HB ohne Filter: Klimaabsolutismus +++ Autos und Mobilität der Zukunft +++ Der "Eiserne Schmiedemeister"
Unabhängig, scharfsinnig, auf den Punkt: der aktuelle Wochenkommentar von AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat!
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27.09.2019Klimaabsolutismus und die Realitäten +++ Autos und Mobilität der Zukunft - Die Sicht der Autofahrer +++ Handwerk braucht Förderung bei der Lehre +++ Der "Eiserne Schmiedemeister" wird 85 - Friedrich A. Ernst
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Klimaabsolutismus und die Realitäten
Es ist erstaunlich, wie sich über einen Schulstreik einer Einzelnen, 15-jährig, die internationale Klimasicht innerhalb eines Jahres gewandelt hat. Gut so, dass sich viele Jugendliche überhaupt einmal politisch aktiv engagieren. Und die "Prophetin Greta", die Ökoaktivistin, hatte nun vor der UN einen Auftritt, der eine auffällige Radikalität im Ton und Gestus zum Ausdruck brachte. Wer inszeniert diesen Superstar des Klimageistes? Es gilt nur die eine Meinung. Und diese Einseitigkeit schürt Misstrauen. Oder anders, das schafft für die eine wie die andere Seite kein positives Demokratieverständnis. Schafft man mit markigen Forderungen allein eine andere Zukunft, umweltpolitisch gar für die über- und übernächste Generation? Es ist sehr wichtig, über die Zukunft zu reden. Das Thema Klima reduziert sich nicht allein auf die Erderwärmung. Es wäre gleichermaßen aufzuarbeiten, was man im Kampf gegen die globale Überbevölkerung tun muss.
Zahlreiche Medien arbeiten auf diesem Weg allesamt mehr mit gefühltem Wissen, als mit wissenschaftlich sauberen Daten, sprich mit fundierter Betrachtung. Es fehlt der Kampagne der Jungen ebenso an konkreten wie realistischen Lösungen sowie Vorschlägen zur Bezahlbarkeit des Ganzen. Beispielsweise zeigt die Forderung, das Auto abzuschaffen, wo viele Menschen darauf angewiesen, dass es nicht nur um ökologische, sondern eben auch um soziale Gesichtspunkte geht. Wer das Auto, wer Individualverkehr abschaffen möchte, vernichtet in Deutschland massiv Arbeitsplätze. Es geht also um Ökologie wie um Ökonomie. Gesucht ist keine säkulare Klimareligion als Erlösungshoffnung, sondern wirkungsvolle Taten, die nach und nach Klimaschutz bewirken. Dazu gehört ohne Frage der Weg zum emissionsfreien Automobil. Dazu gehört eine Verkehrsreduzierung. Dazu gehört der Abbau von fossilen Energien. Und das bewirkt man nicht am "Friday", sondern über einen Marathonlauf in Form von Innovationen und mit neuen Techniken. Das ist in Summe die internationale Herausforderung. Und es sei betont, selbst wenn wir in Deutschland all unsere Umwelt-Hausaufgaben machen dennoch die Wirkung auf das Weltklima minimal ist. Die internationale Ausrichtung ist gefordert.
Das Thema in Deutschland ist die Differenz von Reden und Tun. Die neue Ökobewegung arbeitet das sichtbar heraus. Und das ist gut so. Nur, wenn man für eine ICE-Strecke von München nach Berlin von der Planung bis zur Bearbeitung aller grünen Klageeingaben u.a. 20 Jahre braucht, so stehen sich die grünen Aktivisten eben oft selbst widersprüchlich im Weg. Die Forderung, den U- und S-Bahn-Verkehr in München in Stoßzeiten von zehn auf fünf Minuten zu reduzieren, besteht seit 20 Jahren. Sie schaffen es nicht einmal, den Zehn-Minuten-Rhythmus verlässlich zu organisieren, so dass selbst ein Grüner im Winter lieber im beheizten musikbegleitenden Auto im Stau sitzt, als an einer offenen S-Bahn-Stelle frierend bei Regen oder Schnee zu warten. Man schaue sich die Malaise des geplanten Brenner-Basis-Tunnels an. Seit 2008 wird dort gegraben. Die Frage ist, von welcher Seite! Das Bahnhofsrevier in Stuttgart oder der Berliner Flughafen zeigen eben diese deutsche Malaise. Deutsche Regulierungswut! Man muss die Bremsen lösen, die klimapolitische Taten fortlaufend behindern. Aufs Gas drücken! Tempo machen!
