Markenservice: Potenzial eines Flügelspielers

Das Autohaus Bekirovski ermöglicht interessierten Kunden auch einen digitalen Rundgang. Über Google-Streetview oder die eigene Webseite bietet Inhaber Bajram Bekirovski einen 360-Grad-Blick in das Ssangyong Zentrum Köln. Das Autohaus ist einer der wenigen "Exklusiv-Partner" der koreanischen Marke in Deutschland. Bislang fühlt sich die Ssangyong Motors Deutschland GmbH als Zweit- oder Drittmarke in Mehrmarkenbetrieben recht wohl. Durch die Hintertür ins Portfolio zu gelangen, ist ein recht bescheidener Ansatz, wenn man bedenkt, dass der Allradspezialist derzeit von Erfolg zu Erfolg vermarktet - wenngleich auf niedrigem Niveau. Die belgische Muttergesellschaft Alcadis hat über ihre Tochter im vergangenen Jahr deutschlandweit gute Geschäfte gemacht: Angetrieben vom Kompakt-SUV Korando, der nahezu zeitgleich mit dem deutschen Neustart Ende 2010 eingeführt wurde, stiegen die Neuzulassungen im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent im Vergleich zu 2013 auf 1.082 Fahrzeuge. Dieses Jahr verspricht weiteres Wachstum: Den Monat Juli eingerechnet kommt man bereits auf 1.426 Neuzulassungen. Weiteren Schub erwarten sich die Verantwortlichen am Deutschlandsitz in Kerpen und rund 180 Partnerbetriebe vom Einstieg in das Segment der Mini-Geländewagen. Der Verkaufsstart des Ssangyong Tivoli, den es wahlweise mit Front- und Allradantrieb gibt, erfolgte am 20. Juni. Darüber hinaus vermarkten die Betriebe den Pick-Up Actyon Sports, den großen Geländewagen Rexton W sowie das Familiengefährt Rodius. Das durchschnittliche Alter der knapp 8.000 Ssangyong auf deutschen Straßen beträgt rund sechs Jahre. Wenig Vorleistung Der verhältnismäßig kleine Fahrzeugbestand relativiert die eingangs erwähnten Wachstumsraten und untermauert das moderate Auftreten als Drittmarke. Zudem erklärt sich, warum Ssangyong-Partner nur einen Vertrag unterschreiben, der sowohl Vertriebs- als auch Serviceklauseln enthält. Eine separate Servicevereinbarung sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht lohnenswert für Kfz-Betriebe, erklärte Volker Wickrath, Leiter Aftersales. Servicebetriebe, die aber mit der koreanischen Marke wachsen möchten, benötigen nur geringes Startkapital. Als Investitionsrahmen für neue Partner gibt das Unternehmen etwa 5.000 Euro an. Zu Beginn der Geschäftsbeziehung ist lediglich der Bezug von einzelnen Signalisationselementen verpflichtend. Die Hälfte der Kosten übernimmt laut Volker Wickrath dabei der Importeur. Zudem muss das Diagnosemodul erworben werden. Der Kauf weiterer Spezialwerkzeuge sei zwar ratsam, werde dem Partner jedoch freigestellt. Das Aftersales-Team im Rheinland umfasst derzeit drei Mitarbeiter. Es steht in regem Austausch mit dem Alcadis-Netzwerk, das seinerseits Teil der belgischen Handelsgruppe Alcopa ist. Neben Import, Verkauf und Service der Marken Hyundai, Isuzu und Suzuki in ausgewählten Märkten verantwortet Alcadis das Ssangyong-Geschäft in Benelux, Deutschland, Polen und der Schweiz. Bei der Betreuung der Servicepartner kooperieren die Kerpener in Garantiefragen mit den Kollegen in Zürich, bei der Ersatzteilebelieferung und Zubehör mit den Spezialisten in Belgien. Die Bereitstellung technischer Informationen, die Möglichkeit zur Teilebestellung via EPC (elektronischer Teilekatalog) und der Austausch erfolgen über das "Deal-Net" genannte Portal. Die Qualifizierung der Partner erfolgt