Von AUTOHAUS-Chefredakteur Ralph M. Meunzel
Die Möglichkeiten der Digitalisierung werden im Autogeschäft von den etablierten Playern noch lange nicht ausgenutzt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Im Service hatte dies bisher noch keine großen Konsequenzen, weil die Beziehung der Kunden zu ihrer Vertragswerkstatt aufgrund der Komplexität des Automobils und der Gewährleistung gerade bei neuwertigen Fahrzeugen evident ist.
Im Vertrieb von Neu- und Gebrauchtwagen gibt es dagegen bereits eine Reihe von Disruptoren, die mit intelligenten Konzepten den Platzhirschen Paroli bieten. Im Kundendienstgeschäft geht es jetzt darum, die Kundenloyalität durch die Vernetzung und intelligenten Datennutzung zu erhöhen und die aufwendigen Prozesse von der Annahme, über Reparatur und Wartung bis hin zu Rechnungstellung und Übergabe zu vereinfachen, um Kapazitäten für mehr produktive Leistungen zu schaffen.
Mit dem Projekt "Digital After Sales" (D!AS) hat der Volkswagen-Konzern seine Digitalisierungsoffensive gestartet, um letztlich eine vollständig digitalisierte After Sales-Welt zu kreieren. Beim Pressegespräch am Montag im Original Teile Center (OTC) in Baunatal stellten Christian Dahlheim, Leiter Volkswagen Konzern Vertrieb, und Imelda Labbé, Leiterin Volkswagen Konzern After Sales, den Service der Zukunft vor (AUTOHAUS berichtete).
Voraussetzung für eine qualifizierte Kundenansprache ist zunächst die Verknüpfung von Kunden-, Auto- und Werkstattdaten, stellte die oberste Servicechefin des Konzerns klar. Derzeit gebe es abhängig von den jeweiligen Märkten analoge und digitale Abläufe. Manche Kundenanforderungen können auch noch nicht ausreichend digital abgedeckt werden, so Labbé. "Der analoge Serviceprozess erhält Systembrüche und generiert unproduktive Zeiten im Handel und für den Kunden", sagte die After Sales-Expertin.
VW-Original-Teile-Center (OTC ) in Baunatal
BildergalerieDer neue digitale Serviceprozess stellt also die sogenannten "Servicekernprozesse", auf die Volkswagen immer sehr stolz war, vollständig auf den Kopf bzw. werden diese Abläufe künftig im Netz abgebildet. Die einzelnen Bestandteile sind unter anderem Online-Terminvereinbarung, die Erstellung eines digitalen Angebots, der Einsatz einer von VW entwickelten Service-Cam, um bei Bedarf weitere Reparatur- oder Wartungsumfänge mit dem Kunden abzustimmen, die digitale Rechnungstellung und Bezahlung sowie die Bewertung der Leistung des Autohauses nach dem Fünf-Sterne-Prinzip.
"Der administrative Aufwand bei einem durchschnittlichen Werkstattauftrag dauert rund 80 Minuten und benötigt den Einsatz von bis zu 15 Systemen. Mit D!AS werden es nur noch 15 Minuten sein, also eine dramatische Reduzierung um 80 Prozent", erklärte Labbé. Der Konzern würde diese digitalen Service federführend entwickeln und die Synergien zwischen den Marken ausnutzen. Entscheidend dafür seien klar definierte Schnittstellen, die nach Abstimmung mit den Marken konzernseitig vorgegeben werden, so die Managerin. Dabei entstünden dann auch Serviceerlebnisse, die der Kunde noch nicht erlebt habe.
Vorausschauende Wartung mittels künstlicher Intelligenz
So kündigte die Managerin für nach 2020 den sogenannten "Predictive Maintanance" an, also die vorausschauende Wartung des Autos. Heute werden Wartungsarbeiten in der Regel durch eine aufleuchtende Warnlampe und/oder einen Servicehinweis angezeigt und der Servicebedarf ist dann bereits eingetreten. "Unser Ziel ist es, mit Hilfe von neuronalen Netzen und künstlicher Intelligenz generierter vorausschauender Modelle zuverlässig vorherzusagen, wann bestimmte Bauteile mit hoher Wahrscheinlichkeit ausfallen, und den Kunden dann rechtzeitig vorher zu informieren, damit das Bauteil ausgetauscht werden kann, als ein Meilenstein für unsere Kunden auf dem Weg zum sorgenfreien After Sales-Erlebnis", erklärte Labbé abschließend.
KW1904