HB ohne Filter vom 6. Dezember 2013
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06.12.2013Heute: Renault-ADAC-Hermann, Mercedes-Online-Store, ZDK-Vizepräsident Fromme & Sixt & Co, Pkw-Maut und kein Ende! ATU und Autoglas.
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2. Dezember – Montag<br><br>Renault-ADAC-Hermann
Wolfgang Hermann, ein Bilderbuchunternehmer mit großem Renault-Herz, greift in Sachen Service zusammen mit dem ADAC überfabrikatlich in Goslar an. 950.000 Euro ist ihm dieses Investment wert. Die neue Service-Zielgruppe sind vor allem Fahrzeuge älter als acht Jahre. Die ADAC-Mitglieder werden mit zehn Prozent Nachlass auf den Arbeitslohn bedacht. Der ADAC will das Servicenetz auf 100 Stationen in Deutschland ausbauen, um so seinen 19 Millionen Vereinsmitgliedern einen weiteren Service zu bieten.
Einmal mehr sollte man den Servicemarkt mit älteren Fahrzeugen genauer betrachten. Volkswagen kommt mit dem Eco-Service trotz ansprechender Werbung nicht richtig vom Fleck. Sprich, es kommen trotz diverser Anstrengungen zu wenige Kunden mit älteren Fahrzeugen in die VW-Betriebe. Im Oktober 2013 hatte eBay in Deutschland beispielsweise 41,8 Millionen Auktionen über Internet laufen. Jede fünfte davon betrifft Auto- bzw. Motorteile! Und wer baut diese Teile ein? Der Trend geht dazu -–auch wenn man es nicht für gut hält –, dass gerade Besitzer von Fahrzeugen älterer Baujahre die Teile mit in die Werkstatt bringen. Warum, weil die Originalteile für ältere Wagen viel, viel zu teuer sind. Für zahlreiche Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, ist dessen Unterhalt zu teuer. Es floriert unter anderem der Gebrauchtteilehandel.
Beispiel: Wir nehmen einen Fiesta-Fahrer, Rentenbezieher. Fahrzeugalter zehn Jahre. Tachostand 80.000 Kilometer. Er fährt zur HU, braucht vier neue Reifen, vier neue Bremsscheiben, neue, einrollbare Sicherheitsgurte, die allein schon 250 Euro ausmachen, ferner die Inspektion und die HU-Gebühr. Dann wird dieser Fahrer bei einem Ford-Markenhändler in einer Kleinstadt rund 1.000 Euro plus Mehrwertsteuer los. Der Fahrzeugwert des Fiestas liegt bei 2.800 EUR. Wirtschaftlich liegt also ein Totalschaden vor. Ist der gar gewollt, so dass sich unser Ford-Fahrer ein anderes Auto kaufen muss, obwohl er mit dem "Alten" noch weitere 80.000 Kilometer fahren könnte? Bei einer Durchschnittsrente in Deutschland West in Höhe von 950 Euro kommt der Rentner nicht weit. Eine junge Verkäuferin, die bei Karstadt an der Kasse sitzt, auch nicht. Also bedient man sich möglicherweise flexibler Kanäle, wo die Mehrwertsteuer oft zur Märchensteuer wird.
Ich drücke mich zurückhaltend aus, gewisse Originalteile sind im Preisniveau völlig überzogen. Die Identteile, die vom selben Band kommen und eine andere Verpackung erhalten, sind im Schnitt mindestens 20 Prozent günstiger. Es gibt ferner EU-Reimporte von Originalteilen. Der Fremdbezug wird im Autohaus über den Außendienst und Bonusprogramme gezielt verhindert. Und wer wird zum Übeltäter für das Apothekerimage in der Markenwerkstatt? Fazit: Wer bei älterern Fahrzeugen Fuß fassen möchte, muss ganz gezielt die Lohn- und die Teileschiene, vor allem Schnelldreherteile preispolitisch angehen. Maß halten!
3. Dezember – Dienstag<br><br>Mercedes-Online Store
Die Mercedes-Vertreter wurden Ende November, die Presse am 2. Dezember informiert, dass Daimler am 3. Dezember mit "Mercedes-Benz connect me" sein neues Multikanal-Vertriebskonzept startet. Es geht dabei um die Verknüpfung von online, offline und mobilem Vertrieb, im Fachjargon auch schwäbisch "Multi-Channel" genannt. Die einzelnen Module werden als Pilotprojekt im regionalen Umfeld der Niederlassung Hamburg getestet. Dazu hat die Nieserlassung Hamburg künftign von 8 bis 22 Uhr geöffnet. Gleich vier Bestandsfahrzeuge der A-, B-, CLS- und CLA-Klasse kann der Interessent ab heute online bestellen. Dies ausschließlich in einem Privat-Leasingpaket inkl. Service und Versicherung, Überführung, Zulassung. Flatrate! Dem Kunden wird auf Wunsch das Fahrzeug in Hamburg zugestellt. Bestellt werden kann deutschlandweit. Auf Kundenwunsch kann der Wagen auch vom Vertreter/Partner vor Ort ausgeliefert werden.
