Die individuelle und flexible Fortbewegung muss auch bei der Mobilität der Zukunft im Vordergrund stehen. Konzepte, die einseitig auf Verkehrsmittel wie Bus oder Bahn setzen, sehen die Deutschen insgesamt mit großer Skepsis. Denn das Auto erfüllt für zwei Drittel von ihnen sowohl heute wie in Zukunft mit Abstand am besten ihre Anforderungen – gerade auch nach den Corona-Erfahrungen. Selbst in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg ist die Mehrheit der Bevölkerung dieser Meinung. Grund sind vor allem Elektroautos, deren Beliebtheit rasant steigt.
Das sind Kernergebnisse der neuen HUK-Coburg Mobilitätsstudie, durch die nach 2021 zum zweiten Mal in Folge mehr als 4.000 Personen ab 16 Jahren repräsentativ und zeitgleich in allen 16 Bundesländern zu Mobilitätskonzepten der Zukunft befragt wurden.
Dr. Jörg Rheinländer, Vorstand bei der HUK-COBURG, resümiert: "Für die Mehrzahl der Deutschen ist das alleinige Zurückdrängen des Autos keine zielführende Zukunftsstrategie – auch nicht in den Städten. Favorisiert wird der Umstieg auf Elektro- oder andere CO2-freie Antriebe verbunden mit der Forderung nach einer deutlichen Kostensenkung für erneuerbare Energien."
Sorge vor steigenden Strompreisen durch Elektromobilität
Ihren zentralen Wunsch nach individuell und flexibel nutzbaren Verkehrsmitteln sehen die Deutschen laut Studie durch steigende Kosten stark gefährdet. Jeder zweite Befragte sieht die größte Gefahr bei zukünftigen Mobilitätskonzepten darin, dass sie die Kosten der Mobilität weiter verteuern (48 %). Jeder dritte Befragte glaubt, dass beim Umstieg auf Elektromobilität steigende Strompreise und ein verknapptes Strom-Angebot nicht genügend Beachtung finden (34 %). Wegen zu geringem Umweltschutz ängstigen sich halb so viele (18 %). Dies sind ein Drittel weniger als im Vorjahr (27 %). Deutlich davor liegen jetzt die Sorgen vor einer "zu starken öffentlichen Bevormundung" (23 %), "zu einseitigem Forschen nur in vorgegebene Richtungen" und dem "Verlust an Individualität und Selbstbestimmung bei der Wahl von Fortbewegungsmitteln" (je 22 %).
Siegeszug des E-Autos setzt sich fort
Grundsätzlich sind die Deutschen nicht gegen eine ökologische Verkehrswende. So folgt ihrem Hauptwunsch nach bezahlbaren bzw. sinkenden Mobilitätskosten (49 % bzw. 37 %) auf Platz 3 der Wunsch nach CO2-Freiheit im Verkehr (26 %). Das Elektroauto wird dabei mit Abstand am positivsten beurteilt. Jeder fünfte Befragte sieht es bereits als das ideale Fortbewegungsmittel der Zukunft. Das sind rund doppelt so viele wie die, die Bus oder S-Bahn für ideal halten. Hier stagnieren die Zustimmungswerte im Vergleich zu heute. Auch der Zug wird im Voting vom E-Auto zukünftig klar überholt. Für jeden fünften Befragten kommt künftig auch nur noch ein reines E-Auto in Frage, bei den unter 40-Jährigen für jeden Vierten. In Berlin fokussieren sich sogar 28 % (Vorjahr 19 %) bei einem zukünftigen Kauf auf E-Autos. Allerdings: In mehr als jedem dritten Fall, wo Befragte in den vergangenen zwölf Monaten einen Autokauf wegen zu langer Lieferzeiten verschoben haben, handelte es sich um ein Elektroauto.
Deutsche hinterfragen Mobilitätskonzepte
Die Deutschen stellen der Mobilitäts-Entwicklung in den letzten fünf Jahren ein schlechtes Zeugnis aus. Ob bei Kosten, Schnelligkeit, Flexibilität, Hygiene, Organisierbarkeit und auch CO2-Freiheit: In keinem der zehn von der HUK-Studie abgefragten Bereich wird mehrheitlich eine Entwicklung zum Besseren festgestellt. Am stärksten negativ wird die Entwicklung bei Kosten und Bezahlbarkeit für alle Bevölkerungsgruppen gesehen.
Spaltung zwischen Älteren und Jüngeren in der Wahrnehmung
Dabei fällt das Fazit der über 40-Jährigen besonders hart aus. Die unter 40-Jährigen sehen so etwa zumindest keine Verschlechterung bei der Organisierbarkeit und Schnelligkeit von Mobilität. Die Älteren sehen dagegen auch in diesen beiden Bereichen klar negative Tendenzen. Dr. Jörg Rheinländer dazu: "Bei der Entwicklung neuer Mobilitätskonzepte wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger von den Verantwortlichen einen ergebnisoffenen Umgang mit neuen Lösungen und vor allem auch die Berücksichtigung individueller Bedürfnisse. Das gilt besonders für die Älteren. Die Jüngeren zeigen sich offener." (wkp/kaf)