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40 Jahre KTI: Top-Netzwerk für Schaden- und Reparaturforschung

28.10.2017 16:32 Uhr
Die Teilnehmer des KTI-Jubiläumskongresses, der in Altensteig-Wart, dem Gründungsort des Instituts im Schwarzwald, stattfand.
© Foto: KTI

Wie stark Konstruktion und Reparatur von Kraftfahrzeugen in den letzten Jahren einem massiven Wandel unterworfen waren und wie rasant die Entwicklung erst in den kommenden Jahren sein wird, wurde jetzt auf einem Kongress des Instituts KTI deutlich, der anlässlich dessen Gründung vor 40 Jahren stattfand.

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Gegründet im Jahr 1977, befasst sich das Kraftfahrzeugtechnische Institut (KTI) seither mit Forschung und Entwicklung rund um Reparaturprozesse an Kraftfahrzeugen. Seinen 40. Geburtstag beging das KTI jetzt gemeinsam mit seinen Gesellschaftern und namhaften Experten zum automatisierten Fahren im Rahmen einer Jubiläumskonferenz.

Das KTI begleitet seit ihrem Bestehen als Branchen-Netzwerk die Veränderungen bei Materialeinsatz und Konstruktion an unterschiedlichen Kfz – und auch deren Folgen für die Reparatur. Die Wahl des Veranstaltungsortes Altensteig-Wart im Schwarzwald für die Geburtstagsveranstaltung war dabei alles andere als Zufall. Denn just in Wart begann vor 40 Jahren die Geschichte des Instituts – damals noch als ASA Lehr- und Versuchswerkstätte, wobei ASA für Auto-Schaden-Abwicklung Organisations GmbH stand. Heute sind die Gesellschafter des KTI die bedeutendsten Marktteilnehmer der Kfz-Reparaturbranche: führende Versicherer, die Zentralverbände des Kfz-Gewerbes sowie der Karosserie- und Fahrzeugbauer, die Sachverständigenorganisation DEKRA sowie die Marktführer unter den Datenanbietern, Restwertbörsen und Prozessdienstleistern.

"Die Gesellschafterstruktur des KTI steht für optimale Bündelung der einzelnen Kompetenzen, Wissensaustausch und den gemeinsamen Einsatz für das beste Ergebnis in Sachen fachgerechter und wirtschaftlicher Reparatur", so KTI-Geschäftsführer Frank Leimbach.

Mischung von Automatisierungsgraden

Vor den Vertretern der KTI-Gesellschafter diskutierten Professor Andre Seeck (BASt), Dr. Dirk Wisselmann (BMW), Eberhard Hipp (vormals MAN), Dr. Thorsten Leonhardt (Audi), Torsten Gollewski (ZF) sowie der Europaabgeordnete Ismail Ertug (SPD) mit Moderatorin Claudia Kleinert und KTI-Geschäftsführer Frank Leimbach aktuelle Fragestellungen rund um das automatisierte und vernetzte Fahren. Dabei standen die Bereiche Mensch, Technologie und (Daten-)Sicherheit im Mittelpunkt.

Einig waren sich die Diskutanten, dass die verschiedenen Stufen der Automatisierung sich in den kommenden Jahren zunehmend mischen werden. Dabei seien in klar definierten Fahrsituationen – wie etwa im Stau auf der Autobahn, auf einem automatisierten Speditionsbetriebshof oder im Parkhaus – die schnellsten Automatisierungsschritte zu erwarten. Auch mit so genannten Robotaxis im urbanen Raum rechnen die Experten schon in wenigen Jahren. Dagegen seien etwa auf Landstraßen die Herausforderungen auf dem Weg zum automatisierten Fahren deutlich komplexer.

