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Lappen weg: Geplantes Fahrverbot für Straftäter stößt auf Kritik

08.08.2016 10:34 Uhr
Anwälte halten nichts von der Idee, Kriminellen als zusätzliche Strafe den Führerschein zu entziehen.

Manchen Straftäter juckt eine Geldstrafe nicht. Aber ein paar Monate nicht Autofahren dürfen - das schmerzt. So argumentiert das Justizministerium und plant eine Gesetzesänderung.

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Anwälte halten nichts von der Idee, Kriminellen als zusätzliche Strafe den Führerschein zu entziehen. Der Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV), Ulrich Schellenberg, sagte am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, ein Fahrverbot sei leicht zu umgehen. Außerdem treffe ein Fahrverbot die Menschen je nach Lebenssituation sehr unterschiedlich. Auch von anderen Seiten kommt Kritik an den Plänen aus dem Bundesjustizministerium. Innerhalb der Regierung gibt es bei dem Thema ebenfalls noch Gesprächsbedarf.

Bisher wird der Führerschein nur im Zusammenhang mit Verkehrsdelikten entzogen. Künftig soll diese Einschränkung nicht mehr gelten. Ein Richter soll dann - zusätzlich zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe - als "Nebenstrafe" auch bei allen anderen Vergehen ein Fahrverbot für ein paar Monate verhängen dürfen. Das heißt, zum Beispiel auch bei Steuerhinterziehung, Diebstahl, Körperverletzung oder unterlassenen Unterhaltszahlungen.

Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf diesen Schritt verständigt. Das Justizministerium hatte dazu bereits im Juni einen Referentenentwurf vorgelegt, der derzeit noch abgestimmt wird. Länder und Verbände haben noch bis zum Ende der Woche Zeit, ihre Stellungnahme zu den Plänen abzugeben. Ressortchef Heiko Maas (SPD) will das Vorhaben noch in diesem Jahr ins Kabinett bringen. Er argumentiert, es gebe Fälle, etwa bei sehr wohlhabenden Straftätern, bei denen eine Geldstrafe keine Wirkung erziele.

Bestrafung ungleich?

Automobil-Verbände und Polizeigewerkschafter lehnen das Vorhaben ab. Auch Anwälte haben Bedenken. "Ein Fahrverbot trifft den Betroffenen jeweils unterschiedlich", sagte DAV-Präsident Schellenberg. "Ein Familienvater auf dem Land ist stärker auf ein Fahrzeug angewiesen als ein Single in einer Großstadt mit gut ausgebautem öffentlichem Nahverkehrsnetz." Die Bestrafung sei deshalb ungleich. Ein Fahrverbot könne auch umgangen werden. "Wer es sich leisten kann, engagiert einen persönlichen Fahrer oder greift auf Fahrdienste und Taxis zurück." Außerdem könne ein Fahrverbot nur jemanden treffen, der eine Fahrerlaubnis habe.

Aber auch innerhalb der Bundesregierung gibt es noch Gesprächsbedarf. Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministeriums sagte in Berlin, die Fahrerlaubnis zu verlieren, habe einen erzieherischen Charakter. Dahinter stecke die Frage, ob jemand für die Teilnahme am Straßenverkehr geeignet sei oder nicht. "Da ist es aus unserer Sicht so, dass eine Ausdehnung auf jegliche Straftatbestände schwer vorstellbar ist." In welchen Fällen das möglich sei, werde die weitere Ressortabstimmung zeigen. (dpa)

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KOMMENTARE


Dieter1

08.08.2016 - 17:28 Uhr

Da sind sie wieder, die deutschen Bedenkenträger. Kaum hat jemand eine gute Idee (die es in diesem Fall sicher noch fein zu justieren gilt) kommen sie aus ihren Löchern und äußern ihre mehr oder weniger schlüssigen Einlassungen.Fakt ist, dass eine solche Maßnahme in der Mehrzahl der Fälle eine abschreckendere Wirkung haben dürfte als das derzeitige Strafmaß und gerade wer beruflich auf seinen Führerschein angewiesen ist, wird sich die Straftat vielleicht einmal mehr überlegen, genau wie der bemitleidenswerte Familienvater auf dem Land. Und ein Fahrverbot leicht zu umgehen, bedeutet gleich den nächsten Gesetzeskonflikt und sollte demnach eine noch drastischere Strafe nach sich ziehen. Ohne spürbare Konsequenzen, die nachhaltig wirken, passiert in den Köpfen dieser Menschen doch nichts. Aber bei uns kann man ja auch bei privaten Autorennen Menschen tot fahren und kommt aufgrund einer ach so schweren Kindheit mit Bewährungsstrafen davon - wenn überhaupt. Armes Deutschland!