Diesel-Betrügereien
Der Aktualität dieser Woche sei klimapolitisch angehängt, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen Martin Winterkorn, den heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch, ein österreichischer langjähriger Engvertrauter der Familien Porsche-Piech, und den Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess wegen Marktmanipulation in Sachen Dieselbetrug Anklage erhoben hat. Auch das noch. Klageerhebung, gleichzeitig gegen den Aufsichtsrats- und den Konzernvorstandsvorsitzenden. Das ist einmalig. Die Anklageschrift: 636 Seiten Umfang. Ob die VW-Strategie aufgeht, in der Dieselaffäre auf "ewige Zeiten" zu setzen? Vier Jahre sind bereits seit der US-Aufdeckung im VW-Dieselbetrug vergangen.
Auch Daimler hat diese Woche wegen mutmaßlich illegaler Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung einen Bußgeldbescheid über 870 Millionen Euro erhalten. Der Konzern wird keine Rechtsmittel einlegen. Ob Ex-Konzernchef Dieter Zetsche ungeschoren davon kommen wird? Das neuerliche Faktum belastet ohne Frage seine wirkungsvolle Gesamtbilanz! Källenius' Brandbrief an die Belegschaft sowie die aktuelle Mercedes-Benz-Vertreterversammlung sind ein weiterer Weckruf.
Kein Tag vergeht ohne E-Mails von Anwaltskanzleien, die sich in Sachen für geschädigte Dieselkunden monetär ins Zeug werfen wollen!
Autos und Mobilität der Zukunft - Die Sicht der Autofahrer
Bei aller Klimaapokalypse sei vergegenwärtigt, dass die Mehrheit der Deutschen gerne Auto fährt, vor allem Frauen und Jugendliche (siehe Abb.). Auch wenn das diverse Presseorgane, sprich mentalgrüne Schreiberlinge nicht wahrhaben wollen. Betrachten wir die Ergebnisse in nachstehender Abbildung, die aktuell im September puls erhoben hat. Für viele bleibt auch in Zukunft in Innenstädten das Auto dominierendes Verkehrsmittel. Wenn aktuell in München 20 Prozent der Autofahrer auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen würden, wären zu Stoßzeiten U- und S-Bahn hoffnungslos überfordert. Erst 30 Prozent sind der Auffassung, dass sich der Elektroantrieb durchsetzen wird. Die IAA hat die E-Offensive eröffnet. Inklusive Hybridantriebe. Ein Muss aufgrund vorgegebener CO2-Grenzwerte von 95 Gramm/km ab 2020. Erstaunlich, wie schwer sich die Branche - auch in den eigenen Mitarbeiterreihen - mit dieser E-Veränderung tut. Es reicht ja nicht, dem Kunden sein E-Auto vor die Tür zu liefern, sondern die Branche sollte sämtliche Fragen beziehungsweise Unsicherheiten um das neue E-Auto lösen. Welche Wallbox? Welcher Stromtarif? Wie kann der E-Fahrer seinen Strom selber erzeugen? Wie in der Garage speichern und nach Bedarf abrufen? Das sind alles neue Geschäftsfelder, neue Chancen!
Immer wieder taucht die Frage auf, ob es künftig, gerade auch bei autonomem Fahrzeugverkehr mehr oder weniger Autos geben wird? Wenn morgen in den Städten autonomes Fahren möglich wird, dann wird es weniger Autos geben. Aber! Gegenwärtig steht ein Auto 23 Stunden pro Tag. Autonome Autos werden sich aber künftig 24 Stunden bewegen. Sprich, weniger Autos ja, aber der Verkehr wird nicht weniger, sondern mehr! Die zentrale Herausforderung bleibt das Thema Verkehrsreduzierung!
