde aber von deutschen "Überläufern" entwickelt und konzipiert. 150.000 Einheiten sollen pro Jahr gebaut werden. Der Preis soll unter 20.000 Euro liegen. Anfang 2016 sollen dann die Fahrzeuge in Europa verkauft werden. Chinesische Autoimporte mit europäischen Standards lassen also noch auf sich warten.
13. Dezember – Freitag<br><br>Auffälligkeiten 2013
Wer in seinem automobilen Umfeld aufmerksam hinschaut, stellt immer mehr Ungereimtheiten, Eigenartigkeiten oder kaum Nachvollziehbares, Widersprüchliches fest. Einige Beispiele:
1. VW baut 2013 das größte VW-Zentrum Deutschlands als Retailbetrieb in München. Investment: 35 Millionen Euro. Das größte Audi-Zentrum Deutschlands ist 2013 in Stuttgart eröffnet worden. Investment: 47 Millionen Euro. Umgekehrt ersetzen digitale Präsentationsformen wie "Audi City" in London und bald in Berlin derartige Glaspaläste. Virtueller Vertrieb könnte also viel schlichter auffassen. Weshalb diese Markentempel-Gigantomanie?
2. 2013 werden weltweit 81,9 Millionen Fahrzeuge (inkl. Transporter) neu zugelassen. Selbst diese Dimension weist grob zwei Herstellergruppen aus. Die einen mit Milliardengewinnen und die andere mit Milliardenverlusten. In Frankreich und Italien bestehen Produktionskapazitäten von zwei Millionen Autos pro Jahr. Sie sind aktuell nur zu einem Fünftel ausgelastet. Da stehen eine Million Neufahrzeuge auf Halde. Muss bei Peugeot der Staat einsteigen oder der chinesische Anteilseigner seine Beteiligung ausbauen? Zieht sich Fiat morgen ganz nach Detroit zurück? Frankreich und Italien ohne eigene Automobilindustrie?
3. GM hievt erstmals in der Automobilgeschichten eine Frau auf den Chefsessel. Ihr Motto: "Keine beschissenen Autos mehr." Trotz Rückzug von Chevrolet ab 2016 vom europäischen Markt, ist Opel aufgrund seiner Europa-Dominanz noch nicht überm Berg. Wolfsburg hat bis 2018 ein Investment von 103 Milliarden Euro angekündigt. In zwei Jahren wird Skoda auf dem deutschen Markt vor Opel und Ford stehen. Man kauft sich den Markt!
4. Wenn Konzerne wie BMW, Daimler oder VW immer mehr Autos in China oder den USA bauen, dann ist das ein struktureller Umbruch, der in Deutschland auf Dauer Auswirkung haben wird.
5. Wenn sich die Automobilhersteller mehr und mehr im Bereich Carsharing engagieren, dann ersetzt jedes Carsharing-Auto fünf Privatfahrzeuge, in der Regel Kleinwagen. Von welcher Dimension sprechen wir? Vor allem in Städten?
6. BMW hat sich mit dem i3 und dem i8 strategisch für das Elektromobil ausgesprochen. Das wird in der Umsetzung ein Marathonlauf. Emotionaler Markenbotschafter dafür ist der frühere Steinewerfer, Turnschuhparlamentarier und ehemalige Vizekanzler Joschka Fischer, der über einen BMW-Beratervertrag und Vortragseinsätzen mit jeweils 25.000 Euro Honorar ganz "grün" unterwegs ist.
7. Qoros soll die erste ernstzunehmende chinesische Automarke werden. Sie wird von ehemaligen deutschen Automanagern geführt. Der stellvertretende Vorsitzende von Qoros, Volker Steinwascher, wurde mit 63 Jahren von Volkswagen mit einer monatlichen Betriebsrente von 9.700 Euro in den Ruhestand verabschiedet und verdingt sich heute als 70-jähriger Überläufer bei Qoros. Neulich wurden vergleichbare Herren, also Werksüberläufer von Hyundai im Rahmen von Auto-Bild mit einem "Goldenen Lenkrad" bedacht.
8. Die digitale automobile Vertriebswelt ist Realität. Es wird oftmals betont, dass der Handel der wichtigste Vertriebspartner bleiben wird. Wo aber bleibt der digitale Schulterschluss? Außer Mercedes hat sich bislang kein anderer Hersteller bzw. Importeur dem Handel gegenüber mit einem klaren digitalen Gesamtkonzept geäußert.
9. Der ADAC steigt abermals ins Werkstattgeschäft ein. Geplant sind 100 Stationen. Damit lässt sich mit Sicherheit kein sinnvolles Logistiksystem aufbauen, das sich letztlich rechnet. Wo liegt der Sinn des Ganzen? Was Renault-Händler Hermann in Goslar als ADAC-Werkstatt gebaut hat und Anfanf Dezember seiner ADAC-Bestimmung übergab, lässt sich morgen nahtlos in seinen angrenzenden Renault-Betrieb integrieren.
10. Täglich werden weltweit 182 Milliarden E-Mails versandt. 61 Prozent aller Geschäftsmails sind aus Sicht der Empfänger unnötig. 80 Prozent der Betriebe haben bis heute noch keine Maßnahmen ergriffen, die Erreichbarkeit einzugrenzen. Die Tendenz zur Selbstausbeutung muss gewendet werden. Suchen wir vielfach besser das Gespräch!
Spruch der Woche:
"Ich muss keine zehn Millionen verdienen, ich kann auch mit fünf Millionen gut leben. ich kann auch mit einer Million gut leben. Ich kann auch ab morgen nichts mehr verdienen und gut leben." (Daimler-Chef Dieter Zetsche)
Mit meinen besten Grüßen und Wünschen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.hannes-brachat.de
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