Marco

09.08.2016 - 08:27 Uhr

Lieber Dieter, wer eine Erziehung genossen hat, weiß, dass eine Strafe immer einen Bezug zum Vergehen haben muss, ansonsten kehrt sich Einsicht in Ablehnung und Rebellion um. Es gibt Länder, in denen das Strafmaß explizit am Einkommen/Vermögen gemessen wird um eine Gleichbehandlung zu erzielen. Auch wird Rasern gerne mal das Fahrzeug beschlagnahmt. Das wäre ein Ansatzpunkt. Ich persönlich halte von Strafen, die keinen Bezug zum Vergehen haben, nichts. Mir tut auch jeder leid, der eine schwere Kindheit hatte. Und Deutschland verarmt vor allem, weil das Bildungsniveau stark fällt. - Dafür sind aber andere Faktoren verantwortlich, wie unser Schulsystem, Hartz4, die Ghettoisierung von sozial Schwachen, das niveaulose Fernsehprogramm und die mangelnde Empathie der Menschen. - Wie wäre es mit einem Smartphoneentzug für Menschen, die dieses beim Autofahren benutzen (hier werden tatsächlich mehr Menschen gefährdet und vermutlich auch getötet als bei Autorennen), Gaffervideos drehen oder ohne Rücksicht Pokémons jagen? Ich habe den Glauben an eine bessere Welt noch nicht verloren - aber jeder ist mit seinem Beitrag dafür verantwortlich, dass die Welt besser wird. Das reine Verlassen auf Gesetze und die Exekutiven ist fahrlässig. In diesem Sinne. - Einen schönen Tag.


Joachim Otting

09.08.2016 - 09:42 Uhr

Lieber Dieter1,wer bei privaten Autorennen Menschen totfährt, ist schon nach jetziger Gesetzeslage danach für lange Zeit Fußgänger.Laut Justizminister soll das Fahrverbot die treffen, die bei allgemeinen und nicht autobezogenen Taten eine Geldstrafe nicht juckt. Ging nicht durch die Presse das Beispiel von jemandem, der als Freigänger täglich von einem Fahrer vor der Haftanstalt abgeholt und abends wieder dort abgesetzt wurde?Wer soviel Geld hat, dass ihn eine Geldstrafe nicht trifft, lässt sich fahren. Und was die Abschreckung angeht: Täglich schreckt nicht einmal die sichere Erwartung des Fahrerlaubnisentzugs - wenn man erwischt wird - von autobezogenen Taten wie Alkohofahrten, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, Nötigung etc. ab.


Marcus

09.08.2016 - 10:12 Uhr

Hallo zusammen,eine Strafe soll also einen Bezug zum Vergehen haben? Im deutschen Strafrecht gibt es - außer bei Verkehrsdelikten - im Wesentlichen nur Freiheitsentzug oder Geldstrafe. Bei den meisten Vergehen kann es also gar keinen Bezug zur Tat geben. Oder soll z. B. bei Diebstahl wieder das Abhacken der Hand eingeführt werden? Strafe soll auch schmerzen, sonst wäre es keine Strafe. Damit bietet sich der temporäre Führerscheinentzug als zusätzliche Strafe geradezu an. Und was die Verhältnismäßigkeit betrifft (Stichwort: Familienvater auf dem Land): auch heute schon müssen Richter dies berücksichten, in dem etwa das Strafmaß am Einkommen des Verurteilten orientiert wird (Tagessätze). Genau so wie heute werden Richter dieser Verantwortung auch zukünftig, mit der Strafe Führerscheinentzug, gerecht werden. Insgesamt spricht also nichts gegen eine Ausweitung des möglichen Strafkatalogs.


hwb

09.08.2016 - 13:36 Uhr

Erstmals Sippenhaft in Deutschland, oder wie soll man solche Diskussionsansätze bezeichnen? Wenn einem Ladendieb oder z.B. einem Unterhaltszahlungssäumigen in der "Mobilitätsgesellschaft" die Fahrerlaubnis und oder in der aktuellen "Kommunikationsgesellschaft" das Smartphone oder vielleicht sogar der Internetzugang entzogen wird, sind immer auch andere Nichtstraffällige wie Ehefrau und Kinder von dieser Maßnahme betroffen.Wenn ich bedenke, dass ich in den letzten 15 Jahren in keine Verkehrskontrolle gekommen bin und einen Polizisten nur vom Telefon her kenne, der mich nur fragte ob denn etwas kaputt gegangen sei, bevor er mir mitteilte, das sie nicht kommen würden. Das absehbare Vollzugsdefizit solcher Maßnahmen und die daraus resultierende Ungerechtigkeit sollte diese unsinnige Diskussion ohne Gesetzesänderung schnell beenden.


UE

11.08.2016 - 16:37 Uhr

Sommerloch. Ich sage nur Sommerloch. Hier und da würde es schon reichen, wenn wir ein paar Polizisten mehr auf der Strasse hätten. Das schreckt auch ab. Was auch abschreckt: eine hohe Aufklärungsquote. Aber dafür bräuchte man nicht nur "mehr" sondern auch "gute" Leute. Und was dann noch fehlt, wäre eine Rechtssprechung, die die Vergehen hart (wie vorgesehen) bestraft und nicht irgendwelche dummen Diskussionen über die schwere Kindheit oder die Herkunft der Täter führt.Wenn einer mein Kind entführt, mishandelt oder was auch immer, dann ist es mir sch**ßegal ob der eine schwere Kindheit hatte! Der gehört weggesperrt -für immer! Und wenn einer einen sog. "Ehrenmord" begeht, dann interessiert mich seine Sch**ßreligion nicht! Er hat hier in Deutschland ganz einfach niemanden umzubringen! Also: wegsperren oder ausweisen. Und nicht so eine "Weichspülerjustitz" üben! Die lachen sich doch alle kaputt über uns! Da hilft eine Führerscheinentzug gaaaanz bestimmt! Zittern werden sie! Zittern!....aber was reg' ich mich auf.... ;-)Ich hol' mir erst mal 'nen Kaffe...


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