Lediglich ein Viertel der Unternehmen in Deutschland ist nach eigener Einschätzung ausreichend zum Stichtag der neuen Datenschutz-Grundverordnung am 25. Mai vorbereitet. Das ergab eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom. Drei Viertel der Unternehmen werden also nicht rechtzeitig mit der Umsetzung fertig, ganz am Anfang stehen demnach noch vier Prozent. Diese Selbsteinschätzung sei nicht gerade schmeichelhaft, erklärte Verbandspräsident Achim Berg.
Grundsätzlich erwarten der Umfrage zufolge sieben von zehn Unternehmen in Deutschland Vorteile für einheitliche Wettbewerbsbedingungen in der EU durch die neue Grundverordnung. Gut die Hälfte erwartet einen Wettbewerbsvorteil für europäische Unternehmen, 43 Prozent gehen für das eigene Geschäft von unmittelbaren Vorteilen aus.
"Datenschutz ist in den Unternehmen angekommen", sagte Berg. Die meisten hätten aber mit der Umsetzung zu kämpfen. Viele hätten sich in der Vergangenheit zu wenig um den Datenschutz gekümmert und hätten deshalb Nachholbedarf. 50 Prozent der befragten Unternehmen befürchten, dass die Geschäftsprozesse komplizierter werden.
Von deutlich oder "eher" Mehraufwand gehen beispielsweise 58 Prozent der Unternehmen aus. 38 Prozent schätzen, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Digitalisierung in Europa bremst. Und einen Wettbewerbsnachteil befürchten 34 Prozent. Neun Prozent sehen darin sogar eine Gefahr für das eigene Geschäftsmodell.
Das Recht des Einzelnen auf Datenschutz müsse gewahrt werden, sagte Berg. "Entscheidend ist, dass auch künftig nützliche innovative Anwendungen auf den Markt gebracht werden können." Nur so könne die Datenschutzgrundverordnung tatsächlich zu einem Standortvorteil für Europa werden. Bei der Auslegung des verbindlichen Regelwerks mangele es zugleich an praktischen Hilfestellungen von offizieller Seite.
Hoffnung auf Kulanz
Rund eine Woche verbleibt nun noch für die Umsetzung zum 25. Mai. Doch noch immer herrsche große Verunsicherung bei den Verantwortlichen in den Unternehmen, sagte Berg. Die Auslegung in der Praxis sei noch ungewiss. Die Wirtschaft erhoffe sich deshalb von den Behörden ein "kulantes Verhalten". Vier von zehn befragten Unternehmen plädierten demnach für eine verlängerte Schonfrist, die Hälfte wünsche sich, dass die Aufsichtsbehörden bei Verstößen zunächst nur zu Nachbesserungen aufforderten. "Auch für die Behörden muss das Motto zunächst einmal lauten: Helfen statt bestrafen", sagte Berg.
"Zähne bekommen, aber nicht bissig"
Die Aufsichtsbehörden wiederum versuchen derzeit, einer übertriebenen Besorgnis entgegenzuwirken. Rund 90 Prozent des Regelwerks habe in Deutschland auch vorher schon gegolten. "Wir haben zwar Zähne bekommen, sind aber nicht bissig geworden", sagte etwa der hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch diese Woche. Kritisch könne es nur für jene werden, die auch schon vorher gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen hätten. (dpa)
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