Die politische Reaktion auf den Diesel-Skandal war aus Sicht des Europäischen Rechnungshofes nur halbherzig. "Wir begrüßen die Tatsache, dass Maßnahmen ergriffen wurden, doch angesichts der zahlreichen bereits im Verkehr befindlichen besonders umweltschädlichen Personenkraftwagen kann es noch viele Jahre dauern, bis sich die Luftqualität in den Innenstädten verbessert", erklärte Rechnungsprüfer Samo Jereb am Donnerstag in einer Analyse zu den nach dem Skandal von 2015 geänderten EU-Abgasvorschriften. Der Rückruf von mehr als zehn Millionen Fahrzeugen habe nach verfügbaren Daten zum Beispiel die Emission von Stickoxiden (NOx) kaum gesenkt. Die Rechnungsprüfer warnen, dass die Wirkung der neuen Vorgaben von der Umsetzung in den EU-Staaten abhänge und dass Autobauer womöglich neue Schlupflöcher finden könnten.
Als Beispiel für nicht genutzte Möglichkeiten nennen die Prüfer die Beschlüsse für neue Testverfahren. Die neuen NOx-Tests hätten zwar zu einer deutlichen Reduzierung der Stickoxidemissionen von neuen Dieselfahrzeugen geführt. "Doch hätten die Auswirkungen noch größer sein können, wenn der ursprünglich vorgeschlagene temporäre NOx-Grenzwert von 128 Milligramm pro Kilometer anstatt des Grenzwerts von 168 Milligramm pro Kilometer vorgeschrieben worden wäre."
Neue Möglichkeiten für Anpassungen an Vorgaben
Kritisch sieht der Rechnungshof auch neue Kontrollvorschriften. Diese ermöglichten es zwar, die Diskrepanz zwischen Laborwerten und Emissionswerten im realen Fahrbetrieb besser zu überwachen. Die Hersteller könnten aber neue Optimierungsmöglichkeiten nutzen, um die Kohlendioxid- und Stickoxidwerte ihrer Fahrzeuge während der Tests anzupassen.
Auslöser des Diesel-Skandals waren Untersuchungen von Volkswagen-Autos. Der Konzern musste daraufhin im September 2015 zugegeben, Stickoxid-Werte bei Dieselwagen manipuliert zu haben. Andere Hersteller wie Daimler stehen ebenfalls unter Verdacht, illegale Technik benutzt zu haben. Die Politik reagierte mit strengeren Regeln und Überwachungen.
So ist die EU-Kommission nunmehr befugt, die Arbeit der nationalen Typgenehmigungsbehörden zu überprüfen, Fahrzeuge zu prüfen, Typgenehmigungen zu widerrufen oder auszusetzen und Sanktionen zu verhängen. Zudem sind allen EU-Staaten Tests von Fahrzeugen im realen Fahrbetrieb vorgeschrieben.
Angesichts der anhaltenden Diskussionen über den Diesel steht diese Antriebsform nach wie vor stark unter Druck. Im vierten Quartal 2018 fiel der Marktanteil des Selbstzünders in der EU so auf 34,1 Prozent, wie der europäische Herstellerverband Acea am Donnerstag in Brüssel mitteilte. Im Vorjahr hatte er noch 41,2 Prozent betragen. Profitieren konnte davon vor allem der Benziner, dessen Anteil an den Neuzulassungen von 52,3 auf 57,2 Prozent wuchs. (dpa)