Vor dem "Autopilot" steht (bislang) der "Assistent"

Für die Verkehrssicherheit, so die Erwartung, werde der Fortschritt bei der Automation zunächst in den Situationen einen Nutzen bringen, in denen trotz allem noch der Mensch selbst fährt – etwa in Form von Notbrems-Systemen oder Systemen, dank derer das Fahrzeug automatisch ausweichen kann. Basis für solche Systeme ist die umfangreiche Sensorik, die auch für die eng abgegrenzten Situationen gebraucht wird, in denen das Fahrzeug automatisch fährt.

Bei alldem ist die technische Entwicklung die eine Seite, die rechtliche Situation die andere. Insbesondere beim technischen Zulassungsrecht würde unter Hochdruck auf europäischer Ebene gearbeitet, erklärte BASt-Vertreter Seeck. Bei der Frage, was dem Fahrer in einem entsprechend ausgestatteten Fahrzeug erlaubt ist, sei das 2017 in Deutschland verabschiedete Gesetz zum automatisierten Fahren schon sehr weit. Damit werde erstmals maschinelles Wirken im öffentlichen Raum zugelassen.

Entscheidend sei aber unter anderem auch die Ausgestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle im Fahrzeug. "Das System muss mit dem Menschen so eindeutig kommunizieren, dass er immer genau weiß, ob er gerade in einer überwachenden Funktion ist oder ob er sich zurücklehnen und von der Fahraufgabe abwenden darf", so Seeck. In diesem Zusammenhang betonte BMW-Ingenieur Wisselmann die Bedeutung der Benennung von Systemen für die öffentliche Wahrnehmung: "Wir bieten aktuell ein System namens ‚Lenk- und Spurführungsassistent‘ an. Das klingt natürlich nicht so cool wie ‚Autopilot‘. Aber wenn etwas ‚Autopilot‘ heißt, muss aus unserer Sicht unbedingt auch ein wirklicher Autopilot drin sein."

Der Mensch ist vielfach (noch) überlegen

Beim Thema Technologie wurde deutlich, wie komplex die Anforderungen an automatisiert fahrende Fahrzeuge sind. In Sachen optischer Systeme, Bildverarbeitung und Rechenleistung, so die einhellige Meinung, sei der Mensch der Maschine nach zwei Millionen Jahren Evolution eben deutlich überlegen.

Wenn aber der Mensch als Rückfallebene aus dem Spiel genommen wird, weil das Fahrzeug hochautomatisiert fahren soll, müssen mehr Redundanzen im technischen System vorgesehen werden. Doch damit nicht genug: Wenn das Auto so gut werden soll wie der Mensch, wenn es "intuitiv" reagieren soll, müssen automatisierte Systeme umfangreiche Lern- und Trainingsprozesse durchlaufen, die enorme Datenmengen erfordern. Als Beispiel dafür nannte der langjährige MAN-Entwicklungschef Eberhard Hipp die so genannte Intentions-Erkennung: "Für den Menschen ist es in der Regel kein Problem, bei einem Fußgänger zu erkennen, ob er die Straße überqueren möchte oder nicht. Das einer Maschine beizubringen, ist eine große Herausforderung."

ZF-Entwickler Gollewski vertrat den Standpunkt, dass die Automobilindustrie bei solchen Entwicklungsprozessen in Zukunft enger zusammenarbeiten müsse: "Die Systeme werden so komplex, dass alle Beteiligten – Hersteller und Zulieferer – gar nicht um eine vertiefte Zusammenarbeit herumkommen werden." Aktuell würden die Kräfte in einzelnen Entwicklungsabteilungen eher gesplittet, anstatt sie zu bündeln. "Wir müssen uns genau anschauen, an welchen Stellen individuelle Entwicklung wirklich notwendig ist und wo wir zu mehr Zusammenarbeit kommen müssen."

Regulierung und periodische Prüfungen

Die großen Aufgaben, die das automatisierte und vernetzte Fahren für die Politik mit sich bringt, wurden ebenfalls thematisiert. Aktuell kommen einzelne Fahrzeuge mit automatisierten Systemen per Sondergenehmigung auf den Markt, während auf der Ebene der vereinten Nationen der rechtliche Rahmen beraten wird. "Das ist ein zäher Prozess, weil es eben nicht einfach ist, einen – auch im Hinblick auf menschliches Fehlverhalten, also nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch – wasserdichten Gesetzestext zu entwerfen", so KTI-Chef Leimbach.