Die mobile Vertriebsachse im Mercedes-Konzept wird auf regionalen Messen oder für junge Leute speziell in Pop-up-Stores oder über temporäre Läden zu gezielten Anlässen auf- und ausgebaut. Dynamische Markenprägung! Daimler macht bei der gesamten Aktion deutlich, dass der Retail, der Einzelhandel die wichtigste Vertriebsachse bleibt, auch beim deutschlandweiten Rollout des Onlinevertriebs.
Auch wenn BMW mit "Future Retail" für den neuen Elektrowagen I3 ebenso in beste Innenstadtlagen zieht und dabei auf seinen speziellen i3-Verkäufer "Product Genius" setzt und Audi bis 2015 in 20 Metropolen weltweit digitale Boutiquen eröffnet, so legt Mercedes nun als erster Hersteller ein grundlegendes Konzept für ein Online-Store vor, wohlwissend, dass der Lifestyle in Großstädten für andere Standorte anders zu bewerten ist. Wer hat schon eine Elbphilharmonie? Wo baut Ikea in einer Fußgängerzone wie in Hamburg-Altona eine große Dependance? Die Atmosphäre und Architektur der Innenstädte wie Hamburg, Berlin und München kann das Internet nicht bieten.
Es ist nur begrüßenswert, dass Daimler für seinen stationären Handel neue Wege und Konzepte ausprobiert. Ganz besonders den Einsatz der digitalen Produktpräsentation. Diese Erfahrungen lassen sich wirkungsvoll auf andere Standorte übertragen. So erfreulich es ist, dass über diese "Stores" neues Publikum, Fremdmarkenfahrer angesprochen werden, vor allem auch junge Menschen, so leben wir alle letztlich vom aktiven Verkauf. Irgendeiner muss ja die Unterhaltung, das Erlebnis, das besondere Vergnügen, diesen "Lustkonsum" bezahlen. Die Hanseaten und Berliner sicher eher als die echten Schwaben. Immerhin sind die durchschnittlichen Neuwagenkäufer bei Mercedes, Audi und BMW zwischen 52 und 54 Jahre alt. Und bislang ist von diesem City-Event-Auftritt nur bei den Premiummarken die Rede. Welche normalen Importmarken können da finanziell mitspielen? Deren Niederlassungen sind mit den heutigen Gegebenheiten schon finanziell überfordert. Da stellt sich die grundsätzliche Herausforderung: über welche Aktivitäten schafft es der Handel, mehr Kunden in seine Schauräume zu bringen? Es wird beim Produkt Auto so bleiben, dass der Kunde sehen und fühlen will, was er kauft. Markenerlebnis! Fazit: Die kluge Verbindung von online und offline ist für den Automobilhandel das Gebot der Stunde. Weihnachtlich formuliert: Klick Glöckchen, klicke, klicke klick!
4. Dezember – Mittwoch<br><br>ZDK-Vizepräsident Fromme & Sixt & Co
Es ist ja erfreulich, dass sich der Sprecher des deutschen Autohandels, Ulrich Fromme, sechs Wochen nach Markteintritt von Sixt ins Neuwagengeschäft zu Wort meldet. Das Portal www.sixt-neuwagen.de erinnert an jene Zeit, als Erich Sixt seine maßgebliche Vermietflotte über den ominösen MB-Niederlassungsleiter München und damaligen Sixt-Aufsichtsrat, Karl Dersch, mit Preisnachlässen jenseits von Gut und Böse bezog. Erich Sixt ließ damals immer wieder lockere Sprüche vom Zaun. "Der Wettbewerb wird von mir immer nur die Rücklichter sehen." Wenn er jetzt wieder mit 56 Prozent Preisvorteil in seiner Neuwagenböse auftrumpft, dann ist Frommes Aussage, mal mit den Herstellern zu sprechen, alles andere als ausreichend. Es geht ganz vielmehr um Transparenz und Verantwortung in der Sache.
Also, wie sieht das Geschäftsmodell von Sixt im Detail aus? Woher kommen diese Fahrzeuge? Der ZDK hat einen Hauptgeschäftsführer, Dr. Axel Koblitz. Der ist Jurist. Der müsste längst geklärt haben, ob die Sixt- Vertriebsachse juristisch überhaupt haltbar ist und nicht gegen geltende Vertriebsverträge verstößt? Wenn der Sixt-Weg legitim ist, kann jeder andere morgen einen eigenständigen Neuwagenvertrieb starten. Läuft das bei Sixt über das Vermietgeschäft, dann dürften es allenfalls Mietwagenrückläufer sein. Oder muss sich Sixt nicht mehr an vorgegebene Mietwagenzeiten halten? Oder laufen die Fahrzeuge über die Sixt Leasing AG, dann sollte jeder Markenhändler morgen wieder eine eigene Leasinggesellschaft aufmachen und seinen Händlervertrag abgeben. Soviel zur Transparenz.
