Bereits 2019 startete Tesla in einigen US-Bundesstaaten mit dem Verkauf eigener Versicherungen. Der erste wichtige Schritt für entsprechende Aktivitäten auch in Deutschland war die Zulassung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen im März 2021 für die europäische Versicherungs-Hauptniederlassung von Tesla mit Sitz im steuerbegünstigten EU-Mitgliedsland Malta.
Insurance-Gesellschaft zieht in die Gigafactory
Im deutschen Handelsregister eingetragen wurde nach Informationen der WELT "erst jetzt formal die Gesellschaft Tesla Insurance Ltd. (Germany Branch)". Als Adresse wird die Tesla Straße 1 im brandenburgischen Grünheide benannt, also da, wo auch Elon Musks neue Autofabrik "Gigafactory" entsteht. "Somit ist der Verkauf von Tesla-Versicherungen in Deutschland nicht nur angemeldet und zugelassen, sondern es gibt auch eine Niederlassung", hält die WELT weiter fest.
Als Geschäftszweck sei das "Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft im Niederlassungsverkehr" benannt worden. Gemutmaßt wird weiter, dass Kfz-Versicherungen im Fokus von Tesla Insurance stehen werden. Dazu gehören neben der Kfz-Haftpflicht und der Teil- sowie Vollkasko üblicherweise auch die Insassen-Unfallversicherung und die Rechtsschutzdeckung.
Abkehr von bisherigen Prämienmodellen
Wie die WELT weiter berichtet, soll es ein individuelles Prämiensystem geben, das besonders vorsichtiges, also schadenarmes Fahren belohnt. Und genau an diesem Punkt könnte es Elon Musk gelingen, auch die bisherige, "traditionelle" Prämientaxierung völlig über Bord zu kippen und alleine anhand der von Tesla-Fahrzeugen in jedem Augenblick generierten Datenmengen eine ausschließlich nutzungsabhängige Berechnung der Versicherungsprämie vorzunehmen. Als Hersteller und gleichzeitig Versicherer hätte Tesla auch den Vorteil, keine zusätzlichen technischen Geräte installieren zu müssen.
Jede Sequenz der Fahrzeugnutzung sowie sämtliche Beschleunigung- und Bremswerte sowie kritischen Momente wie etwa riskante Spurwechsel, Überholmanöver etc. werden von Tesla-Fahrzeugen akribisch festgehalten und können zusätzlich mit Künstlicher Intelligenz "gematcht" werden. In den USA wirbt der Autobauer bekanntermaßen schon seit längerem damit, eine Prämie exakt aus dem "tatsächlichen Fahrverhalten" berechnen und kalkulieren zu können. Die Kunden "leisten monatliche Zahlungen auf der Grundlage ihres Fahrverhaltens und nicht wie bei anderen Versicherungsanbietern auf der Grundlage von Faktoren wie Kreditwürdigkeit, Alter, Geschlecht, Schadenverlauf und Fahrtenbuch", heißt es laut WELT im US-Angebot. Die sichersten Fahrer könnten dadurch 30 bis 60 Prozent an Prämie sparen.
Tesla fordert andere Hersteller und "traditionelle" Versicherer
Unbenommen davon, dass künftig auch alle anderen Fahrzeughersteller ähnliche Modelle in Zusammenarbeit mit ihren markenspezifischen Captive-Versicherern relativ problemlos umsetzen könnten, ist Tesla hier zweifellos strategisch am klarsten positioniert.
Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass der milliardenschwere Tesla-Chef Musk das Assekuranzgeschäft für die Zukunft auch als weitere Cash-Cow sieht: Schon im Oktober des vorletzten Jahres gab er eindeutige Hinweise darauf, dass er sich mittelfristig einen Erlös von rund 30 bis 40 Prozent der automobilen Gesamtwertschöpfung rein aus dem Versicherungsbereich vorstellen könne.
Sollte Elon Musk tatsächlich weitere Volumenhersteller dazu bringen, bei der Prämientaxierung ebenfalls neue Wege zu gehen, würde sich damit automatisch auch der Druck auf Autoversicherer wie zum Beispiel die HUK-Coburg deutlich erhöhen, die explizit keine Vertriebskooperationen mit der Automobilwirtschaft unterhält. (wkp)