Gerade die jüngere Generation macht in der Befragung deutlich, dass Autos künftig mehr und mehr im Internet angeschafft werden. Das bedeutet für den Handel, den Internetkauf im Netz selber anzubieten. Nicht auf den Direktvertrieb des Herstellers warten, sondern selber aktiv werden.
Autos und Mobilität der Zukunft
Handwerk braucht Förderung bei der Lehre
Letzte Woche fand eine gemeinsame Veranstaltung des Zentralverbands des Handwerks (ZDH) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) statt. Thema: "Gute Ausbildung im Handwerk. Mit Qualität in die Zukunft." Faktum ist, dass eine erhebliche Zahl von Lehrlingen in Kleinbetrieben ausgebildet wird. Und da hat es Jugendliche dabei, die andere Eingangsbedinungen mitbringen als Abiturienten oder Studienabbrecher. Selbiges gilt für Migranten. 30 Prozent der Lehrlinge haben heute Abitur. 30 Prozent der Studenten sind Studienabbrecher. Diese Unterschiede sind für die Ausbilder wie für die Berufsschullehrer eine besondere Herausforderung. Sprich, für sie, inklusive der Ausbilder in überbetrieblichen Bildungsstätten, sind Fortbildungsmaßnahmen zu initiieren. Damit bedarf auch die Ausbildereignungsverordnung der Überprüfung. Die Berufsschulen selbst sind vielfach in der technischen Ausstattung nicht auf dem Stand der Dinge. Immer wieder ist auch vom Lehrermangel die Rede. OECD-Länder geben im Schnitt fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus. In Deutschland sind es 4,2 Prozent. Wo fließen all die Milliarden an Steuereinnahmen hin?
Eine originelle Aktion. Am 20. September fand von 18 bis 23 Uhr die "Lüner Nacht der Ausbildung" statt. Das Opel-Autohaus Rüschkamp ist neben weiteren 16 Unternehmen aktiv mit dabei. Es werden auf dieser Strecke Ausbildungs- und Praktikumsplätze offeriert. Die Stadt Lünen, dort der Bereich Übergangsmanagement Schule – Beruf, agiert als Koordinator. Weitere Details unter www.luener-nacht-der-ausbildung.de. Zur Nachahmung empfohlen.
Lüner Nacht der Ausbildung
Der "Eiserne Schmiedemeister" wird 85 - Friedrich A. Ernst
Eine Bahlinger Institution - im Kaiserstuhl, in unmittelbarer Nachbarschaft zu Oberbergen, der Heimat des neuen DFB-Präsidenten Fritz Keller gelegen - feiert am 26. September ihren 85. Ehrentag: Friedrich A. Ernst, von jung an Fritz genannt. Seine Familie war schon drei Generationen vor ihm in einem der ältesten Handwerke der Menschheit verwurzelt, dem Schmiedehandwerk. Als ältester Sohn von August und Emilie Ernst war wie damals oft vorgegeben, dass auch für ihn das Schmiedehandwerk zur Berufung wird. Sein Vater August, Schmiedemeister, kehrte 1948 aus Französischer Kriegsgefangenschaft zurück, war sein Lehrherr. Samstagsarbeit war damals üblich und es wurde zum Wochenende hin der Wochenlohn von fünf DM fällig. Heute liegt der Wochenlohn eines Lehrlings bei rund 200 Euro, sprich 400 DM.