in Kooperation mit Dekra. Derzeit finden Weiterbildungen in Hannover, Jena, Stuttgart und im Bergischen Land statt. Im Fokus stehen neben einer Systemeinführung, die Inhabern einen allgemeinen Überblick bieten soll, das Teilebestellwesen, die Garantieabwicklung und eine Diagnoseschulung. Zwar werden Seminare in Deutsch abgehalten, gewisse Kenntnisse der englischen Sprache sollten auf Partnerseite jedoch vorhanden sein, erklärte der studierte Diplom-Kaufmann Volker Wickrath. Gerade im Servicebereich kommen viele Teileinformationen und Reparaturanleitungen aus Südkorea und liegen nur in Englisch vor. Für den Aftersales-Leiter sicherlich kein Problem, schließlich war er über 25 Jahre in Importeursgesellschaften tätig. Vor seiner Zeit bei Ssangyong war der gebürtige Norddeutsche bei Renault und Mitsubishi beschäftigt. Er kennt die Kfz-Branche auch aus dem Blickwinkel des Autohaus-Geschäftsführers: Von 2002 bis 2005 leitete er eine Filiale der Kölner Renault-Niederlassung. Rückruf als Servicemarketing Die Belieferung der Partner erfolgt den Angaben zufolge einmal täglich. Dabei greift der Importeur auf das europäische Zentrallager von Ssangyong Middle Europe in der Nähe von Breda an der niederländisch-belgischen Grenze zurück. Darüber hinaus betreibt Alcadis ein eigenes Lager mit Schnelldrehern im belgischen Kontich nahe Antwerpen. Die Anlieferung erfolgt im Nachtsprung. Manchmal ist alles nur eine Frage des Standpunktes. Während manche Hersteller bzw. Importeure Rückrufe als Demütigung wahrnehmen und diese auf Druck des KBA klammheimlich abarbeiten, begreift man Serviceaktionen bei Ssangyong Motors Deutschland als Chance. Ende Juni wurden die Halter älterer Modelle von Kyron, Rexton und Actyon Sports in die Vertragswerkstatt gebeten. Hintergrund: "Die vorderen Radführungsgelenke unten und, im Falle von Einzelradaufhängung hinten, auch die hinteren Spurstangengelenke", sollten laut Ssangyong ausgetauscht werden. "Das ist eine große Chance für uns", erklärte Volker Wickrath. Immerhin umfasste der Rückruf rund 3.000 Fahrzeuge. Beim Autohaus Bekirovski hat man den Steilpass angenommen und zum Beziehungs- und Vertrauensaufbau genutzt. Offenbar mit Erfolg: Einige Besitzer der betroffenen und in die Jahre gekommenen Ssangyong zeigten beim Besuch Interesse an den neuen Modellen. Flankiert werden die Aktionen im Übrigen durch Kundenbindungsmaßnahmen wie die Fünf-Jahres-Garantie inklusive Mobilitätsgarantie bei den Neukunden, erklärte Volker Wickrath. Zusatzgeschäfte möchte man mit dem Aufbau eines Zubehörangebots ankurbeln. Aus Belgien stammt außerdem ein neues CRM-Programm zur Sammlung und Nutzung der Kundendaten. Dabei unterstützt Ssangyong die Händler bei Marketingaktionen - im Vorfeld und im Nachgang. Zudem soll sich die Kommunikation erleichtern. Den Angaben zufolge erlaubt das Portal den Kunden, sich eigenständig einzuloggen und beispielsweise ein Fahrtenbuch zu führen, um Kosten nachzuvollziehen. Diesen Datenschatz könnten Importeur und Partner für weitere Servicemarketing-Aktionen nutzen. Kurzfassung Volker Wickrath unterstützt mit seinem Team von Kerpen aus die Aftersales-Aktivitäten der Ssangyong-Partner. Der Fahrzeugbestand ist zwar relativ klein, die Motivation dagegen hoch. Die neuen Modelle punkten mit frischem Design, die aktuelle Aftersales-Strategie wird flankiert durch kluge Kundenbindungsinstrumente.

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