Von Patrick Broich/SP-X
Mal ganz ehrlich, so eine richtig lahme Ente ist Jaguars F-Type ja nicht gerade, wenn man die R-Version ordert. Dann vergreifen sich 405 kW / 550 PS an der Hinterachse und schieben das schicke Coupé (respektive Cabrio) schneller auf Tempo, als mancher Verkehrsteilnehmer gucken kann. Aber wenn genug mal wieder nicht genug ist, dann muss die Abteilung "Special Vehicle Operations" gerufen werden – jene räumlich vom Hauptquartier getrennte Abteilung, die noch einmal etwas Brennholz nachlegt. Die Fahrzeuge tragen das Badge "SVR" und strotzen vor Kraft – 423 kW / 575 PS im Falle des F-Type SVR zum Preis von 138.400 Euro. Gegen 7.000 Euro Aufpreis fährt man auch oben ohne.
Ob man 25 Zusatzpferdchen für den aktiven Fahrspaß-Plus braucht oder nicht, dürfte weniger eine Rolle spielen – mehr schon die Psychologie, einfach das Topmodell zu fahren. Und ohne Frage haben die Jaguar-Jungs das Modell klar kenntlich gemacht, nicht zuletzt auch deshalb, weil diese Raubkatze ein paar Features haben muss, um ein bisschen länger höheren Belastungen standzuhalten und natürlich auch, um das letzte Quäntchen Performance heraus zu kitzeln. Mehr Schlitz im Frontspoiler bedeutet auch mehr Lufteinlass – also gibt es mehr Kühlung. Wenn Rennstrecke oder einsame Landstraße also für einen ganzen Tag zum erklärten Bolzplatz fürs Auto avancieren, dann wird das zumindest keine thermischen Probleme nach sich ziehen. Und der (abbestellbare) Spoiler beschert den SVR-Kandidaten eine Aufhebung der Vmax. Das Coupé bekommt 322 km/h in die Papiere eingetragen, das Cabrio immerhin 314 Sachen. Damit rangiert man endlich auf Augenhöhe mit den schnellsten Produkten aus dem Volkswagen-Konzern. Gefällt die Optik nicht, wird man analog zu den R-Varianten wiederum auf 300 km/h zwangsgebremst.
Power satt
Dass bei einem Hochkaräter mit der Extraportion Leistung auch noch ein paar exklusive Detailveränderungen angesagt sind, versteht sich ja eigentlich von selbst. So holten die Techniker noch einmal 16 kg bei der Auspuffanlage heraus – Titan macht es möglich. Schließlich möchte der Kunde für rund 25.000 Euro Mehrpreis ja auch etwas geboten bekommen. Power satt ist jedenfalls vorhanden, hier sollten keine Klagen aufkommen. Immer schön an einem Kompressor ist, dass die Schubkraft im Gegensatz zum Turbo (der vom Abgasstrom abhängt) bereits aus dem Drehzahlkeller heraus geliefert wird. Und während der R-Kunde auf Wunsch auch Heckantrieb bekommt, fallen die 700 Nm des SVR-Triebwerks obligatorisch über alle vier Räder her.
Vielleicht möchte man einfach garantieren, dass der 1,7-Tonner auch wirklich binnen 3,7 Sekunden auf Landstraßentempo hastet und die Kraft im Falle eines ungestümen Gasfußes nicht in übermäßigen Reifenabrieb umgesetzt wird. In der Tat muss man sich keine großen Gedanken um den Fahrbahnbelag machen – wenn es nicht gerade Schotter ist – und kann beherzt auf das rechte Pedal drücken. Aus jeder Situation heraus schiebt der Allradler so brachial auf jede gewünschte Geschwindigkeit, dass sowohl Magen und Nackenmuskulatur so einiger Herausforderung ausgesetzt werden. An die Allradhasser sei gesandt: Die Ingenieure haben die Antriebskonfiguration hecklastig ausgerichtet, so dass der Brite auf Pedalbefehl auch gerne mal um die Kehre tänzelt – ohne anschließend in richtungstechnische Verlegenheit zu geraten. Und ja, das klappt wirklich.
Im Basisprogramm kann er aber auch ganz brav, verkneift sich jegliches Gesprotzel und Geschrei, sofern die Kontrollleuchte der "Auspuff"-Taste nicht in orange warnt. Sogar das Fahrwerk benimmt sich recht human und rüttelt die Knochen keineswegs über Gebühr durch. Ein Jaguar für jeden Tag, so will es zumindest der Hersteller sehen. Kann man machen, wenn neben dem Anschaffungsbudget auch die Bereitschaft und Fähigkeit besteht, die Unterhaltskosten zu stemmen. Denn bei den vom Werk angegebenen 11,3 Litern Benzin je 100 Kilometer für den gemittelten NEFZ wird es kaum bleiben. Dazu macht das F-Type-Topmodell einfach zu viel Spaß.