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BGH-Urteil: Höhere Reparaturkosten auch in Vollkasko rechtens

09.01.2016 20:56 Uhr
BGH-Urteil: Höhere Reparaturkosten auch in Vollkasko rechtens
Der Bundesgerichtshof fällte Mitte November eine Entscheidung zur fiktiven Abrechnung von Vollkaskoschäden auf Gutachtenbasis.
© Foto: Quelle BGH: Joe Miletzki

Wer nach einem selbst verschuldeten Unfall den Schaden an seinem Fahrzeug fiktiv abrechnen lassen möchte, kann dabei die Kosten einer Markenwerkstatt ansetzen, insofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Beweislast liegt dabei beim Autofahrer.

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In einem Urteil vom 11. November hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden, dass ein Fahrzeughalter nach einem Vollkaskoschaden die Preise einer Markenwerkstatt ansetzen kann – knüpfte dies jedoch an bestimmte Bedingungen. Der Versicherungsnehmer kann demnach auf Gutachtenbasis zu den teureren Konditionen fiktiv abrechnen, wenn 1. die fachgerechte Instandsetzung nur in einer solchen Werkstatt erfolgen kann, 2. bei "neueren" Fahrzeugen oder 3. einem älteren, aber scheckheftgepflegten und somit bisher nachweisbar im Markenbetrieb gewarteten Auto. Kann er eine der Voraussetzungen gegenüber seiner Versicherung belegen, darf diese nicht zu den günstigeren Tarifen freier Fachbetriebe regulieren (Az. IV ZR 426/14).

Etappensieg für Kläger

Hintergrund des Urteils ist ein seit 2011 währender Rechtsstreit zwischen einem Mercedes-Fahrer und der VHV-Versicherung. Nach einem selbst verschuldeten Unfall mit einem Lkw hatte der Mann fiktiv abgerechnet, sein vier Jahre altes Auto verkauft und forderte 9.400 Euro Reparaturkosten von seiner Versicherung zurück. Der Kfz-Sachverständige hatte in seinem Gutachten die Instandsetzung in einem Markenbetrieb zu Grunde gelegt.

Die VHV wollte jedoch nur 6.400 Euro begleichen, mit der Begründung, eine freie Fachwerkstatt hätte den Schaden aufgrund niedrigerer Stundenverrechnungssätze deutlich günstiger reparieren können. Der Autofahrer zog vor Gericht und bekam vor dem Amtsgericht Berlin zunächst Recht. Das zuständige Landgericht entschied im Revisionsverfahren allerdings zugunsten der VHV. Die Arbeit in einem freien Betrieb führe ebenfalls zu einer "vollständigen und sachgerechten Reparatur" wie in den zugrunde liegenden AGB gefordert, hieß es in der Begründung der nächsthöheren Instanz.

Die Karlsruher Richter widersprachen: Zwar seien in der Tat nur die vertraglichen Regelungen zwischen Versicherung und Autofahrer relevant. Dennoch könnten unter den oben genannten Bedingungen auch die Instandsetzungskosten einer Markenwerkstatt als erforderlich im Sinne der zugrunde liegenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung angesehen werden.

Kontroverse Ansichten

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) begrüßte noch am selben Tag das Grundsatz-Urteil und kommentierte, der Bundesgerichtshof habe "einer pauschalen Zugrundelegung der Stundensätze einer Markenwerkstatt erfreulicherweise eine Absage erteilt". Gegenstimmen behaupten, die Versicherungswirtschaft habe bisher bei Abrechnung auf Gutachtenbasis oft generell die niedrigeren Sätze freier Betriebe zur Anwendung gebracht. Es handle sich also viel mehr um eine Gleichstellung des Geschädigten in Kasko vergleichbar zum Haftpflichtschaden, da das Urteil eindeutige Regeln abseits der vom Versicherer selbst definierten Kriterien vorgebe.

Die konkreten Auswirkungen auf Reparatur- und Regulierungspraxis bleiben also wohl abzuwarten. Der verhandelte Fall des Mercedes-Fahrers indes wurde vom BGH an das Landgericht Berlin zurückverwiesen. Diese Instanz muss nun auf Basis des Revisionsurteils aus Karlsruhe prüfen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, die strittige Differenz von 3.000 Euro durch die VHV ausgleichen zu lassen.   (wkp)

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