Fix-A-Ding hatte vor etwa zwei Jahrzehnten schon früh auch in Deutschland ein festes Standbein im Kfz-Gewerbe. Das war die Zeit, als Autohäuser und vor allem namhafte Marken noch so gut wie keine Erfahrungen mit der Dellen-Rückverformung hatten und die externe Unterstützung durch professionelle Ausbeulfirmen suchten. Es waren die Zeiten, in denen der Markt – Automobil- wie Versicherungswirtschaft – bereit war, zuweilen auch außergewöhnliche Honorare zu bezahlen.
Künstler, Goldgräberstimmung und erste Auswirkungen
Das wiederum rief selbsternannte Künstler des immer mehr verwissenschaftlichten und zum Schaden-Trauma hochstilisierten Hagelkorns auf den Plan. Diese Künstler – sie gaben sich gerne auch etwas Mysthisches und waren quasi über jede Delle erhaben – ließen sich ihre Fähigkeiten aber auch mit teilweise astronomischen Preisen entgelten. Goldgräberstimmung herrschte! Diejenigen, die es bezahlen mussten, knirschten schwer mit den Zähnen. Man kennt das ja – und auch die "gottgleichen" Hagelkünstler aus den Anfangsjahren trugen ihren Teil mit dazu bei, dass die Versicherer fortan auf scharfes Schadenmanagement setzten. Ein auch heute noch im Kraftschaden Verantwortlicher einer württembergischen Versicherung tat da mal den symbolischen Spruch: "Da kannst Du nur einmal mit der Zaunlatte über alle drüber gehen, sonst hilft das nichts – auch wenn es dabei auch die Guten mit erwischt."
Die frühen Hagel-"Könige" fielen so schnell zu Boden wie der Hagel selbst
In den meisten Fällen endete aber das ganze Zinnober für die "Könige des Hagels" aus den 1990er Jahren schnell: Ihre Halbwertszeit – oder zumindest die ihrer Gagen – verflog in der darauffolgenden Zeit der Markt(preis)-Neuordnungen in der Regel rascher, als die Eiskörner nach einem ordentlichen Hagelschlag zu Wasser tauen konnten. Vom Ausstieg aus dem Geschäft bis zum Suizid war da alles mit dabei.
AZT-Formel bekommt Pendant und der "neue Markt" Standards
Diejenigen, die den "neuen" Markt, der zu Anfang des neuen Jahrtausends entstehen sollte, verstanden hatten, brachten sich aktiv in die Preisbildung der beiden marktüblichen Abrechnungssysteme (AZT/Allianz und Hagelexpert/übrige Versicherer) mit ein. Fix-A-Ding und ihr damaliger CEO Marco Erzinger gehörten auch in Deutschland zu den Befürwortern einer solchen Standardisierung in der Hagelkalkulation.
"Hagelexpert" und dessen Protagonisten aus der Kfz-Assekuranz
Halbwegs beruhigt hatte sich der Markt hierzulande aber erst nach dem 22. April 2004, als auf Treiben vor allem der in der Benutzergemeinschaft Audatex (BGA) zusammenarbeitenden Versicherer – allen voran DEVK, Württembergische, WGV, AXA, Zürich, Concordia, Gerling, Provinzial, Sparkassen-Versicherungen und andere – "Hagelexpert" als neues Abrechnungstool offiziell zur Anwendung kam. Bis dahin gab es neben der 1999 vom AZT-Karosseriebeirat verabschiedeten "Kalkulationstabelle für nachlackierungsfreies Ausbeulen" nur eigene Abrechnungssysteme der Dienstleister. Während also die Allianz für sich eine Basis hatte, herrschte im übrigen Markt bis Anfang 2004 Preis-Wildwuchs.
Massen-Markt und weltweiter Reparatur-Tourismus
Ab dem neuen "Hagelexpert"-Zeitalter – daran beteiligt waren zunächst hauptsächlich Audatex als Tool-Entwickler, aber auch Firmen wie Combi Plus und Combi Connect – entstand schließlich der heute bekannte Massen-Anbietermarkt mit unzähligen Einzelkämpfern, neuen Platzhirschen und einem internationalen Reparatur-Tourismus: Gereist wurde (und wird) dorthin, wo es gerade gehagelt hat und schnelle Hilfe für tausende beschädigter Fahrzeuge gebraucht wird. Das geht kontinentübergreifgend bis nach Australien, Brasilien oder auch nach USA – und umgekehrt.
Wachstum mit breitem Kundenspektrum und Großschäden
Nicht wenige der neuen Hagel-Dienstleister hatten es verstanden, selbst in den Jahren weiter zu wachsen, wo es in Deutschland und den (direkten) Nachbarländern keinen oder nur wenig Hagelschläge gab. Die "Öffnung" für ein breiteres Spektrum von Smart Repairs war das Eine, das auch Auslastung in den Wintermonaten oder einem "schlechten" Hagelsommer bot. Daneben boten sie sich zusätzlich Mietwagenfirmen, Flotten- und Leasinggesellschaften (z.B. für die Aufbereitung von Rückläuferfahrzeugen) sowie den Automobilherstellern als Dellendrücker am Band an und gaben parallel ihre Visitenkarte bei den Hersteller-Captives ab.
Und es sollte bekanntermaßen ein paar Jahre geben, wo auch sehr große Neuwagen- oder Leasing-Fuhrparks von Volumenherstellern von Hagel betroffen waren. Das waren genau die Ereignisse, welche mittelgroße und zwischenzeitlich sehr namhafte Dienstleister nochmals nachhaltig über ihre Wettbewerber hatten erstarken lassen.
