Ausgabe 03/2008: Service hat seinen Preis

Prozesskosten / Der Automobilservice gerät zunehmend unter Preisdruck. Eine (letzte) Chance, die Rendite zu retten, liegt in der effektiven Gestaltung der Serviceprozesse.Service hat seinen PreisVon Manfred SchlegelPro Jahr zwei Prozent Rabatt – in einer marktschreierischen, nur auf den Preis fokussierten Werbeaktion versucht Volkswagen Kunden mit bis zu 30 Prozent Nachlass in die Werkstätten zu bringen. Droht dem (noch) profitablen Servicegeschäft dasselbe Rendite-Desaster, wie es im Neuwagengeschäft schon die Regel ist?Effizienzsteigerung statt PersonalabbauEin Blick auf die Kostenseite des Service zeigt klar: Den größte Kostenblock bilden die Personalkosten. Doch es wäre zu einfach, hier grob zum Rotstift zu greifen und Stellen zu streichen. Kurzfristig würde dies zu einer erheblichen Einsparung führen – aber eben nur kurzfristig. Wer nachhaltig im Service Geld verdienen will, muss seine Prozesse auf den Prüfstand stellen: Haben sich die Abläufe im Service ebenso stark gewandelt, wie sich das Autogeschäft in den letzten Jahren weiterentwickelt hat? Wo gibt es Potenziale zur Optimierung? Welche Schritte sind wirklich notwendig – auf welche kann das Autohaus verzichten? Gibt es gute Beispiele oder Benchmarks aus anderen Branchen oder Servicekonzepten? Nur wer die Serviceabläufe äußerst effektiv und zugleich einfach strukturiert, wird in Zukunft noch Geld verdienen können. IT muss sich am Prozess orientierenProzessabläufe und IT sind heute untrennbar miteinander verknüpft. Dabei hat immer der Grundsatz zu gelten: Die EDV hat sich an den Prozessen zu orientieren und nicht der Prozess an der Leistungsfähigkeit einer Software. Eine prozessverhindernde Software kann sich das Autohaus heute nicht mehr leisten. Und wie oft kommt der Einwand: "Wir würden ja gerne, aber unsere EDV lässt dies nicht zu!". Bei der Anschaffung von EDV ist die Prozessunterstützung als das maßgebliche Kriterium zu sehen. Hier zu sparen kommt teuer zu stehen.Eine leistungsfähige Service-EDV sollte auf jeden Fall das können:a bei der Serviceannahme auf auszuführende Rückrufaktionen hinweisen,a einen Teilepickerschein zur vorbereitenden Teilezusammenstellung ausdrucken können,a die Teile- und Auftragsabwicklung digital, beispielsweise per Strichcode ermöglichen,a eine Schnittstelle zwischen technischem Informationssystem mit hinterlegten Arbeitswerten und dem Teilekatalog bieten,a eine effiziente und integrierte Werkstattterminplanung mit Angebots- und Teilebedarfsmanagement bieten,a eine größtmögliche Auftragsvorbereitung durch die Serviceassistenz ermöglichen,a digitale Zeit- und Leistungserfassung ermöglichen,a Checklisten wie Inspektionspläne als Anhang zum Auftrag automatisch ausdrucken.Leider ist die Realität davon heute zum Teil noch weit entfernt. Service-Mitarbeiter müssen oft mehrere, grundverschiedene Systeme beherrschen und noch viele Prozesse oder schlicht Datenübertragungen von einem System zum anderen manuell durchführen. Dies dürfte im fortgeschrittenen IT-Zeitalter eigentlich nicht mehr der Fall sein. Die vorstehende Auflistung möge als Bewertungsinstrument für künftige EDV-Entscheidungen dienen.Auftragserweiterung ist prozessualer WahnsinnFür eine nachträgliche Auftragserweiterung sind heute mehrere Kontakte zwischen Monteur und Serviceberater und Kunde und Teilelager notwendig. Oftmals muss sogar der Monteur seine Arbeit wegen nicht sofort verfügbarer Teile unterbrechen. Diese Abstimmungen kosten wertvolle Zeit und zehren zudem massiv an der Kundenzufriedenheit. Ergo: Nachträgliche Auftragserweiterungen sind prozessualer Wahnsinn! Gegen diesen Wahnsinn gibt es nur ein Mittel: Die sorgsam und umfassend durchgeführte Dialogannahme. Der Mehraufwand für eine Auftragserweiterung steht in keinem Verhältnis zu den wenigen Minuten, die eine Dialogannahme erfordert.Oftmals klagen Serviceberater über eine ernst zu nehmende Überlastung. Hier ist der Einsatz einer Serviceassistenz dringend zu prüfen. Ist eine solche bereits installiert, ist die Arbeitsaufteilung zwischen ihr und dem Serviceberater zu überprüfen: Wie viele