Von Peter Maahn/SP-X
Ohne Zweifel ist der Audi Q8 ein ganz schön dickes Ding. Mit 2,5 Tonnen bringt er gut 300 Kilo mehr auf die Waage als sein Schwestermodell mit einen Dreiliter-Diesel. Kein Wunder, schließlich muss er eine schwere Batterie mit sich herumschleppen, die den zweiten Motor des fünftürigen SUV-Coupés mit Energie versorgt. Im Gegenzug liefert der Akku mit seinen 17,9 kW/h genügend Power, um den Herrn der Ringe für 45 Kilometer rein elektrisch anzutreiben.
Also noch ein Plug-in-SUV im Audi-Stall, dieses Mal am oberen Ende der hausinternen Nahrungskette, ist der Q8 ohnehin schon das teuerste Mobil dieser angesagten Art von Stadtindianern. Damit können bis auf den kleinen Q2 alle Audi-Hochbeiner an einer Steckdose andocken. Etwas enttäuschend: Das Dickschiff verträgt höchstens 7,4 kW an der heimischen Wallbox Um der Batterie-Stand von Ebbe wieder auf Flut zu befördern, vergehen also gut 2,5 Stunden. Wenig für ein reines E-Auto, für 95.200 Euro-Auto der Luxusabteilung aber eher bescheiden.
Rund 45 Kilometer elektrische Reichweite
Nun gut, auch der Q8-Fahrer wird auf dem täglichen Weg zur Arbeit und zurück dank 45 Kilometern elektrischer Reichweite sein Werktags-Pensum wohl lokal abgsasfrei absolvieren können. Wenn er denn nach einem aufreibenden Manager-Tag noch den Nerv dazu aufbringt, daheim sein Auto anzustöpseln. Denn nur wenn er das wirklich beherzigt, kann er sein Umweltgewissen ausleben und sich das "E" im Kennzeichen auch verdienen.
Dafür bekommt er serienmäßig ein Paket an diffiziler Technik, kann sich über das perfekte Miteinander der beiden Motoren freuen und im Innenstadt-Gekrieche fast lautlos unterwegs sein. Auf längeren Strecken ermöglicht ein vorausschauendes Navi, dass der Audi Ortschaften entlang der Route abgasfrei durchqueren kann. Wer einen Termin erreichen will, der in einer der sicher bald Realität werdenden blitzsauberen "grünen" Zonen ansteht, kann den Q8 so programmieren, dass er sein Zeil ohne Zutun des Verbrenners erreicht, zumindest auf den letzten Kilometern. Dazu hält die Elektronik die Batterie stets bei Laune, allerdings für den Preis, dass diese sich unterwegs eher zurückhaltend am Antrieb beteiligt, um eben noch elektrische Reserve fürs Finale bereit zu stellen.
Audi Q8 TFSi e (2021)
BildergalerieDas Innenleben des Zwei-Herz-Audis unterscheidet sich kaum von den Schwestern der herkömmlichen Art, allerdings ist der Kofferraum des TFSi e genannten Q8 um genau 100 Liter kleiner, mit über 500 Liter aber dennoch üppig. Wer all das Elektrische bewusst ignoriert, kann das Ungetüm wie gehabt sportlich bewegen. Und das Gefühl erleben, wenn der E-Motor beim sogenannten "Boosten" dem ohnehin schon potenten Sechszylinder-Turbo nochmals 100 kW / 136 PS mehr zukommen lässt. Hier bekommt das Schlagwort von der Kraft der zwei Herzen eine spürbare Bedeutung, schließlich sitzt man in einer Art Coupé.
Für Komfort-Freaks sorgt eine Luftfederung für sänftenhaftes Schweben, wer gerne mal abseits fester Straßen die Haftung auf lockerem Geläuf erfahren will, staunt über den perfekt geregelten Allradantrieb, der je nach Bedarf die Kraft auf die beiden Achsen verteilt. Dabei ist der Q8 natürlich kein Geländewagen, auch wenn die Kritiker solche Autos regelmäßig mit den urigen Offroadern verwechseln. Dafür ist das teure Stück einfach zu fein. Die zahllosen Assistenzsysteme bewähren sich bis auf die Bergabfahrhilfe und die Möglichkeit, die Bodenfreiheit zu verstellen, vor allem im Betrieb auf Asphalt oder Beton. Das alles gilt übrigens auch für den kastigeren Q7, der jetzt ebenfalls mit Plug-in-Hybrid unterwegs sein kann.
Zwiespältiges Gefühl bleibt
Unterm Strich bleibt auch beim elektrifizierten Q8 bei aller unbestrittenen Ingenieurskunst ein zwiespältiges Gefühl. Ist das ganze teure und schwere Technik-Paket für gerade mal 45 Kilometer rein elektrischer Reichweite wirklich sinnvoll? Da der Audi nur bei idealen Bedingungen und mit sensiblem Gasfuß seines Fahrers die Traumwerte der offiziellen Norm erreicht, ist ein sauberer Diesel mit neuester Technik wohl doch noch die bessere Wahl. Vielleicht bis zu diesem Zeitpunkt, an dem die Techniker die Beziehung der beiden Motoren umdrehen. Kleiner Benziner, stärkerer E-Motor, deutlich mehr Reichweite. Dann hätte sich Audi das Siegel "Vorsprung durch Technik" redlich verdient.