Capital Ventures verändern den Markt von heute und morgen
Das bisher letzte "Schlüsseljahr" der Marktveränderungen war der Jahrhunderthagel 2013, das auch den Einstieg der schweizerischen Constellation Capital AG in Deutschland bedingte und zu ersten, durchaus sehr gut bezahlten Beteiligungen bei Douteil und Dent Wizard führte. Andere werden sukzessive folgen, was neuerlich den Markt verändern wird.
Entscheidend ist, dass das komplette Handling – von der Bereitstellung einer Besichtigungshalle über die Betreuung geschädigter Fahrzeughalter und der Versicherungs-Sachverständigen vor Ort bis hin zur Möglichkeit der direkten Erläuterung und Ausführung einer Hagelreparatur sowie der Stellung von Ersatzfahrzeugen – von den Versicherungen als Standard erwartet und vorausgesetzt wird. Das können von der Man Power und der Finanzkraft her in der Regel nur die großen Ausbeulfirmen in Kooperation mit bundesweit aufgestellten Sachverständigen-Organisationen.
Dellen zählt jetzt die Maschine
Der Strukturwandel ist derzeit in vollem Gange, die Hagelscanner von ADOMEA und TÜV Rheinland Group sind bereits bei der Allianz, der Westfälischen Provinzial und ersten anderen Versicherern im Einsatz, sie bahnen sich auch international ihren Weg. Daneben arbeitet der eine oder andere Top-Dienstleister an einer eigenen Scanner-Entwicklung.
Durchsetzen wird sich aller Voraussicht nach ein Leasing- bzw. Mietmodell, gegebenenfalls auch mit einem fest vereinbarten Scanpreis. Nach 2015 dürfte zumindest der deutsche Markt auf diesem Gebiet ebenfalls neu geordnet sein, nachdem derzeit Präsentationen, Verhandlungen und vertragliche Vereinbarungen überall am Laufen sind.
Cash oder Reparatur – darauf muss auch der SV eine Antwort haben
Dann wird auch das mühselige Auszählen der Dellen und deren Bewertung nach tatsächlichen Durchmessern ein Ende haben: Die Maschine macht dann den Job des Menschen, der freie und auch Versicherungs-Sachverständige aber bleibt: Er bewertet das Ergebnis, macht die Schlussbewertung und entscheidet gemeinsam mit Fahrzeughalter, Versicherer und dem Hagelinstandsetzer über das weitere Vorgehen der Schadensabwicklung. Dabei geht es auch um die zentrale Frage der Cash-Regulierung (fiktive Abrechnung) oder der Reparatur. Im Anschluss an die maschinell ausgezählte Karosseriebeschädigung wird es damit vorerst also zu keinen "gravierenden" Änderungen gegenüber bisher kommen.
Auch Fix-A-Ding hat noch eine Chance
In den vergangenen 20 Jahren "Hagelgeschäft" gab es Verlierer im Dienstleistermarkt und es wird sie auch künftig geben. Fix-A-Ding hat als Marke unter neuer Führung der CLEREP AG dann eine (neue) Chance, wenn 2015 ein mindestens gutes Hageljahr wird, an dem man partizipieren kann. Am Enthusiasmus und dem persönlichen Einsatz dürfte es dem derzeitigen Geschäftsführer Stefan Berner nicht fehlen, der sogar vom früheren Eigentümer Marco Erzinger beim Kampf um sein früheres Lebenswerk aktiv unterstützt wird. Unbenommen davon sind gerade auch die ersten Massenschäden von Freiburg ein insgesamt guter Start für die Ausbeulbranche und die Betriebe des Kfz-Gewerbes, sofern diese das Geschäft ernsthaft betreiben. Zumindest die professionelle Hageldrück-Szenerie ist für die weitere "Saison" im Moment bereits äußerst optimistisch gestimmt.
IASRE als internationaler Pulsmesser
Einen nachhaltigen Eindruck davon konnte man nicht zuletzt auf der Fachmesse IASRE 2015 gewinnen, die 2013 der Jurist Dr. Wolf-Henning Hammer mit seiner eigenen Firma Cars & Competence ins Leben gerufen hatte. Gemeinsam mit den Unternehmern Marek Lissowski, Freddie Jonker und Thomas Lück sowie deren Ehefrauen und Mitarbeiterinnen entstand aus der "International Automotive Smart Repair Exhibition" in nur drei Jahren ein weltweiter Branchentreffpunkt, dem vor kurzem mehr als 1.300 Teilnehmer nach Rotenburg an der Fulda gefolgt waren.
Über die IASRE 2015 berichten wir ausführlich in der nächsten Ausgabe unseres AUTOHAUS-Schaden§manager sowie in der am Montag neu erscheinenden Ausgabe unseres Magazins AUTOHAUS-SchadenBusiness.
Dienstleister-Marktüberblick im AH-Jahresmagazin AUTOMOBIL-BRANCHE 2015
Einen großen Marktüberblick der führenden Hagel-Dienstleister und im Hagelgeschäft tätigen Sachverständigen-Organisationen gibt es darüberhinaus in unserem AUTOHAUS-Jahresmagazin AUTOMOBIL-BRANCHE 2015. Diese Ausgabe enthält darüberhinaus u.a. traditionell auch die Portraits aller Automobilhersteller und Importeure mit aktuellsten Kennzahlen zu Vertrieb, After Sales, deren Captive-Versicherern und Laeasinggesellschaften. Die AUTOMOBIL-BRANCHE 2015 erscheint neu am 20. Juli 2015 zusammen mit der AH-Ausgabe 14-15/2015. (wkp)