Von Michael Gebhardt/SP-X
"Der Vorstand war schon nicht begeistert, als die ersten Reaktionen kamen", erzählt František Drábek, "aber wir konnten ihn beruhigen: Wenn der Jozef sagt, dass das gut ist, dann passt das auch." Drábek ist als Produktmanager für das Facelift des Skoda Octavia verantwortlich, und besagter Jozef ist der Chef-Designer: Jozef Kabaň. Der hatte sich das neue Vier-Augen-Gesicht in den Kopf gesetzt und durchgeboxt, das auf den ersten Bildern wirklich etwas unglücklich wirkte. Doch Jozef sollte recht behalten: In echt sieht der aufgefrischte Tscheche richtig gut aus. Davon können sich bald auch die Kunden persönlich überzeugen: Ab dem Frühjahr steht der Octavia für mindestens 17.450 Euro in den Schauräumen.
Der Octavia wird immer selbstbewusster, die neuen, zweigeteilten Frontleuchten (auf Wunsch mit Voll-LED-Technik) wirken nicht mehr so brav wie bisher, die Schürzen sind bulliger und auch die um drei Zentimeter verbreiterte Spur hinten zeigt Wirkung. Damit macht er nicht nur Mitbewerbern wie Opel Astra oder Hyundai i30 das Leben schwerer, sondern auch seinem Technikspender VW Golf. Zumal er, wie jeder Skoda, eben immer "ein bisschen mehr Auto" ist.
Das gilt vor allem für das Platzangebot. Zwar spielt er mit 4,67 Meter längenmäßig nicht mehr wirklich in der Kompaktklasse mit. Preislich aber tritt er in diesem Segment an – und dort bietet sonst keiner einen Fond, in dem großen Menschen die Beine übereinanderschlagen können oder bis zu 1.740 Liter Stauraum im Combi, der nur 700 Euro mehr kostet als die Limousine. Genau das macht ihn wahrscheinlich auch zum meistverkauften Kombi in Europa.
Infotainment arbeitet flink
Musste Skoda früher oftmals erst die abgelegte Technik der Konzernmutter Volkswagen auftragen, dürfen sich die Tschechen mittlerweile mehr oder weniger nach Herzenslust im Regal bedienen. "Dafür müssen wir aber auch entsprechend bezahlen", betont Drábek. Deshalb kommt der neue, 9,2 Zoll große Infotainment-Bildschirm auch erstmal ohne Gestensteuerung aus. Ansonsten aber steht das System dem Golf-Pendant in nichts nach: Statt klassischer Schalter und Tasten wird nunmehr auf einer iPad-ähnlichen Glasplatte gedrückt. Die Technik arbeitet flink und ohne Verzögerung, die Bedienung ist einfach, die Auflösung gestochen scharf und natürlich kann der Octavia auf Wunsch immer ins Internet und sich neben Google-Streetview-Daten zum Beispiel auch aktuelle Tankstellenpreise ziehen. Einziger Wermutstropfen des neuen Systems: Neben dem stylischen High-End-Gerät wirkt die übrige Inneneinrichtung fast ein wenig altbacken. Die nahezu perfekte Verarbeitung, die gute Übersicht und nicht zuletzt die hervorragenden Sitze entschädigen dafür aber vollkommen.
Nicht nur in Sachen Infotainment fährt Skoda nun im Konzern ganz vorne mit, sondern darf sich schon aber der zweiten Jahreshälfte auch den neuen 1.5 TSI mit 110 kW / 150 PS schnappen. Bis es soweit ist, stehen die altbekannten Aggregate zur Wahl: Vier Diesel von 66 kW / 90 PS bis 135 kW / 184 PS und genauso viele Benziner, die zwischen 63 kW / 86 PS und 132 kW / 180 PS leisten; obendrauf kommt noch das 230 PS starke RS-Top-Modell und eine Erdgas-Variante mit 81 kW / 110 PS. Je nach Motor gibt es ein präzises Fünf- oder Sechsgang-Schaltgetriebe, für die meisten Antriebe steht auch ein Doppelkupplungsgetriebe mit sechs oder sieben Stufen zu Wahl und die stärkeren Aggregate fahren auf Wunsch sogar mit Allrad vor – nicht nur in der optisch auf Abenteuer getrimmten Scout-Version.
Kassenschlager dürfte weiterhin der 110 kW / 150 PS starke 2.0 TDI, der ab 26.250 Euro erhältlich ist. Dass seine 340 Nm Drehmoment mit dem 1,3 Tonnen schweren Tschechen keine großen Probleme haben, liegt auf der Hand. In kurzweiligen 8,4 Sekunden schubst er die Limousine auf Tempo 100, maximal sind 218 km/h drin; der Kombi ist nur marginal langsamer. Auf dem Papier glänzt das Kraftpaket mit einem vorbildlichen Verbrauch von 4,3 Litern je 100 Kilometer. Hat man aber einmal Spaß am Diesel-Wumms gefunden und fordert den Vierzylinder regelmäßig zu knackigen Zwischensprints und flotten Ampelstarts heraus, schnellt der Wert freilich in die Höhe.
Drehfreudiger Dreizylinder
Das gilt auch für den Dreizylinder-Benziner, der mit 4,8 Litern Normverbrauch die Ottos anführt. Allein die Drehfreude des 85 kW / 115 PS starken Turbo-Motors, der trotz seines geringen Hubraums mit immerhin 200 Newtonmeter Drehmoment aufwartet, macht es aber schwer, den rechten Fuß zurück zu halten. Allerdings muss man den kernigen Klang des Einliter-Motörchens mögen, denn – das gilt für alle Aggregate – ausgesprochen gut gedämmt ist der Octavia auch nach dem Facelift nicht. Neben den Geräuschen dringt auch die Unbill manch schlechter portugiesischer Landstraße in den Innenraum: Auf unerwartete Anregungen durch kleine Schlaglöcher oder Querfugen reagiert der Octavia manchmal etwas harsch. In Summe aber präsentiert sich das neu abgestimmte Fahrwerk deutlich ausgewogener als bisher und federt die meisten Unebenheiten einfach geschmeidig weg. Für 920 Euro lässt sich der Unterbau zukünftig außerdem nachjustieren, die adaptive Dämpferregelung hält die bekannten Modi "Comfort", "Normal" und "Sport" bereit.
Nachgerüstet hat Skoda natürlich auch bei den Fahrassistenten. Jetzt überwacht der Octavia auch den Querverkehr, vermeidet beim Rangieren Parkrempler und ein Lenkassistent hilft beim Rückwärtsfahren mit Gespann – mit bis zu zwei Tonnen Anhängelast empfiehlt sich der Allrad-Diesel schließlich auch als Zugmaschine. Solche Funktionen übrigens wird man bei Skoda in nicht allzu ferner Zukunft auch nachträglich buchen können: "Wenn Sie dann mit dem Wohnwagen in den Urlaub fahren, können Sie für einen bestimmten Betrag die Funktion freischalten", erklärt Drábek. "So werden Sie dann zum König auf dem Campingplatz."