Deutschlands vertragsmäßig größter Kfz-Versicherer befragte im Februar dieses Jahres, also ein Jahr nach Ausbruch der Corona-Pandemie, für die Studie insgesamt mehr als 4.000 Personen ab 16 Jahren repräsentativ nach Alter und Geschlecht.
Zweifel an Zukunftskonzepten der Vor-Corona-Zeit
Dabei stand die Frage im Vordergrund, ob auf die Zukunft gerichtete Mobilitätskonzepte, die vor allem ein Zurückdrängen des Autos beinhalten, nach den Erfahrungen der Corona-Zeit überhaupt noch in die richtige Richtung zielen? Daran lassen die Ergebnisse dieser Untersuchung erhebliche Zweifel aufkommen. Für die Mehrheit der Bundesbürger muss zukünftige Mobilität bezahlbar sein für breite Bevölkerungskreise. Außerdem sollen die Kosten für Mobilität insgesamt sinken. Diese Anforderungen an Mobilitätskonzepte nennen mehr als die Hälfte aller Befragten einer aktuellen Mobilitätsstudie der HUK-COBURG als wichtigste Ziele für die Zukunft.
"Niedrige Kosten" vor Umwelt und Verkehrssicherheit
In der Verbraucher-Befragung von Februar 2021 legten die Deutschen deutlich mehr Wert auf niedrige Kosten als auf CO2-Neutralität oder mehr Verkehrssicherheit. Die beiden letztgenannten Wünsche folgten im Ranking der Bevölkerung erst auf den Plätzen drei und vier. Wenn jetzt, nach den Corona-Erfahrungen, die Menschen endlich sinkende Kosten für ihre Mobilität einforderten, müsse sich dies auch in Konzepten für die Zukunft widerspiegeln, fordert dementsprechend HUK-COBURG-Vorstand Jörg Rheinländer.
Starke Veränderungen in den Stadtstaaten
Denn ganz offensichtlich haben die während der Corona-Pandemie gesammelten Erfahrungen die Vorlieben der Deutschen in Bezug auf die von ihnen bevorzugten Verkehrsmittel beeinflusst. So berichtet in der Befragung mehr als jeder vierte Teilnehmer, dass sich seine Einstellung bei der Auswahl von Verkehrsmitteln verändert habe. In den Stadtstaaten wie Berlin, Bremen und Hamburg trifft das sogar im Schnitt auf jeden Dritten zu. Diese Befragten bejahen eindeutig die Aussage: Ich hätte vor der Corona-Erfahrung nicht erwartet, dass ein Auto für mich einen solchen Wert als Verkehrsmittel einmal haben könnte.
Hygiene im Auto wichtiger als CO2-neutrale Fahrt
Sehr häufig geben die Befragten auch an, von ihrer Absicht aus der Vor-Corona-Zeit, das Auto weniger zu nutzen, nun Abstand zu nehmen. Diese Aussage sei bundesweit am häufigsten in Bremen zu hören, gefolgt von Berlin, berichten die Verfasser der Studie. Der Stimmungswechsel ist demnach augenscheinlich auch dem Eindruck geschuldet, dass die Hygiene im eigenen Auto bzw. im Auto generell in der Regel besser ist als in Bus oder Bahn. Diese Wahrnehmung hat sich während der Pandemie stärker durchgesetzt als zuvor und trägt nun zu einer Renaissance des Autos gegenüber Bus und Bahn bei. Dies belegen auch die Aussagen der für die HUK-Studie befragten Frauen: Für sie zählt heute bei der Auswahl eines Verkehrsmittels eine gute Hygiene-Situation schon mehr als doppelt so viel wie etwa die CO2-Neutralität der Fahrt.
Fast drei Viertel befürworten das Auto
Doch welche Fortbewegungsmittel präferieren die Bundesbürger nun, welche erfüllen ihre Ansprüche heute insgesamt am besten? Darauf geben 73 Prozent der für die Studie Befragten eine klare Antwort: das Auto bzw. ein E-Auto. Auch auf die Frage nach dem idealen Fortbewegungsmittel der Zukunft nennen mit 69 Prozent ähnlich viele Studienteilnehmer das Automobil. Dagegen bringt es die Bahn sowohl aktuell als auch für die Zukunft lediglich auf rund 16 Prozent Zustimmung in der Bevölkerung. Und Busse finden gleichbleibend nur bei 10 Prozent der Befragten Anklang.
