Strukturwandel passiert derzeit nicht nur in den Autohäusern, sondern erfasst auch die Aufstellung des Verbands. Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung des Zentralverbandes Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) am 10. Juni in Hamburg wurden zahlreiche Weichen neu gestellt. Die wichtigste ist sicherlich die Wahl des neuen Hauptgeschäftsführers. Auf Axel Koblitz folgt zum 1. Januar 2023 Kurt-Christian Scheel. Der 54-jährige gebürtige Bonner wurde einstimmig von der Mitgliederversammlung gewählt. Der Jurist ist derzeit noch beim Verband der Automobilhersteller (VDA) beschäftigt und wird seine Einarbeitungszeit am 1. November dieses Jahres beginnen. Er kennt natürlich alle Themen und war in den letzten Jahren in Berlin aber in den letzten Monaten besonders auch in Brüssel aktiv.
Gefragt nach den Gründen für seinen Wechsel zum ZDK erklärte er: „Für die individuelle Mobilität ist der Handel das entscheidende Element.“ Damit traf er den Nerv der Mitglieder, die auch besonderen Wert darauflegten, dass er nicht nur von Axel Koblitz in sein neues Amt eingeführt wird, sondern sich auch bei den Innungen, Landes- und Fabrikatsverbänden vor Ort über deren Arbeit informiert.
Grün für Grün
Die zweite wichtige Personalie war die Wahl des neuen Bundesinnungsmeisters, nachdem Wilhelm Hülsdonk seinen Rücktritt erklärt hat. Der Unternehmer aus Voerde war 17 Jahre lang Bundesinnungsmeister und ZDK-Vizepräsident. Als sein Nachfolger wurde ebenfalls einstimmig Detlef Peter Grün gewählt. Der Inhaber einer freien Werkstatt gilt als besonders Technik affin und kompetent in Fragen rund um die Abgasuntersuchung.
Im Vorfeld der Wahl gab es Querelen, da einige Vorstandsmitglieder der Meinung waren, dem Unternehmer, der selbst nur einen kleinen Betrieb hat, fehle das Format für die Aufgabe, besonders was die Vertretung der Interessen des Kfz-Gewerbes beim Unternehmerverband Deutsches Handwerk (UDH) und beim Zentralverband Deutsches Handwerk (ZDH) angeht, die Hülsdonk noch bis Dezember innehat und die dann ebenfalls auf Grün übergehen soll. Die Querelen wurden beigelegt, indem festgelegt wurde, dass bei Servicethemen, die auch die Fabrikatsbetriebe betreffen, der Vorsitzende der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen Thomas Peckruhn, ebenfalls ZDK-Vizepräsident, Grün begleitet.
Gravendyk im Vorstand
Weil Grün bereits im Vorstand war, brauchte es durch seine Wahl zum Bundesinnungsmeister einen Nachfolger im ZDK-Vorstand. Gewählt wurde ebenfalls einstimmig René Gravendyk, Vorstandsmitglied im Landesverband Nordrhein-Westfalen und einer der beiden Vorsitzenden des ZDK-Ausschusses Ausbildung. Der Unternehmer aus Goch möchte in seinem neuen Amt denn auch vor allem die Themen rund um die Ausbildung voranbringen.
Wechsel nach Berlin
Bereits in seiner Sitzung im Februar hat sich der ZDK-Vorstand dafür ausgesprochen, eine Immobilie in Berlin zu suchen. ZDK-Präsident Jürgen Karpinski erläuterte in Hamburg nochmals die Zielsetzung: Man wolle die Lobby- und die Öffentlichkeitsarbeit in der Hauptstadt verstärken und zudem sei es eine sehr sinnvolle Vermögensanlage. Ein sofortiger Umzug sei nicht vorgesehen. Der Verbandssitz in Bonn bleibe sicher noch mehr als eine Dekade erhalten. Die Mitgliederversammlung erteilte einem Gremium aus vier Personen den Auftrag eine Immobilie in Berlin-Mitte oder angrenzenden Bezirken zu erwerben. Zielgrößen sind eine Nutzfläche von 1.000 Quadratmetern und ein Preis von maximal zehn Millionen Euro. Das Viererteam soll dem Vorstand regelmäßig über den aktuellen Stand der Suche berichten und ihm geeignet erscheinende Angebote vorlegen. Nach Auskunft des Baden-Württembergischen Landesverbands-Präsidenten Michael Ziegler, der zu dem Suchtrupp gehört, gibt es aktuell keine in Frage kommende Immobilie.
Neue Finanzstruktur
Die derzeit stark gesunkenen Zulassungszahlen erfordern auch vom Verband eine Neuaufstellung der Finanzstruktur. So geht Schatzmeister Michael Kraft davon aus, dass schon 2023 die Mitgliedsbeiträge statt fast 50 Prozent nur noch weniger als 40 Prozent der Einnahmen ausmachen werden. Kompensiert werden soll das unter anderem durch Lizenzgebühren aus der AÜK, der akkreditierten Überprüfung im Kfz-Gewerbe, die alle amtlichen Werkstattuntersuchungen und –prüfungen zusammenfasst.
Hinzu sollen in Kürze Einnahmen aus SERMA kommen. Die Abkürzung steht für den standardisierten Zugang zu diebstahl- und sicherheitsrelevanten Reparatur- und Wartungsinformationen. Grundsätzlich hieß es aus dem Verband, dass man nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahre, in denen eine Krise auf die andere folgte, sich darauf einstellen müsse, dass das zum Dauermodus werden könnte. Außerdem verabschiedete der Verband angesichts der aktuellen Lage auf den Finanzmärkten eine neue Richtlinie für die Anlage des Verbandsvermögens. Grob gesagt: Mehr Aktien, weniger Festgeld.