Die Verjährung von Schadenersatzansprüchen im VW-Abgas-Skandal endet nach einem Urteil des Landgerichts Trier nicht zwingend Ende 2019. "Eine problematische und ungeklärte Rechtslage" könne den Verjährungsbeginn hinausschieben, urteilten die Richter nach Mitteilung des Gerichts vom Mittwoch. Die dreijährige Verjährungsfrist beginne erst, "wenn eine zutreffende Einschätzung der Rechtslage" möglich sei. Bei den Fällen der Diesel-Abgasmanipulation im Zusammenhang mit dem Motor des Typs EA 189 fehle es bis heute an einer höchstrichterlichen Entscheidung (Az. 5 O 417/18).
Im vorliegenden Fall hatte das Gericht der Klage einer Kundin von Volkswagen stattgegeben und den Autobauer grundsätzlich zur Rückzahlung des Kaufpreises eines VW Golf verurteilt. VW habe der Klägerin vorsätzlich und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einen Schaden zugefügt. Die Frau hatte das Auto im Februar 2014 erworben und im Februar 2019 Klage eingereicht. Nach Auffassung des Gerichts waren die Schadenersatzansprüche noch nicht verjährt.
Für den Beginn der Verjährung brauche es eine "auslösende Kenntnis": Die VW-Mitteilung vom September 2015 über Unregelmäßigkeiten der verwendeten Software bei Dieselmotoren des Typs EA 189 reiche dafür nicht aus, begründete das Gericht. Bei solchen komplizierten Sachverhalten seien "höhere Anforderungen zu stellen".
Der Trierer Rechtsanwalt Christof Lehnen, der das Verfahren vor dem Gericht geführt hat, sagte, es handele sich um ein wichtiges Urteil. Denn bisher seien Autofahrer davon ausgegangen, dass jene Ansprüche auf Schadenersatz zum 31. Dezember 2019 verjährten.
Ein VW-Sprecher sagte, das Unternehmen halte das Urteil für falsch und werde dagegen Berufung einlegen. Nach der Veröffentlichung einer Mitteilung Ende September 2015 sei über das Thema breit informiert worden. Kläger könnten sich deshalb nicht darauf berufen, nicht gewusst zu haben, dass ihr Fahrzeug betroffen ist. Ihre Ansprüche seien Ende 2018 verjährt. (dpa)