Ausgabe 01-02/2007: Entwicklung der Elektronik /

Entwicklung der Elektronik /Von der Variode zum CAN-Bus und zur OBD Electronic HistoryVon HOlger EngeMit einer Variode, einem elektronischen Bauelement zum Überspannungsschutz in einer Gleichstromlichtmaschine, fing 1958 der Siegeszug der Elektronik im Automobilbau an. Sie hat ihn in den letzten Jahrzehnten fundamental verändert. Und Experten gehen davon aus, dass künftig rund 90 Prozent aller Innovationen im Automobilbau auf elektrischen bzw. elektronischen Komponenten sowie der dazu notwendigen Software basieren.Nach der Variode fanden weitere Halbleiterelemente nach und nach den Weg ins Fahrzeug. Der Wertanteil betrug zusammen mit den allgemein üblichen Komponenten, wie Anlasser, Generator, Kabeln und elektrischen Verbrauchern rund acht Prozent vom gesamten Fahrzeug (siehe Grafik). Mit der flächendeckenden Einführung der 12-Volt-Bordnetze wurden Mitte der 1960er Jahre erste elektronische Blinkgeber, die ihre Frequenz unabhängig von der Ladespannung konstant hielten, eingesetzt. Alles war für die fast ausschließlich mechanisch orientierten Handwerker überschaubar und damit auch beherrschbar. Die Hochspannungs-Kondensator-Zündanlagen oder Transistorzündanlagen waren zu dieser Zeit noch "Exoten" in der Werkstatt.Elektronische EinspritzungDas änderte sich 1967 fast schlagartig, denn Volkswagen brachte zusammen mit Bosch die erste vollelektronische Kraftstoff-Einspritzanlage, die D-Jetronic, in einem serienmäßigen Fahrzeug, dem Volkswagen 1600 (Typ 3), auf den Markt. Die strengeren Abgasvorschriften, ausgehend von Kalifornien, zwangen zum Handeln, denn nur durch die elektronische Regelungstechnik waren die geforderten Ziele zu erreichen. Deutsche Werkstätten wurden ab Mitte 1968 mit der neuen Technik in dem Volumenmodell konfrontiert – und nicht selten überfordert. Daimler-Benz und BMW folgten kurze Zeit später und setzten diese Technik ein. Von einer strukturierten Diagnose mit einer hohen Erfolgsquote bei der Fehlerbebung konnte in den wenigsten Fällen gesprochen werden. Es entstanden, mehr aus der Not heraus, erste Fehlersuchprogramme in gedruckter Form.Die Beherrschung der Elektronik im Werkstattalltag wurde meist an wenige Spezialisten "delegiert", die größtenteils aus ihrer Erfahrung heraus im Ausschluss- verfahren die "Probleme in den Griff" bekamen. Die Diagnosegeräte beschränkten sich hauptsächlich auf ein universelles Multimeter. Daran änderte auch die Einführung der nächsten Generationen von Steuergeräten und elektronischen Zündanlagen wenig. Richtig Bewegung kam in die Sache erst mit der Einführung der geregelten Drei-Wege-Katalysatoren ab 1985. Mit einem Schlag waren nahezu alle Neuwagen mit dieser komplexen Technik ausgestattet und erforderten ein "Umdenken". Zuerst beim Automobilhersteller und etwas zeitversetzt auch beim Handel, denn nun war jeder Mechaniker schlagartig damit konfrontiert. Doch die Diagnosetechnik war auch noch nicht wesentlich weiter entwickelt. Zögerlich kamen erste Tester auf den Markt und in die Kfz-Betriebe. Auch hier war Volkswagen als Marktführer wieder einer der Vorreiter, der seinen Partnern mit dem V.A.G 1551 ab Modelljahr 1988 ein Fehlerauslesegerät anbot. Die Prüftiefe war noch sehr übersichtlich, die meisten Fahrzeuge hatten noch keine Fehlerspeicher in den Steuergeräten integriert. Erste