Telefongespräche führt der Serviceberater selbst? Kann die Serviceassistenz die Auftragsvorbereitung übernehmen? Der Serviceberater ist von allen Tätigkeiten außerhalb der eigentlichen Serviceberatung am Kunden freizustellen. Nur so kann er seine höchste Leistung und damit Kundenzufriedenheit und Gewinn für das Unternehmen bringen.Teilebeschaffung ist Zeitverschwendung!Die nächstgrößte Zeitverschwendung findet in Deutschlands Autohäusern am Teiletresen statt. Dabei lässt sich diese Zeit so einfach minimieren: Bereits zum Zeitpunkt der Auftragserstellung bekommt das Teilelager per Pickerzettel eine genaue Aufstellung der benötigten Teile. Dann besteht genügend Zeit, diese auftragsgerecht vorzudisponieren und zur Abholung im Werkstattbereich bereitzuhalten. Noch idealer wäre, den auftragsspezifischen Teilebedarf gleich in die Werkslogistik zu integrieren. Dann erhielte die Werkstatt bereits vom Werk vorkommissionierte "Auftragspäckchen".Sicher gibt es immer wieder nachträglichen Teilebedarf, der unvermeidbar ist. Aber auch hier ist darauf zu achten, dies zeitsparend erledigen zu können. Die Teilelager sind für die Teile "des täglichen Bedarfs" für die Monteure zu öffnen. Das Dilemma: Teileentnahme ohne Fakturierung. Hier sind pragmatische Lösungen mit Hilfe der EDV (Barcode-Scanner) oder notfalls manuell per Entnahmeschein am Regal möglich.Es lohnt, direkt am Teiletresen eine Wartezeiten-Analyse durchzuführen. Wartezeiten von bis zu einer Stunde pro Monteur und Arbeitstag sind keine Seltenheit. Man rechne auf das Jahr hoch und multipliziere mit dem Stundenverrechnungssatz! Wir sprechen von 10 bis 15 Tausend Euro pro Monteur!!Werkstatt der kurzen WegeWeiteres Potenzial, die Prozesseffizienz zu steigern, liegt in der optimalen Einrichtung der Werkstatt. Hier spielen die zentrale Rolle qualitativ hochwertige und funktionsfähige Werkzeuge. Eine Mechanikerkommission sollte hier zweimal jährlich eine kritische Analyse fahren. Besonders wertvoll sind hier neue Mitarbeiter aus fremden Betrieben, die frische Ideen und Impulse liefern können.Außer der optimalen Ausstattung mit Werkzeugen spielt auch deren Anordnung eine große Rolle. Alle für Standardarbeiten wie Inspektionen oder Zahnriemenersatz notwendigen Werkzeuge müssen im nächsten Umfeld des Monteurs zur Verfügung stehen. Die Praxis zeigt oft anderes: Zum Beispiel Ölfilterschlüssel, die nur einfach im Betrieb vorhanden sind und keinen festen Platz haben. Unnötige Sucharbeiten oder Wartezeiten sind die leidvolle und kostspielige Folge. Auch hier kann eine genaue Analyse von großem Nutzen sein. Auf einem Grundriss der Werkstatt sind über vier Stunden durch einen Beobachter alle zurückgelegten Wege eines Monteurs aufzuzeichnen. Das entstandene "Bild" spricht meist eine unmissverständliche Sprache – und regt zum Umdenken und -organisieren an.Zwillingsschwester AuslastungMehr Effizienz in der Leistungserbringung führt zwangsläufig zu mehr Leistungspotenzial in der Werkstatt. Der Servicemarkt entwickelt sich jedoch rückläufig. Führt also eine Effizienzsteigerung doch unmittelbar zu notwendigem Personalabbau? Das wäre eine Antwort. Die andere Antwort heißt Auslastungsmanagement, also zusätzliche Auslastung erzielen oder Werkstattgeschäft in auslastungsschwache Zeiten auslagern. In der nächsten Folge wollen wir in AUTOHAUS das Auslastungsmanagement zum Thema machen.Droht dem Autoservice die "Rabattitis", war unsere Eingangsfrage. Das einzelne Autohaus kann diesen Prozess nur bedingt aufhalten. Es kann Kosten sparen, indem es die Prozesse weiter optimiert. Neben dem Gebot des fairen Preises sollte sich jedes Autohaus auf seine Service-Stärken besinnen, diese noch weiter ausbauen und vor allen Dingen den Kunden kommunizieren. Letztlich ist es der Kunde, der entscheidet, wo er sein Fahrzeug zum Service gibt. Und für ihn zählt mehr als nur der rein ökonomische Vorteil des Geldbeutels. Diese Erkenntnis scheint er den VW-Marketing-Experten voraus zu haben.Manfred.schlegel@autopro-online.com

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Service hat seinen Preis

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