E-Fahrzeug gewinnt in großen Städten
Diese Zahlen deuten auf einen deutlichen Trend zum E-Auto hin und tatsächlich kommt laut der aktuellen HUK-COBURG-Studie schon heute für fast jeden sechsten Deutschen "grundsätzlich beim Autokauf nur noch ein E-Auto infrage". In Großstädten wie Hamburg und Berlin tendiert demnach bereits jeder Fünfte zum elektrisch angetriebenen Kraftfahrzeug. Insgesamt könne kein anderes Fortbewegungsmittel einen solch klaren Zuwachs bei der künftigen Akzeptanz in der Gesamtbevölkerung vorweisen wie das E-Auto, stellen die Autoren der Studie fest.
Daraus folgert HUK-COBURG-Vorstand Jörg Rheinländer: "Das Elektroauto kann somit zum Game-Changer in der Mobilitätsdiskussion werden. Denn es schafft die Verbindung zwischen der unverzichtbaren Rolle des Autos gerade außerhalb der Städte und mehr Umweltschutz." Bei Zukunftskonzepten für Mobilität sollte das daher stärker berücksichtigt werden, so Rheinländer.
Klarer Trend
Entsprechend geben in der HUK-Mobilitätsstudie denn auch sieben von zehn Befragten an, ein Auto im Haushalt sei für sie aus beruflichen oder privaten Gründen unverzichtbar. Allerdings macht die Untersuchung ebenfalls ein gewisses Spannungsverhältnis deutlich: Denn Bürger, die außerhalb von Großstädten ab 500.000 Einwohnern leben, sehen das E-Auto heute schon doppelt so häufig als ideales Fortbewegungsmittel an wie Befragte in den Großstädten. Und in ihren Augen kann sich die Position des E-Autos als ideales Verkehrsmittel in den nächsten fünf Jahren sogar nochmals verdoppeln.
"Mobilitäts- und Schadenkosten stark gestiegen"
Die meiste Sorge beim Blick in die Zukunft der Mobilität bereitet den Deutschen jedoch deren Bezahlbarkeit. Als größte Gefahr künftiger Konzepte befürchtet laut der aktuellen HUK-COBURG-Studie nahezu jeder zweite Deutsche "steigende Kosten für Mobilität". Gemessen daran treibt die Befürchtung, der Umweltschutz käme dabei zu kurz, mit nur 27 Prozent der Nennungen nicht einmal jeden dritten Befragten um. Dazu weist HUK-COBURG-Vorstand Rheinländer darauf hin, dass die Mobilitätskosten, von der Bahn über Kraftstoff bis hin zum öffentlichen Nahverkehr, in den vergangenen 20 Jahren stark gestiegen seien. "Als marktführender Kfz-Versicherer beobachten wir das ebenfalls bei der Höhe von Kfz-Schadenkosten", erklärt Rheinländer. Daher sollte sich der Wunsch der Bundesbürger nach sinkenden Kosten für ihre Mobilität nach seiner Ansicht endlich auch "in Konzepten für die Zukunft widerspiegeln".
"Verteufeln des Autos nicht gerechtfertigt"
Somit seien ein Umdenken in der Mobilitätsdebatte und deren Öffnung gefordert, fassen die Verfasser der Studie die Auswertung ihrer repräsentativen Befragung für die Mobilitätsstudie 2021 zusammen. Zumal rund ein Viertel der Bundesbürger darin "eine Verteufelung des Autos" moniert, die ihrer Meinung nach "nicht gerechtfertigt ist". Und eine deutliche Mehrheit von 45 Prozent erwartet demnach, dass die Bedeutung des Autos auch in Zukunft nicht abnehmen wird.
Hyperloop oder Flugtaxi statt Roboter-Auto
"Die Studienergebnisse zeigen, dass die Debatten um die Zukunft der Mobilität und insbesondere des Autofahrens innovativer und mit weniger Scheuklappen geführt werden müssen", resümiert Rheinländer. Darauf deutet auch ein weiteres Studienergebnis hin: So lehnen es mehr Deutsche ab, sich in ein autonom fahrendes Auto zu setzen, als etwa in einen Hyperloop oder sogar in ein Flugtaxi.
Wirtschaft und Politik contra Verbraucher-Erwartungen
Schluss-Anmerkung der Redaktion:
Würde man aktuell – also inzwischen gut drei Monate später – die Befragung wiederholen, würde sich die Zahl der Rufer nach bezahlbarer Mobilität vermutlich sogar noch deutlich erhöhen. Schließlich hat die jüngste Forderung der Grünen nach einem weiteren deutlichen Anstieg vor allem des Benzinpreises um 16 Cent pro Liter einen parteiübergreifenden Streit ausgelöst, dem sich längst auch die Verbraucher angeschlossen haben. Dass es dabei insbesondere auch um einen "sozialen Aspekt" geht, wie Verkehrsminister Scheuer sagte, wird umso offenkundiger, als in den letzten Monaten gleichzeitig zahlreiche weitere Rohstoff- und Warenpreise stark angestiegen sind und die Bürger zusätzlich finanziell belasten. (kaf)