Gerade die Regulierung von fahrerlosen Fahrzeugen werde noch eine Riesenaufgabe, betonte Audi-Vertreter Dr. Thorsten Leonhardt. "Das ist im Moment mehr oder weniger noch eine grüne Wiese, etwa was die Themen Verantwortung und Haftung angeht." Regelungsbedarf besteht aus Sicht der Experten beispielsweise auch beim Thema Software-Update. Wenn ein Fahrzeug in einer bestimmten Ausstattung und Funktionalität typgenehmigt ist, stellt sich die Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen ein Software-Update für die Typgenehmigung relevant ist. Denn nicht immer werden nur Fehler behoben, sondern möglicherweise auch neue Funktionalitäten aufgespielt.

Dass alle im Fahrzeug verbauten Funktionen und Systeme über das gesamte Fahrzeugleben hinweg zuverlässig funktionieren müssen, betonte KTI-Geschäftsführer Leimbach: "Dabei ist die Eigenüberwachung des Fahrzeugs nicht die alleinige Lösung. Wir brauchen nach wie vor den neutralen Dritten, der das – kontinuierlich oder periodisch – prüft und überwacht."

Fahrzeug wird immer mehr Teil des Internets

Ein weiteres Schwerpunktthema war die Datensicherheit. Mehr und mehr werden Fahrzeuge Teil des Internets, was die Angriffsfläche für Datenmissbrauch vergrößert. So könnte die Angst vor möglichem Datenmissbrauch für das automatisierte und vernetzte Fahren zu einer großen Hypothek werden. Das Grundvertrauen der Kunden in den Hersteller, dass das Auto technisch in Ordnung ist, emotional auf das Thema Datensicherheit zu übertragen, wird aus Sicht der Experten eine große Herausforderung sein. 

Wie man den Menschen im Zuge der Regulierung des Themas das nötige Sicherheitsgefühl vermittelt, ist auch für den Europaabgeordneten Ismail Ertug eine der schwierigen Fragen. Doch die Probleme fangen schon viel früher an. "Welche Daten sollten überhaupt sinnvollerweise gespeichert werden? Das wird der Wartungsdienst ganz anders sehen als der Verbraucherschützer, der Versicherer vielleicht anders als der Fahrzeughersteller", sagte er. "Trotzdem müssen wir ja in Europa auch bei diesen Regelungen weiterkommen und dürfen uns nicht endlos verzetteln."

Auch die Frage, welche der im Fahrzeug gesammelten Daten überhaupt wem gehören und wer darauf zu welchem Zweck Zugriff haben soll, müsse die Politik letztlich beantworten, betonte Ertug. Die politischen Entscheidungsträger bräuchten bei vielen dieser Themenaspekte Vorschläge für mögliche Szenarien, etwa von Fahrzeugherstellern und Sachverständigen. "Das können auch 20 verschiedene Vorschläge sein, anhand derer dann auch einzelne Parteien ihre Positionen bestimmen und damit in den politischen Wettbewerb gehen können."

Reparatur bleibt wichtiges KTI-Thema

Auch wenn die Diskussion verdeutlichte, dass das automatisierte und vernetzte Fahren ein weites Feld mit vielen offenen Fragen bleibt, ist für KTI-Geschäftsführer Frank Leimbach eines sicher: "Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung wird nie wieder so langsam sein wie heute. Die Entwicklung wird immer schneller und die Fahrzeuge werden zugleich immer komplexer." Er betonte die Bedeutung von Schulung und Qualifizierung im Werkstattbereich, aber auch von weiterer ständiger Forschungsarbeit rund um die Reparatur. "Wir als KTI stehen dafür, dass Fahrzeuge auch in Zukunft repariert werden können und nicht zu Einweg-Wegwerfprodukten werden."   (efk)


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