Nach fünf Gesellenjahren erwarb Fritz Ernst nach Besuch der Meisterschule in Freiburg 1958 den Meisterbrief als "Schmiedemeister". Und so erhielt er bis heute den goldenen, den diamantenen und zum 60-jährigen Meisterjubiläum den "Eisernen Meisterbrief" (siehe Abb.). Unsensible Bürokraten schafften 1989 den "Schmied" ab und integrierten ihn bei den Metallbauern, Fachbereich Metallverformung. Das führte 1995 zur Gründung der "Schmiedezunft Emmendingen". Man will die Handwerksehre, die Fähigkeit zum Erschaffen von Gegenständen mit Hilfe des Feuers, hochhalten. Der Jubilar fertigt heute noch Tore und Türen sowie Gitterwerk an. Oder man kann ihm live an der Esse beim Ausschmieden und Härten von Meißeln, Spitzeisen, Pickel und Pflugscharen zusehen. Und das gelingt nur im Schmiedefeuer. Wer da Fritz zuschaut weiß, weshalb die Weisheit "Im Leben kommt es darauf an, Hammer oder Amboss zu sein, aber niemals das Material dazwischen" besonderen Sitz hat. Oder: "Man geht besser zum Schmied als zum Schmiedle." Oder: "Schmiede das Eisen, solange es heiß ist." Man sollte das Erworbene zu wahren wissen. Die Arbeiten als Huf- und Wagenschmied bildeten in der Nachkriegszeit die besonderen Schwerpunkte. Fritz Ernst hat viele Pferde, Ochsen und Kühe beschlagen.
Und worin liegt die Bedeutung des Hufeisens als Glücksbringer? Ein Sprichwort drückt es so aus: "Ein Nagel kann ein Hufeisen retten, ein Hufeisen ein Pferd, ein Pferd einen Reiter und ein Reiter ein Land." Ein Hufeisen soll Unglück, Unheil und Krankheit abwenden. Die Legende sagt, man möge das Hufeisen mit der Öffnung nach oben aufhängen, damit das Glück nicht verloren gehe. Und bitte, an Silvester aufhängen! Wie vielen - nicht nur Pferden - hat unser Jubilar mit selbst angefertigten Hufeisen im Leben Glück gebracht!?
Nach und nach hat sich das Schmiedehandwerk in den Landmaschinenbereich gewandelt und Fritz hat zusammen mit seinem Bruder Manfred von Traktoren, Mähdrescher, Miststreuer, Melkanlagen bis zu Kleingeräten für den Weinbau alles verkauft und repariert. Welche Vielfalt?
Von Landmaschinen- zu Autoreparaturen ist der Weg nicht weit. 1974 wurde der Händlervertrag mit Ford geschlossen. Daraus sollten bis heute in ganz Südbaden 14 Standorte werden. Mit seinem Sohn Siegfried Jürgen stand die sechste Generation. Vater und Sohn arbeiten bis heute Hand in Hand zusammen.
Fritz gehört heute sicher auch zu den ältesten Traktorfahrern in Bahlingen. Er weiß, wann die Natur zu welcher Arbeit im Weinberg ruft. Dort ist ein weiteres Refugium, das sein Herz erfreut und ihn immer wieder dankbar stimmt. Heute noch (!), zweimal in der Woche, spielt er mit einem 20 Jahre jüngeren Freund und am Sonntagmorgen im Doppel Tennis. Wir dürfen heute nicht nur einen "Eisernen Meister" hochleben lassen, sondern den "Großen Fritz vom Kaiserstuhl". Ich hatte die letzten 25 Jahre mit ihm zahlreiche Begegnungen, bei seinen Geliebten, der Schmiede wie im Weinberg. Fritz, ich danke Dir und erweise zu Deinem Ehrentag größte Referenz. Von Herzen alles, alles Gute!
Abb. l.: Vater und Sohn, Fritz und Ford-Händler Siegfried Ernst, Freiburg-Bahlingen
Abb. M.: Der "Eiserne Meisterbrief"
Abb. r.: Was der große Meister wohl dachte, als er mir das glühende Eisen zur Bearbeitung überließ?
Spruch der Woche
"Wir haben den Weckruf der jungen Leute gehört." (Bundeskanzlerin Angela Merkel)
Mit meinen besten Herbstgrüßen
Ihr
Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS
www.brachat.de
Der nächste HB ohne Filter erscheint am 4. Oktober 2019!
JK