Von Online-Redakteur Andreas Heise
Für die Automobilgruppe Dirkes ist 2019 ein Schicksalsjahr. Im Juni wurde die Insolvenz bekannt: Frank Perez, Geschäftsführer der Automobilgruppe Dirkes, hatte einen Antrag auf ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung gestellt, dem stattgegeben wurde.
Nun geht Giacinto Di Leonardo, Geschäftsführer Verkauf beim Autohaus Di Leonardo aus Solms, juristisch gegen Dirkes vor. Für einen eigenen Kunden hatte der Kfz-Unternehmer am 15. Mai 2019 bei Dirkes einen Alfa Romeo Stelvio erworben. Das Autohaus Di Leonardo war 32 Jahre lang Alfa Romeo-Haupthändler, seit zwei Jahren ist man noch Servicepartner der italienischen Marke und hat entsprechend noch einen großen Alfa-Kundenstamm.
Nach Bezahlung des vollständigen Kaufpreises wurde das Fahrzeug am 24. Mai 2019 übergeben – auf den Fahrzeugbrief wartet Di Leonardo bis heute. Wie er gegenüber AUTOHAUS schildert, sei er bei seinen Nachfragen mehrfach vertröstet worden. Sein größtes Problem: Ohne vollständige Fahrzeugpapiere kann er den Alfa nicht an seinen Kunden übergeben.
"Eine Insolvenz ist natürlich das Schlimmste, was einem Händler passieren kann", zeigt Di Leonardo zwar Verständnis für die schwierige Situation bei Dirkes. Er räumt aber gleichzeitig ein: "Man muss sich trotzdem an rechtliche Grundsätze halten."
Nach der Klage folgte die Strafanzeige
Nachdem er nach eigener Aussage Geschäftsführer Frank Perez mehrmals vor rechtlichen Schritten gewarnt hatte, reichte Di Leonardo am 21. Juni 2019 beim Landgericht Köln Klage ein und fordert darin die Herausgabe des Fahrzeugbriefes. Wenige Tage später folgte die Strafanzeige gegen drei Mitarbeiter bei Dirkes, "wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs, der Untreue sowie sämtlicher weiterer in Betracht kommender Straftatbestände".
Di Leonardo geht nach eigenen Angaben davon aus, dass die Automobilgruppe Dirkes zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages nicht Eigentümer des verkauften Fahrzeuges gewesen ist, sondern sich der Fahrzeugbrief im Wege der Sicherungsübereignung bei der FCA Bank befand. Den gezahlten Kaufpreis habe Dirkes nicht zur Ablösung des Fahrzeuges gegenüber der FCA Bank genutzt. Di Leonardo schließt "Vorsatz" nicht aus.
Die FCA Bank sei inzwischen in Kenntnis gesetzt. Deren Vorschläge, das Fahrzeug an Dirkes zurückzugeben oder noch einmal den Kaufpreis direkt an den Finanzdienstleister zu entrichten, sind für Di Leonardo keine Option. Er wartet nun das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ab.
Giacinto Di Leonardo, Geschäftsführung Verkauf beim Autohaus Di Leonardo
Dirkes-Geschäftsführer Frank Perez bestätigt auf Nachfrage von AUTOHAUS, dass der Kaufpreis gezahlt wurde, sich der Brief aber noch im Besitz der FCA Bank befindet. "Die Überweisung des Kaufpreises fiel genau in die Zeit, in der wir die Insolvenz in Eigenverwaltung angehen mussten", erklärt Perez. Ein mehr als unglücklicher Zeitpunkt, fügt er hinzu. Die Kaufsumme für den Alfa Romeo von Di Leonardo sei nicht mehr an die FCA Bank weitergeleitet worden – und nach dem Insolvenzantrag habe er nicht mehr darüber verfügen können.
Ob die Insolvenz nicht absehbar gewesen wäre? "Nein, war sie nicht", stellt Perez fest. Bis Ende Mai habe die Automobilgruppe mit ihren Herstellern, deren Banken und den Hausbanken aussichtsreich verhandelt. "Wir hatten bereits eine Lösung gefunden, die allseits endverhandelt war. Doch im letzten Moment vor Unterzeichnung ist ein Partner abgesprungen", beschreibt Perez die Ereignisse vor dem Insolvenzantrag. Da kurz darauf die Auszahlung der Löhne angestanden habe, sei er zum Handeln gezwungen gewesen. Am 6. Juni stellte er einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Diesem sei innerhalb eines Tages stattgegeben worden, da die Fortführungsprognose, die vorlag, sehr gut gewesen sei.
"Ich kann den Unmut von Herrn Di Leonardo durchaus verstehen. Aber wir versuchen alles, ihn schadlos zu halten", beteuert Perez. Er befinde sich in Verhandlungen mit der FCA Bank, aber das brauche Zeit und Geduld und ein Ergebnis könne derzeit nicht versprochen werden.
Enttäuschte Kunden äußern sich im Internet
Wer aktuell im Internet nach Kundenstimmen zu Dirkes sucht, stößt unweigerlich auf harsche Kritik, weil beispielsweise das Fahrzeug noch nicht ausgeliefert wurde oder der Fahrzeugbrief fehlt. Angesprochen darauf räumt Perez ein, dass es vereinzelt Endkunden gebe, die im Zuge der Insolvenz in Mitleidenschaft gezogen worden seien. Auch sie sollen laut Perez alle zu ihrem Recht kommen. Hier ergänzt Insolvenz-Experte Gunnar Müller-Henneberg von Schultze & Braun, der Dirkes beratend zur Seite steht: "Es gibt leider kein Insolvenzverfahren ohne Frustration. Das lässt sich nicht vermeiden. Hintergrund ist, dass nicht einzelne Vermögenswerte herausgegeben werden dürfen, sondern der Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz gilt." Auch müsse in einem solchen Verfahren der Vorgang zu jedem einzelnen Kunden geprüft werden. Bei 6.000 verkauften Fahrzeugen im Jahr benötige das Zeit. Im Ergebnis werde nur einem geringen Prozentsatz der Kunden überhaupt ein Schaden entstehen, aber absolut gesehen hätten diese Kunden eine gewisse Anzahl und ihre Frustration sei absolut verständlich.
Wie Perez abschließend erklärt, seien die Aussichten, dass es mit Dirkes weitergeht, "sehr gut". Nähere Informationen zu den aktuellen Entwicklungen gebe es in den nächsten Wochen. Gute Nachrichten für die Fortführung der Automobilgruppe. Aber womöglich auch für die Lösung des Konflikts der beiden Autohäuser.