Ausgabe 22/2012: Im Wandel der Zeit

Im Wandel der ZeitWerkstattausrüstung – Um den wechselnden Anforderungen an den Service gerecht zu werden, ist der Einsatz moderner Technik erforderlich. Bernd ReichSchon seit Jahrzehnten wird über Sinn und Zweck der Direkt- bzw. Dialogannahme diskutiert. In Zeiten guter Renditen und ausgebuchter Werkstätten verzichtete man wider besseres Wissen gerne darauf. Unzählige Annahmen wurden von den Autohäusern gebaut und waren meist verwaist. Doch die Zeiten haben sich geändert. So kommt der Kunde in Zeiten langer Inspektionsintervalle seltener in die Werkstatt, gleichzeitig hat die wirtschaftliche Bedeutung der Werkstatt für die Autohäuser stark zugenommen. Damit rückt die Direktannahme als unverzichtbares Instrument für einen erfolgreichen, ertragreichen Service stärker in den Fokus als je zuvor. Wenn sich ein Betrieb für die Einführung der Direktannahme entschieden hat, dann taucht als Nächstes die Frage auf, wie diese ausgerüstet sein sollte. Puristen bestehen auf die Variante Hebebühne plus Schreibtisch. Technikbegeisterte wählen lieber die Variante Vollausstattung mit Prüfstraße. Und welches ist die beste Lösung? Beide, denn es hängt von vielen individuellen Faktoren und persönlichem Ermessen ab, wie ein Autohaus seine Direktannahme ausstattet.Fahrwerk im FokusDie klassische Prüftechnik-Ausstattung einer Annahme besteht aus einem Bremsprüfstand, einem Fahrwerkstester und einer Spurprüfplatte. Es geht allerdings auch anders. API aus Leipzig bietet den Direktannahme-Roboter an, welcher eine berührungslose Fahrwerksvermessung, die automatische Profiltiefenmessung aller Reifen und gleichzeitig das Auslesen der Fehlercodes über die OBD-Schnittstelle ermöglicht. Das alles ist vernetzt mit dem Direktannahme-Cockpit, welches den Anwender durch eine umfangreiche Zustandsaufnahme des Fahrzeugs führt. Mit der Zusammenführung aller Daten hat der Annehmer dann eine aussagekräftige Unterlage für sein Gespräch mit dem Kunden vorliegen. Auch Beissbarth und MAHA haben in diesem Jahr eigene Annahmekonzepte vorgestellt, bei denen sich ein Kunde wie aus einem Baukasten genau die Dialogannahme zusammenstellen kann, welche seinen Bedürfnissen gerecht wird. Hunter hat mit seinem QuickCheck-System, mit welchem es möglich ist, die wesentlichen Einstellwerte eines Autos binnen einer Minute zu erfassen, ein spannendes Produkt für die Annahme vorgestellt. Mit den neu entwickelten, leichten Targets für seine Kamera-Vermessungssysteme hat Snap-on Equipment ebenfalls eine annahmetaugliche Schnell-Vermessung im Programm. Welche Prüfungen ein Annehmer an einem Kundenfahrzeug vornimmt, hängt sicher vom persönlichen Ermessen ab. Mit moderner Werkstattausrüstung lässt sich heute auf alle Fälle in kurzer Zeit ein erstaunlich umfangreicher Zustandsbericht anfertigen, falls gewünscht. Technischer WandelIn den vergangenen Jahren wurde die Beleuchtungstechnik der Automobile immer weiter verbessert. Die Lichtstärke der Scheinwerfer und die unterschiedlichen Arten der Beleuchtung haben dabei stark zugenommen. Beim Lichttest in der Werkstatt führt dies zu Problemen, denn mit dem bloßen Auge kann niemand am Lichteinstellgerät ablesen, ob das Licht richtig eingestellt ist oder nicht. Dafür leuchten die Scheinwerfer inzwischen zu grell. Abhilfe schaffen elektronische Lichteinstellgeräte, wie sie MAHA und Hella vorgestellt haben. Diese Geräte erfassen das Licht elektronisch und arbeiten auch bei sehr hellem Licht präzise, eignen sich auch für die Überprüfung unterschiedlicher Lichtmodi, wie sie für Fahrten in der Stadt oder auf