Ansätze wurden ebenfalls ab 1988 durch die erste Onboard-Diagnose (OBD I), die Eigenüberwachung abgasrelevanter Bauteile in den USA, gemacht. Auf ein sehr effektiv einsetzbares Oszilloskop wurde in den meisten Markenwerkstätten verzichtet, denn es fehlte vielfach an den Spezialisten. Diesen Ruf erwarben sich aber die Bosch-Dienste, die sich meist der Thematik von der elektrischen Seite annahmen und um die mechanischen Komponenten erweiterten. Vorteilhaft war dabei, dass zumindest in Europa fast ausschließlich Jetronic- oder Motronic-Systeme von Bosch eingesetzt wurden und so relativ schnell auf das Know-how der Stuttgarter Firma zurückgegriffen werden konnte."Explosion" der FunktionenWaren den wenigen Steuergeräten zunächst nur bestimmte Funktionen zugeordnet, wurde ab Mitte der 90er Jahre die Informationsflut durch großserienmäßig eingeführte Sicherheitssysteme wie ABS und Airbag immer größer. Zum notwendigen Austausch der Informationen und Eindämmen der vorhandenen "Leitungsflut" wurden nach und nach CAN-Bus-Systeme installiert. Diese erfordern eine gänzlich neue Qualität im Umgang mit der verbauten Technik, die auch heute, rund zehn Jahre nach flächendeckender Einführung, nicht wirklich in der Praxis beherrscht wird. Zur Unterstützung der Autohäuser und Werkstätten werden deshalb neue Generationen von Offboard-Testgeräte eingeführt. Durch die Modellvielfalt und die fast unüberschaubaren Datenmengen werden vermehrt direkte Anbindungen zum Hersteller notwendig und auch genutzt. Reichten ursprünglich einmal rund 20 bis 30 Seiten in Reparaturleitfäden aus, um ein Fahrzeug komplett mit dem notwendigen Fachwissen instand zu setzen, so sind heute 200.000 (meist virtuelle) Seiten einer Modellreihe keine Ausnahme mehr.Erfahrung ist nicht mehr allesDeshalb ist es heute nicht mehr möglich, alles Wissen zur Diagnose in einem, wenn auch noch so großen Datenpool, zu sammeln. Durch neue Architekturen und Vernetzungen der mechatronischen Komponenten in einem Fahrzeug sowie der Modell- und Variantenvielfalt, wie auch verschiedener Softwarestände müssen neue Wege zur Fehlereingrenzung gegangen werden. Neben der empirischen Diagnose, wie auch der symptombasierten, wird zukünftig die modellbasierte Fehlerlokalisierung stark an Bedeutung gewinnen. Doch aller technischen Entwicklungen zum Trotz wird es in der Kfz-Branche nicht möglich sein, die detaillierte Bewertung der Fehlerzustände direkt vor Ort, also in der Werkstatt oder beim Kunden, von der "Ferne" vollständig durchzuführen. Unterstützungsmöglichkeiten ergeben sich aber auch bei der "Software-Reparatur" der Steuergeräte durch das prozesssichere Online-Flashen.Gerade dabei ist das Fachwissen und das exakte Erkennen der Zusammenhänge notwendig, so dass der Berufsstand der zukünftigen Kfz-Mechatroniker und heutigen Kfz-Mechaniker und Servicetechniker nicht an (noch) weiter zurückgehendem Arbeitsumfang leiden wird. Es ändern sich lediglich die fachspezifischen Anforderungen an die Berufsgruppe, wobei der "richtigen Befundung", also der "Treffsicherheit" eine alles entscheidende Rolle zukommen wird. Es kann dabei durchaus von einer "qualifizierten Diagnose" gesprochen werden, welche den Schlüssel zum (Reparatur-) Erfolg und damit letztendlich zur Kundenzufriedenheit darstellt. :

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