Erst diese Woche sorgte in München ein geplanter Radschnellweg für Aufsehen. 800 Parkplätze sollen diesem in der Innenstadt zum Opfer fallen. Sofort entbrannte eine politische Debatte. Welchen Stellenwert Fahrradfahrer in der künftigen Münchner Verkehrsplanung einnehmen sollten – darüber herrscht Uneinigkeit. Und nun warnt Michael Haberland, Präsident des Automobilclubs Mobil in Deutschland, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in einem offenen Brief eindringlich davor, die Mobilität in München zu vernichten.
"Die Radfahrpläne der Stadt sähen vor, unzählige Bäume zu fällen, tausende Parkplätze ersatzlos zu streichen, ganze Autofahrspuren wegzunehmen und somit den Platz für das Auto konsequent zu mindern, um das Fahrrad vorrangig zu behandeln", heißt es in dem Schreiben. Damit wäre München die "autofeindlichste Stadt der Republik". Der Stau würde nach Ansicht des Automobilclubs dauerhaft zum täglichen Begleiter aller Autofahrer in der bayerischen Landeshauptstadt werden.
"München explodiert gemessen an der Zahl der Einwohner und am Verkehrsaufkommen. Diese Entwicklung wurde in den letzten Jahren vollkommen unterschätzt", so Haberland. München hätte 2017 über 700.000 zugelassene Pkw gehabt, Tendenz weiterhin stark steigend. Lege man die Fahrleistung jedes Autos zugrunde, ergebe das eine Gesamtfahrleistung von sieben Milliarden Kilometer pro Jahr. Hinzu kämen rund 400.000 Autopendler pro Tag nach und von München. In Summe neun Milliarden Personenkilometer Fahrleistung im Jahr in München alleine für den Autoverkehr. Im Vergleich: Der ÖPNV habe 2017 bei 7,3 Milliarden Personenkilometern pro Jahr gelegen.
"Das Fahrrad spielt verkehrlich in München fast keine Rolle"
Haberland weiter: "Dennoch wird in der Verkehrspolitik der Stadt bevorzugt die Förderung des Radverkehrs vorangetrieben. Aber der Verkehrsträger Fahrrad macht über die tatsächlich zurückgelegten Personenkilometer nur knapp drei Prozent (!) am Gesamtverkehrsanteil aus." Das sei für den Verkehrsfluss über 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr irrelevant. "Das Fahrrad ist ein saisonales Verkehrsmittel und spielt verkehrlich in München fast keine Rolle. Das klingt hart, ist aber Fakt."
Wenn die Pläne so umgesetzt werden, befürchtet Haberland die "Vernichtung der Mobilität in München". Es reiche eben nicht, Bäume zu fällen, Parkplätze zu vernichten und Straßen wegzunehmen, um dem Radverkehr Platz zu geben. Es bedürfe einer validen Datengrundlage, die zunächst objektiv und faktenorientiert erhoben werden müsse, und dann ein gesamtheitliches Verkehrskonzept der Stadt München zu entwickeln. Diese sei bisher noch nicht im Ansatz geschaffen worden.
Haberland fordert daher: "Erst denken, dann reden und handeln und ein Konzept für alle Münchner schaffen und nicht für ein paar Schönwetter-Radfahrer." (AH)
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