Landstraßen und Autobahnen angeboten werden.Viel Verwirrung gibt es kurz vor Jahresschluss um das neue Kältemittel für Autoklimaanlagen. Fakt ist, dass die Bestandsfahrzeuge mit Klimaanlage fast alle mit R-134a befüllt sind. Da R-134a noch mehrere Jahre lang in Neufahrzeuge eingefüllt werden darf und auch danach noch im Service verwendet werden wird, lohnt sich die Investition in ein R-134a-Klimaservicegerät in jedem Fall. Vor allem wer noch ein altes R-134a-Gerät benutzt, sollte sich den Umstieg auf ein modernes Modell überlegen. So sind die neuen Geräte, welche annähernd der Norm SAE 2788 entsprechen, deutlich präziser und damit umweltfreundlicher als die bisher erhältlichen R-134a-Geräte. Dank der besseren Wagen und der besseren Abdichtung reduziert sich der Kältemittelverlust auf einen Bruchteil. Die Anzahl der im Verkehr befindlichen Fahrzeuge mit R-1234yf auf deutschen Straßen ist minimal. Und die Frage, wie viel es einmal werden, lässt sich aktuell nicht seriös beantworten. Wenn Hersteller wie Daimler und VW ihren Ausstieg aus R-1234yf erklären, wird dies nicht ohne Auswirkungen bleiben. Wer auf Nummer Sicher gehen möchte und trotzdem ein R-1234yf-Klimaservicegerät kaufen möchte, kann ein von R-134a auf R-1234yf umrüstbares Gerät wählen. Diese Modelle lassen sich vom Hersteller auch umgekehrt umrüsten, sollte R-1234yf sich nicht so stark verbreiten, wie das bis jetzt angenommen wurde. Dass R-1234yf überhaupt keine Verbreitung finden wird, ist nach aktuellem Stand der Dinge unwahrscheinlich.TechnologiewandelDer deutsche Markt galt unter den Herstellern und Vertreibern von Zwei-Säulen-Bühnen für Jahrzehnte als „Spindelmarkt“, weil hierzulande fast jede Zwei-Säulen-Bühne mit dem elektromechanischen Antriebssystem ausgestattet ist. Zwei-Säulen-Bühnen mit Hydraulik wurden in Deutschland auch kaum angeboten, weil die Preise für diese Technologie im Vergleich deutlich höher lagen. In Nordamerika und Asien hat es umgekehrt kaum einen Markt für Spindelbühnen gegeben. Als die Preise für Hydraulikbühnen fielen, waren die Bühnen noch so unförmig und plump, sowie meist unkomfortabel zu bedienen, dass sich die deutschen Werkstätten kaum damit anfreunden konnten. Schließlich kamen dann Hydraulikbühnen mit schlanken Säulen und Tragarmen sowie der gewohnten Zwei-Knopf-Bedienung auf den Markt, zum Beispiel von Rotary Lift. Dies und das verstärkte Angebot asiatischer Hersteller auf dem deutschen Markt hat den Weg für die hydraulische Zwei-Säulen-Bühne geebnet. Selbst Nussbaum, größter deutscher Hersteller der Spindelbühnen, hat auf der Automechanika Zwei-Säulen-Bühnen mit Hydraulikantrieb vorgestellt. Jetzt kann man gespannt sein, wie die anderen Hersteller reagieren und wie sich der Markt entwickelt. Auf alle Fälle ist der Spindelantrieb ein ausgereiftes System mit hohem Sicherheitsstand. Diese Vorteile kann die Hydraulikbühne ebenfalls für sich beanspruchen, wobei sie wesentlich schneller hebt und senkt und beim Senken nicht mal Strom verbraucht.Viele Automobilhersteller haben in den vergangenen Jahren ihre Produktpalette sowohl in den Kleinwagenbereich hinein als auch nach oben erweitert. So stehen Werkstätten plötzlich vor der Aufgabe, sowohl ein Auto mit nur 3,70 Meter Außenlänge als auch einen Transporter mit deutlich mehr als 3,70 Meter Radstand heben zu müssen. Für die Pkw-Werkstätten haben sich daher immer stärker Bühnen mit sehr variablen Tragarmen durchgesetzt. So lassen sich ein Kompaktwagen und ein SUV gleich gut heben, wobei sich die Tragfähigkeit der Bühne immer nach dem Gesamtgewicht des schwersten zu hebenden Fahrzeugs