Jetzt zur Verantwortung. Es steht dem Hersteller nicht zu, einen separaten und sehr dunklen Spotmarkt über dritte Kanäle am Vertragshandel vorbei auf- und auszubauen. Die mit Standards überzogenen Vertragshändler sollen die Hochpreispolitik durchsetzen, um für die Hersteller/ Importeure den Rahm abschöpfen und die cleveren Rosinenpicker werden vom Hersteller/Importeur mit Rabattgeschenken übersät. Dazu gehört nicht nur Sixt, sondern alle digitalen Händler, die von zu Hause aus im Auftrag von Hersteller/Importeuren wie den werkseigenen Importgesellschaften auf stillem Wege überfabrikatliche und nicht autorisierte Handelsgeschäfte betreiben. Wundert es einen, dass dem stationären Handel so Zug um Zug die Substanz entzogen wird? Noch mehr, die Hersteller/Importeure verlieren ihre eigentlichen Markenbotschafter und verlieren auf Dauer Marktanteile.
5. Dezember – Mittwoch<br><br>Pkw-Maut und kein Ende!
So geht's, wenn eine Sache nicht zu Ende gedacht wird. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer will schon seit Jahren die Pkw-Maut. Sein Verkehrsminister Peter Ramsauer wollte sie in Wahrheit nie. Aktuell wird er ob seiner Planlosigkeit auf der Titelseite der "SZ" vorgeführt. Und Seehofer muss sich jetzt erst Klarheit verschaffen, wie weit das Ministerium mit der Maut ist. Er will sich das nächste Woche anschauen. Nun ja!
Die CSU hat im Vorfeld zu den Landtagswahlen immer offen gelassen, für welches Mautsystem man eigentlich eintritt. Für die Pickerl-Lösung oder die elektronische wie bei den Lkw. Zukunftsgerichteter wäre fraglos die elektronische Steuerung. Dazu müsste aber jedes Auto erst nachgerüstet werden. Das wäre ein weitsichtiges Konjunkturförderungsprogramm gewesen, das zum einen gerechter, umweltfreundlicher und viel größere Möglichkeiten zur Verkehrssteuerung hätte. 2014 wäre nach der Abwrackprämie 2009 das Ausnahmejahr für die Branche. Man darf nicht daran denken.
Die Grünen haben zur Pkw-Maut ihre Fragen aus der ADAC-Vorlage zur Pkw-Maut übernommen. Der ADAC stellt dort die Behauptung auf, dass der Verwaltungsaufwand für die Ausländer-Maut höher sei als deren Einnahmen. Wie der ADAC das ermittelt hat, bleibt dessen Geheimnis. Ramsauer setzt auf 800 Millionen Euro Mehreinnahmen. Genaues weiß man nicht. Ramsauer wird seiner Aufgabe so nicht gerecht. Wahrscheinlich will er die Pkw-Maut seinem Nachfolger Alexander Dobrindt überlassen.
6. Dezember – Freitag<br><br>ATU und Autoglas
ATU steht trotz 600 Millionen Euro Schuldenerlass nach wie vor unter Starkstrom. Schon unter Federführung des bisherigen Haupteigners KKR wurde mehrfach die Strategie geändert. Auch für ATU wächst das Servicevolumen nicht in den Himmel. Das Reifengeschäft ist starken saisonalen Schwankungen ausgelegt. Und über Inspektionsarbeiten allein kann man keine Werkstatt mehr auslasten. Wie die Kfz-Werkstätten mit Verspätung hat ATU jetzt noch später das Thema Autoglas für sich entdeckt und schwingt sich in der Ankündigung mit 600 Stationen gleich medial zu Deutschlands größter Autoglaskette auf. ATU ist bereits stark im Flottengeschäft unterwegs. Jetzt sollen weitere Kooperationen mit Autoversicherungen hinzu kommen.
Diese Entwicklung müssen aber angestammte Kfz-Betriebe nicht einfach hinnehmen. Vielfach findet man bei verschiedenen Marken in der Kundenannahmezone Musterbeispiele von angeschlagenen Autoscheiben. SmartRepair! Sie machen einen Großteil der jährlich 4,3 Millionen Glasschäden aus. Es gibt aber auch eine freie, überfabrikatliche "Glaskette" namens "KS". Hier gibt es über Deutschland verteilt inzwischen 550 Betriebe. Die Kette hat das Zeug, ATU in Sachen überfabrikatlicher Glasreparatur zu überholen. Details unter www.ks-autoglaszentrum.de. Sitz der Firma ist Brühl. Das ist sicher für manchen eine ideale Ergänzung, um zusätzliche Werkstattauslastung abzusichern.
Spruch der Woche
"Advent und Weihnachten – Zeit der Stille und Besinnung, bis jemand auf die Idee kam, dass Geschenke sein müssen."
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
Franz-Josef Keller
Gerd Gerresheimer
Dieter Mondt