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"Riesendurchbruch": Bund und Länder verschärfen Bußgeldkatalog

16.04.2021 14:56 Uhr | Lesezeit: 4 min
"Riesendurchbruch": Bund und Länder verschärfen Bußgeldkatalog
Wer bei einem Stau keine Rettungsgasse bildet oder diese sogar selbst nutzt, muss künftig bis zu 320 Euro zahlen sowie einen Monat den Führerschein abgeben.
© Foto: ADAC

Autofahrer sollten sich genau überlegen, ob sie fürs Brötchenholen den Radweg zuparken, beim Stau die Rettungsgasse blockieren oder durch die Ortschaft rasen. All das wird künftig ziemlich teuer.

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Nach monatelangem Tauziehen haben sich die Verkehrsminister von Bund und Ländern überraschend auf einen neuen Bußgeldkatalog geeinigt. Der sieht in vielen Punkten massive Anhebungen der Bußgelder für Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) vor. Die Einigung wurde am Freitag bei der Verkehrsministerkonferenz (VMK) unter dem Vorsitz Bremens verkündet. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sprach von einem "Riesendurchbruch" und einem fairen Kompromiss. Wann die Regelungen in Kraft treten, ist auch aufgrund technischer Fragen noch nicht ganz klar. Am 17. September soll sich der Bundesrat mit dem Thema befassen.

Die umstrittene Verschärfung für die Fahrverbote ist zwar vom Tisch: "Es geht an den Geldbeutel, aber nicht an den Führerschein. Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt", sagte Scheuer. Dafür wurden die Bußgelder für Raser teils verdoppelt und zudem neue Tatbestände eingeführt. Wer bei einem Stau keine Rettungsgasse bildet oder diese sogar selbst nutzt, muss künftig mit einem Bußgeld zwischen 200 und 320 Euro sowie einem Monat Fahrverbot rechnen.  Autofahrer, die ihr Fahrzeug im allgemeinen Halte- oder Parkverbot abstellen, werden laut Katalog unter dem Scheibenwischer künftig ein Knöllchen von bis zu 55 Euro statt wie bisher bis zu 15 Euro finden.

Schlechte Nachrichten auch für Raser: Wer innerorts 16 oder 20 Stundenkilometer (km/h) zu schnell fährt und geblitzt wird, der zahlt statt 35 bald 70 Euro. Je schneller, desto teurer: Autofahrer, die etwa mit 91 km/h statt der erlaubten 50 km/h durch die Stadt rasen, zahlen, wenn sie erwischt werden, 400 statt 200 Euro, und so weiter. "Das mag für diejenigen, die es trifft, sehr schmerzhaft sein, das soll es aber auch. Die Menschen erwarten, dass wir sie vor solch einer Raserei schützen", erklärte die Vorsitzende der VMK, Bremens Verkehrs- und Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne).

"Schaefer-Kompromiss" einstimmig beschlossen

Knapp zwei Dutzend Punkte stehen auf der langen Liste des Reformentwurfs zur Bußgeldkatalog-Verordnung, der in Teilnehmerkreisen auch "Schaefer-Kompromiss" genannt wurde. Scheuer und Schaefer hatten den Kompromiss ausgehandelt, den die Länder dann einstimmig absegneten. Die Einigung sei überraschend gekommen, aber am Donnerstagabend habe es gute Kamingespräche gegeben, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Der Streit zog sich seit Februar vergangenen Jahres hin. Damals war die Änderung der StVO beschlossen, dann aber wegen eines Formfehlers wieder kassiert worden. Deshalb galten die alten Strafen weiter - was auch neue Regeln zum besseren Schutz von Radfahrern blockierte. In dem Tauziehen hatten sich Union und die Grünen gegenseitig Blockadehaltung vorgeworfen. Vor allem die verschärften Regeln für zu schnelles Fahren und das raschere Verhängen eines einmonatigen Fahrverbots hielt die Union für überzogen.

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) zeigte sich nun erleichtert über den Kompromiss. "Das dient der Verkehrssicherheit der Fußgänger und der Radfahrer und auch dem regelkonformen Verhalten. Wenn langsamer gefahren wird und das Parken auf Radwegen, Radstreifen und Fußwegen stärker geahndet wird, profitieren alle Verkehrsteilnehmer davon."

ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand wertete es positiv, dass die 2020 ursprünglich vorgesehenen frühen Fahrverbote für Geschwindigkeitsüberschreitungen ab 21 km/h innerorts und 26 km/h außerorts gestrichen wurden. "Diese waren aus Sicht des ADAC unverhältnismäßig. Klar ist und bleibt, dass Raserei nicht akzeptabel ist und sanktioniert werden muss."

Aus Sicht des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) war die Einigung überfällig. "Die völlig unnötige Debatte über vermeintlich zu hohe Strafen für Auto-Raser hat ein ganzes Jahr lang die Sicherheit von Radfahrenden gefährdet", so ADFC-Vizebundesvorsitzende Rebecca Peters. "Gut, dass das unwürdige Gezerre jetzt endlich beendet ist. Nicht auszudenken, wenn die Verkehrsministerien den Prozess bis in die nächste Legislatur verschleppt hätten."

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KOMMENTARE


Hans Gellrich

19.04.2021 - 00:00 Uhr

Dass die Gesetze zum Schutz der Radfahrer wirklich Sicherheit bringen würde ich sehr stark bezweifeln. Der Gesetzgeben geht leider seit Jahren den Weg die Verantwortung vom Radfahrer immer weiter auf den Autofahrer zu delegieren. Leider können viele Radfahrer damit nicht umgehen, sondern bewegen sich weiter oder erst recht unbedarft im Straßenverkehr, da sie sich durch die Rechtsprechung bestätigt fühlen. Dass sie sich mit der Durchsetzung Ihres Rechts im Straßenverkehr unnötig in Gefahr begeben, scheint vielen nicht klar zu sein.


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