richten sollte. Bei den Transportern greifen viele Betriebe auf Fahrbahnbühnen zurück, welche es ermöglichen, ein solches Fahrzeug problemlos und sicher heben zu können. Um dennoch flexibel zu bleiben und um die Transporter radfrei heben zu können, kommen immer häufiger Bühnen mit zweiter Hubeinheit zum Einsatz, welche mit Tragarmen ausgestattet sind. Im angehobenen Zustand fällt es dabei auch deutlich leichter, einen Transporter auf die Tragarme umzusetzen, als wenn er vom Boden gehoben werden muss. Mit der Novelle der EN 1493 wurden die Sicherheitsvorschriften für Hebebühnen so weit erhöht, dass selbst mit Transporten belastete Bühnen nicht mehr riskant schwanken.Die Kommunikation mit dem Auto Mit einfachen Blinkcodes, welche die Werkstatt abrufen und entschlüsseln konnte, nahm die Steuergerätediagnose ihren Anfang. Später wurden die Fehlercodes mit den ersten Diagnosegeräten ausgelesen. Heute ist ein Diagnosegerät fast für sämtliche Servicearbeiten am Auto unverzichtbar. Längst geht es nicht mehr nur darum, Fehler zu entdecken, sondern auch darum, Einstellungen vorzunehmen, Steuergeräte oder Funktionen freizuschalten oder Servicefunktionen zu aktivieren. Demnach genügt heute ein Diagnosegerät, mit welchem sich lediglich Fehlercodes auslesen lassen, auch nicht mehr den Ansprüchen einer modernen Werkstatt. Ein Diagnosegerät dient heute zugleich als Lesestation für Schaltpläne und technische Informationen sowie zur Kommunikation über das Internet. Große Displays sind daher bei den Top-Modellen längst Standard. Für die Lösung kniffeliger Diagnoseaufgaben lässt sich an diese Geräte, soweit nicht schon integriert, Messtechnik anschließen. Die Erkenntnis, dass sich mit der Eigendiagnose der Steuergeräte tatsächlich längst nicht alle Fehler sicher identifizieren lassen, hat sich schließlich inzwischen durchgesetzt. Wenn es nur darum geht, einen Routinecheck auszuführen oder Servicefunktionen zu aktivieren, muss es nicht das Highend-Gerät sein. Die Hersteller der Diagnosegeräte bieten heute eine fein abgestufte Produktpalette an, die für jede Anforderung das passende Modell bereithält. Fast noch wichtiger als das Diagnosegerät an sich ist dessen Software. Dabei zählen Faktoren wie Markenabdeckung und Diagnosetiefe sowie die Regelmäßigkeit der Updates. Neue Automodelle sind meist schon wenige Monate nach dem Produktionsstart in der Diagnosesoftware der führenden Anbieter enthalten. Um in der komplexen Elektronik der Autos schnell Fehler zu finden, setzen die Diagnosegerätehersteller zunehmend auf interaktive Online-Datenbanken, Symptomsuche und Fehlerhäufigkeiten. So können Werkstätten von den Erfahrungen anderer Autohäuser profitieren und auch schwer diagnostizierbare Fehler in kurzer Zeit finden. ■Lesen SIe hier...... warum schon in der Annahme das Fahrwerk vermessen, Licht elektronisch eingestellt, die Spindel von der Hydraulik verdrängt und R-134a weiter gebraucht wird.AnzeigenBlick in den MarktKurzfassungWerkstattausrüstung ist flexibel und passt sich sowohl der wechselnden Automobiltechnik als auch den wechselnden Anforderungen der Autohäuser an. So hat die Annahme an Bedeutung gewonnen und wird heute um eine schnelle Fahrwerksvermessung ergänzt. Die modernen Scheinwerfer erfordern neue Lichteinstellgeräte und beim Klimaservice ist R-134a bis auf weiteres tonangebend im Service. Von der Hebetechnik wird Flexibilität gefordert und auch von den Käufern, denn die Hydraulik beginnt die Spindel zu verdrängen. Bei der Diagnose ist die Software fast wichtiger als das Gerät.

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